Neuwahlen in Israel: Lust auf mehr

Ein Jahr immerhin regierte in Israel eine Koalition unter Beteiligung einer arabischen Partei. Dem Experiment stünde eine zweite Chance zu.

Benjamin Netanjahu

Win-win für Ex-Regierungschef Benjamin Netanjahu Foto: Abir Sultan/ Pool EPA/AP

Schon wieder stehen in Israel Neuwahlen an. Zum fünften Mal innerhalb von nur dreieinhalb Jahren gerät das Land über Wahlen und Kampagnen in die politische Zeitlupe. Ministerien können nur noch kurzfristig planen. Für die ChefInnen geht es wieder weniger um Inhalte und darum, Veränderungen voranzutreiben, sondern um den eigenen Posten.

Wirklich tragisch aber ist, dass die erste israelische Regierungskoalition, an der jemals eine arabische Partei beteiligt war, nach nur einem Jahr dem Druck ihrer GegnerInnen nachgeben musste. Die Opposition unter Ex-Regierungschef Benjamin Netanjahu erkannte den schwachen Punkt und griff – wider die eigene Überzeugung – an.

Grund für das Aus ist eine gesetzliche Regelung, die israelische SiedlerInnen im Westjordanland rechtlich israelischen StaatsbürgerInnen gleichsetzt. Es ist das A und O der Siedlungspolitik. Trotzdem stimmten Netanjahu und seine Freunde gegen die praktisch automatische Verlängerung. Sie kalkulierten. Die Rechnung ging auf.

Mit den Neuwahlen läuft die Regelung vorerst weiter. Und die Regierung stürzt. Win-win also für Netanjahu, um den sich die vier letzten Wahlen drehten wie auch die kommenden drehen werden. Nichts anderes als die Parole „Nur nicht Netanjahu“ bildete das Fundament der so heterogenen Regierungskoalition.

Ein Jahr ohne den Mann an der Spitze, der sich wegen Bestechung, wegen Betrug und Untreue vor Gericht verantworten muss; ein Jahr ohne den Mann an der Spitze, der gegen Andersdenkende, gegen die arabische Minderheit, gegen Medien und die Polizei hetzte, stattdessen ein Jahr der – wenn auch nicht immer einfachen – Kooperation von PolitikerInnen unterschiedlichster Parteien.

All das mag dem ein oder der anderen im Heiligen Land durchaus Lust auf mehr gemacht haben. Von der Lust, Netanjahu eines Tages doch noch auf dem Weg ins Gefängnis zu beobachten, ganz abgesehen. Die Koalition unter Ministerpräsident Naftali Bennett hat den Frieden mit den Palästinensern zwar keinen Schritt weiter gebracht – leider. Doch dass Bennett die arabische Minderheit mit ins Boot, mit ans Ruder geholt hat, ist ihm hoch anzurechnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.