Neues Album „Love, Damini“ von Burna Boy: Nach dem kometenhaften Aufstieg
Auf Burna Boys neuem Album wirken viele Weltstars mit. Doch die nigerianische Pop-Ikone schafft es nicht, sich musikalisch weiterzuentwickeln.
Der Riese aus Nigeria meldet sich mit einem neuen Album zurück. Nach „Twice as Tall“ (2020) und „African Giant“ aus dem Vorjahr kehrt Burna Boy nun mit „Love, Damini“ zurück, neuen Songs, bei denen eine ganze Armada von Weltstars des zeitgenössischen Pop mitwirken. Darunter sind J. Balvin, Ed Sheeran und Popcaan sowie die südafrikanische Band Ladysmith Black Mambazo. Was alle eint, ist, dass sie viel gestreamt werden und sich Burna Boy dadurch erhofft, neue Märkte zu erschließen.
Der britische Weichspüler Ed Sheeran hat 316,6 Millionen Tonträger verkauft, der Kolumbianer J. Balvin ist der erste US-Latino-Künstler, der eine Milliarde Streams auf Apple Music erreicht und so ließe sich das fortsetzen.
Nun, Burna Boy gehört mittlerweile selbst zum Kreis der Topseller im Musikgeschäft, das hat er ohne die Starpower geschafft, die auf seinem neuesten Album vertreten ist.
Mischung aus westafrikanischen Sounds und R&B
Tatsächlich hat der Nigerianer sein Debüt bereits vor zehn Jahren veröffentlicht. „L.I.F.E“ (2012) und „On a Spaceship“ (2015) wurden nicht von Majorlabels vertrieben. „L.I.F.E“ verkaufte sich damals gerade 40.000 Mal und featurte unter anderem seine Landsleute Timaya und WizKid, die damals noch nicht die großen Nummern waren, die sie heute sind. Das Album landete immerhin auf Platz 7 der US-Reggaecharts.
Diese Kategorisierung hing möglicherweise damit zusammen, dass man mit dem aufstrebenden Afrobeats Sound außerhalb Afrikas noch nicht viel anzufangen wusste und Reggae neben „Global Pop“ die einzige Kategorie war, in der sich Burna Boy irgendwie vermarkten ließ.
Sein kometenhafter Aufstieg zog erst vor vier Jahren an, als er damit begann, die Mischung aus westafrikanischen Sounds, Dancehall, HipHop und R&B zu perfektionieren. Sein Megahit „Ye“ funktionierte durch einen simplen, aber atemberaubenden Trick: Er kombinierte eine Kick-Drum, Pianosynthesizer und ein paar Schnarrtrommeln. Dazu der Text, aus nigerianischen, karibischen und US-Slangwörtern bestehend.
Burna Boy: „Love, Damini“ (Warner Music)
Dass der Song denselben Titel hatte wie das Kanye-West-Album „Ye“ sei reiner Zufall gewesen, behauptet Burna Boy bis heute. Dieser Fauxpas bescherte dem Song astronomische Streamingzahlen, da Fans, die nach dem Kanye-West-Album suchten, auf Burna Boy stießen.
Echter Herzschmerz
„Love, Damini“ hat von allen bisherigen Alben die persönlichste Note. Das verrät schon der Titel. „Love, Damini“ ist nämlich die Signatur, die Burna Boy, der mit bürgerlichem Namen Damini Ebunoluwa Ogulu heißt, unter Briefe und E-Mails setzt.
Im Vorfeld hat Burna Boy ein Video für „Last Last“ veröffentlicht, dass ein Sample der R&B- Ikone Toni Braxton ist. Ein echter Herzschmerz-Song. Er reflektiert über eine vergangene Geliebte: „She manipulate my love oh“. Unterstützt durch Chor-Gesang im Refrain ist das einer der wenigen Songs auf dem Album, der auch Gefühle beim Zuhören auslöst.
Das gelingt Burna Boy auf „Love, Damini“ jedoch nicht oft. Bei „Cloak &Dagger“, zusammen mit dem britischen Rapper J Hus lässt sich der Versuch erkennen, etwas Neues ausprobieren zu wollen. Die subtilen Einflüsse von Grime sind erheiternd und J Hus ist die passende Ergänzung zu dem Song, durch seine poetische Diktion.
Aber der Wachstumsschub des „afrikanischen Giganten“ hat wohl sein Ende gefunden, zumindest auf dem aktuellen Werk. An vielen Stellen wirkt die Musik zu deutlich vom Mainstream-Pop-Sound beeinflusst. Die Songs mit J Balvin oder Ed Sheeran wirken übertrieben gefühlvoll.
„Love, Damini“ enthält wenig von dem, wofür man sich frühere Burna Boy Alben angehört hat und lässt keine musikalische Weiterentwicklung erkennen. Das Lied „Kilometre“ ist eine kitschige Interpretation des Afrobeats-Sound der frühen 2000er Jahre.
Die Ambitionen schienen groß, das zeigt die geballte Star-Power. Mit mehr Mut und Kreativität hätte es das beste Burna Boy-Album bis dato werden können. Ist es aber nicht. „Love, Damini“ klingt angenehm, bleibt aber trotzdem hinter seinen Erwartungen zurück. Damit fällt Burna Boy wieder ein Stück weiter ab von seinen musikalischen Vorvätern Fela Kuti und Magic System und schließt nun auf zu den Katy Perrys und Justin Biebers im Musikgeschäft. Dank der Promo-Maschinerie wird es wohl Burna Boys am meisten gestreamtes Album werden, aber genau deshalb auch das musikalisch einfallsloseste Werk.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen