Europäische Gaspolitik: Bitte mitfrieren, danke!
Gas sparen für Deutschland? Nicht alle EU-Länder sind dabei.
Ungarns Außenminister Péter Szijjártó verkündete seine Mission auf seinem Facebook-Profil: „Wir sind in Moskau angekommen“, schrieb er dort am Donnerstag zu einem Foto, das ihn selbst und seine Begleiter:innen auf dem Flughafen zeigt. „Wir haben zwei Aufgaben: zu erreichen, dass das ungarische Volk über Erdgas verfügt, und zu zeigen, dass wir so schnell wie möglich Frieden wollen.“
Ein Spagat, den der Rest der EU während Russlands Krieg gegen die Ukraine kaum für machbar hält: Die arbeitet ja eigentlich daran, russische Energieimporte zu reduzieren. Und nun will Ungarn also plötzlich noch mehr Gas von Russland kaufen, nämlich 700 Millionen zusätzliche Kubikmeter. Szijjártós russischer Amtskollege Sergei Lawrow sagte, die Anfrage werde „umgehend geprüft“.
Die EU-Kommission unter Leitung von Ursula von der Leyen (CDU) hat indes ganz anderes im Sinn: Sie will, dass jedes EU-Land Gas sparen muss, und zwar 15 Prozent bis zum kommenden März. Das käme besonders Ländern wie Deutschland zugute, die Probleme haben, russisches Gas vollständig zu ersetzen. Einfach beschließen kann die Kommission so etwas allerdings nicht, sie ist nur dafür zuständig, europäische Gesetze auf den Weg zu bringen. Der EU-Ministerrat muss zustimmen, also die Vertretung der einzelnen Regierungen.
Die sind aber teilweise gar nicht glücklich über den Vorstoß. Gerade die westeuropäischen Länder beklagen sich: Sie sind es schließlich nicht, die so viel Gas aus Russland kaufen. Spaniens Energieministerin Teresa Ribera etwa sprach sich rigoros gegen die Einsparverpflichtung aus.
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Ihr portugiesischer Amtskollege João Galamba pflichtete ihr bei. Durch die extreme Dürre, die im Land herrsche, sei das Gassparen zudem gerade besonders schwer. Die in Portugal wichtige Wasserkraft sei zu wenig nutzbar, so der Minister. Deshalb müsse man eben auf Gaskraftwerke ausweichen. Die noch klimaschädlicheren Kohlekraftwerke nutzt das Land schon nicht mehr. Atomkraftwerke gab es nie.
Auch Griechenland und Polen haben sich gegen den Vorschlag ausgesprochen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hingegen fordert „europäische Solidarität“ ein. „Auch Länder, die nicht direkt von einer Gasreduktion durch Russland betroffen sind, sollten anderen Ländern helfen“, sagte er. In die andere Richtung sei das auch schon passiert, dass „Länder finanziell helfen“, ohne eigene Notlage. „Und ich finde, so muss man das machen: Europa als einen Kontinent, als eine politische Einheit denken.“
Leser*innenkommentare
Der werktätige Rentner
Wenn Deutschland sich gleichzeitig aus Kohle und Atom verabschiedet und weiterhin in hohem Maße Gas verstromt, dabei aber Solidarität erwartet, dergestalt das andere europäische Bürger frieren sollen für unseren ideologischen Atomverzicht, dann kann ich durchaus nachvollziehen, dass das nicht überall im Ausland ungeteilten Beifall findet.
05867 (Profil gelöscht)
Gast
Wir können uns als Deutsche ja leider nicht direkt gegen die katastrophale Politik von Hrn Habeck und Fr vd Leyen wehren.
Andere Länder können das sehr wohl, und sie haben dafrü auch meine vollste Unterstützung.
adagiobarber
jeder will ...
jeder wird sparen.
jeder im rahmen seiner möglichkeiten.
doch niemand weiß, was letztlich auf ihn zukommt.
zmx52
Habeck steht mit seinem Solidaritätsappell auf verlorenem Posten. Die EU ist viel zu heterogen und strukturell viel zu fragil, als dass alle an einem Strang ziehen könnten. Dazu kommen krasse Fehlbesetzungen wie z.B. v.d.L. als Kommissionspräsidentin; sie kann gar nicht integrieren, weil sie allein das liberale West-Europa wie auch die wirtschaftlich starken Staaten repräsentiert, die vor nicht allzu langer Zeit Südeuropa übel drangsaliert und gedemütigt haben. Wenn ein Land wie Griechenland όχι zu den Gassparplänen sagt, dann kann ich das sehr gut verstehen. "Isch over!"...
DiMa
Die EU ist im Bereich der Energielieferverträge nicht zuständig. Das ist alleine die Angelegenheit der jeweiligen Mitglieder.
Die Empfehlungen der EU Kommission sind im besten Fall "nicht schädlich".