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Schaufenster für die Kunst

In die Stadt wirken und damit die Studierenden fördern: Das sind die Ziele, denen der frisch eröffnete Ausstellungsraum „sp_ce“ der Muthesius-Kunsthochschule in Kiel dient

Sehen und gesehen werden sind Kernkompetenzen des Kunstbetriebs: Im sp_ce in Kiel werden sie vom Nachwuchs eingeübt Foto: Lea Kötting / Muthesius Hochschule

Von Esther Geißlinger

Schwarze Decke, weiße Wände, ein betongrauer Boden. Vier Säulen, große Scheiben und jede Menge Licht, das aus Leuchtschienen und Punktstrahlern dringt: Ein ehemaliges Ladenlokal in der Kieler Innenstadt bietet Studierenden der Muthesius-Kunsthochschule seit Mittwoch einen Raum, um ihre Werke der Öffentlichkeit zu zeigen. Die Hochschule will damit „ein Schaufenster in die Stadt öffnen“. Ein eigener Kurator sorgt für ein professionelles Umfeld. „sp_ce“ heißt das Projekt.

Die Leerstelle im Namen passt zu der Idee, den Raum zunächst ohne Ausstellungsstücke zu eröffnen. „Natürlich wäre es leicht gewesen, Bilder an die Wände zu hängen, aber ich habe dafür gekämpft, dass wir zum Auftakt leer präsentieren“, sagt Sven Christian Schuch.

„Ich habe dafür gekämpft, dass wir zum Auftakt leer präsentieren“

Sven Christian Schuch, Kurator

Er hat in den vergangenen Jahren als freier Kurator an zahlreichen Ausstellungen und Projekten mitgearbeitet, darunter eine Assistenz bei der documenta 2012 bis zum Schinkel-Pavillon Berlin. In Kiel soll Schuch „mit einem experimentellen programmatischen Ansatz diesen neuen Raum für Ausstellungspraxis ausformulieren“, sagt Muthesius-Präsident Arne Zerbst. Tatsächlich gehen Schuch und seine kuratorische Assistentin Shi Shi, Absolventin der Kunsthochschule und Mit-Gründerin der Kieler Gallery Cubeplus, mit vielen Fragen statt Antworten an die Arbeit heran: „An wen adressieren wir eine Ausstellung über Kommunikations- oder Industriedesign? Ist das überhaupt eine Ausstellung oder nicht eher eine Präsentation?“, so Schuch.

Denn der Ausstellungsraum soll nicht nur für die Studierenden im Fachbereich Freie Kunst offenstehen, sondern auch für Szenografie, Interior-Design, Industrie- und Kommunikationsdesign. Um einen Ausstellungsplatz im sp_ce zu erhalten, müssen die Studierenden sich bei Schuch und seinem Team bewerben. Teilweise wird es Aufrufe zu bestimmten Themen geben, oder Pro­fes­so­r*in­nen stellen Aufgaben, aus denen sich Ausstellungen entwickeln.

Die Muthesius-Kunsthochschule wurde 1907 als Teil der Kieler Gewerbeschule mit kunstgewerblicher Ausrichtung gegründet. Nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 wurde sie in „Muthesius-Werkschule für Handwerk und angewandte Kunst“ umbenannt, in den 70er-Jahren der Fachhochschule Kiel angegliedert und 1994 erneut als Fachhochschule für Kunst und Gestaltung eine selbstständige Einrichtung. Nach einer weiteren Umstrukturierung und Neugründung im Jahr 2005 ist sie heute Schleswig-Holsteins einzige Kunsthochschule. Rund 600 Studierende befassen sich hier mit Kunst, Design und Medienformen. Sie sollen durch den neuen Ausstellungsraum auch lernen, ihre Arbeiten richtig zu präsentieren, auf potenzielle Kun­d*in­nen oder Auf­trag­ge­be­r*in­nen zuzugehen oder ein Medienstatement zu verfassen.

Die Weißheit der Wände fordert heraus Foto: Lea Kötting / MHK

In erster Linie richte sich das Angebot an ein Kieler Publikum, sagt Schuch. Allerdings liegt der Ausstellungsraum an einer Straße, die parallel zur Kieler Förde verläuft und oft von Tou­ris­t*in­nen auf dem Weg zum Fährhafen benutzt wird. „Natürlich würden wir uns freuen, wenn die auch bei uns reinschauen“, sagt Schuch.

Der Raum soll mittwochs bis samstags von 14 bis 18 Uhr geöffnet sein. Zusätzlich sind Veranstaltungen angedacht. Neben der jeweiligen Ausstellung soll ein Arbeitsbereich mit Tisch und Bücherkartons entstehen. Be­su­che­r*in­nen können in einer Sitzecke mit Sesseln Platz nehmen und mit den Studierenden ins Gespräch kommen. Die Taktung ist hoch: Die erste Schau, „Muthesius Publishing Ink“ hatte schon vergangenen Samstag wieder Finissage und nur bis 23. Juli läuft „Happy to present you …“ mit wechselnden Beteiligten, die offiziell als Auftaktausstellung beworben wird.

„Happy to present you …“ sp_ce, Andreas-Gayk-Straße 7–11, Kiel, Mi bis Sa., 14–18 Uhr. Bis 23. 7.

Am Mittwoch, 20. 7., findet parallel in der Muthesius-Hochschule, Legienstraße 35, die Jahresausstellung der Abschlussklassen statt.

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