Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Dass Urteil macht die Abtreibung nicht illegal. Es hebt jedoch den Grundsatz von Roe v. Wade auf, wonach Abtreibung nicht für illegal erklärt werden kann, und macht damit die ganze Angelegenheit wieder zu einem Kampf zwischen den einzelnen Bundesstaaten. In diesem Punkt herrscht große Verwirrung, ebenso wie in Bezug auf die Rückkehr in die Zeit vor Roe versus Wade, denn viele Menschen wissen nicht, dass damals die Abtreibungsbeschränkungen im Allgemeinen gelockert wurden. Sie sind immer noch liberaler als in Deutschland.
de.wikipedia.org/w...ealth_Organization
Die vereinigten Staaten von Amerika sind Geschichte. Die gespaltenen Staaten von Amerika sind die Realität. Nur eine Frage der Zeit, das dort der offene Bürgerkrieg ausbricht. Auf die USA kann sich der Rest der Welt nicht mehr verlassen, weil die genug mit sich selbst zu tun haben werden.
Dass strafrechtliche Regelungen ungeborenes Leben nicht wirksam schützen, haben die Lebensschützer in den USA leider nicht verstanden. Was hilft, ist soziale und familiäre Fürsorge für die betroffenen Frauen. Da sind die USA leider ein Entwicklungsland. Was noch viel mehr hilft, ist dafür zu sorgen, dass Frauen und Mädchen erst gar nicht ungewollt schwanger werden. Es ist ja nicht so, dass Schwangerschaft einfach so "passiert". Verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität kann man lernen, wenn Eltern, Schule und Gesellschaft die Rahmenbedingungen dazu schaffen. Auch gibt es wirksame Verhütungsmittel - übrigens nicht nur für Frauen, sondern auch für ihre Zeugungspartner, denen das Thema Verantwortung vielleicht sogar noch viel dringlicher vermittelt werden sollte als den jungen Frauen.
Kompromisslose Linien werden in den USA allerdings von beiden Seiten vertreten. Auch der noch nicht geborene Mensch hat ab einem gewissen Entwicklungsstadium ein eigenständiges Lebensrecht und seine Menschenwürde. Ab welchem Entwicklungsstadium das genau der Fall ist, sollte mindestens diskutiert werden. Den Fötus bis zur Geburt nur als seelenlosen Zellhaufen wahrzunehmen wird der Wirklichkeit nicht gerecht.
Das Gedenken zum 7. Oktober an Hamburger Schulen sorgte für Kontroversen. Eine Lehrerin schildert ihre Erfahrung dazu.
Folgen des US-Abtreibungs-Urteils: Ideologisierte Frauenkörper
Die Frage des Schwangerschaftsabbruchs ist zum Kern einer extremen Ideologie geworden. Sie soll konservativ-religiöse Wähler:innen mobilisieren.
Richter:innen in die Hölle: Eine wütende Demonstrantin vor dem Supreme Court Foto: Gemunu Amarasinghe/ap
Das höchste Gericht der USA hat Frauen das fundamentale Recht genommen, selbst über ihren Körper, ihr Leben und ihre Gesundheit zu entscheiden. Die konservative Mehrheit des Supreme Court – Donald Trump hat in seiner Amtszeit drei Richter:innen ernannt und diese Mehrheit wohl für Jahrzehnte zementiert – hat durchgesetzt, was vor wenigen Jahren noch unvorstellbar war: Der Schwangerschaftsabbruch wird in großen Teilen der USA illegal sein.
Direkt nach Verkündung des Urteils traten in einigen Staaten Gesetze in Kraft, die Abbrüche unter Strafe stellen – in Alabama sogar bei Vergewaltigung und Inzest. In Arkansas stehen auf das Vornehmen von Schwangerschaftsabbrüchen bis zu zehn Jahre Haft. Nicht abzusehen, was für Gesetze noch folgen werden.
Bei alldem geht es nicht darum, Leben zu retten, wie die sogenannte Pro-Life-Bewegung es seit Jahrzehnten propagiert. Dass die Kriminalisierung von Abbrüchen zu weniger Abbrüchen führe, ist eine lang widerlegte Behauptung. Die Kriminalisierung führt nur zu mehr illegalen Abbrüchen. Sie rettet kein Leben, sondern kostet Leben und Gesundheit von Schwangeren. Abtreibungsverbote treffen Frauen, die es sich nicht leisten können, Hunderte Kilometer zu reisen, besonders hart.
Ideologien scheren sich wenig um Einzelne. Auch nicht um wissenschaftliche Fakten, siehe Klimawandel oder Coronamaskendebatte. Die Frage des Schwangerschaftsabbruchs ist in den USA – und in vielen anderen Ländern, nicht zuletzt in Deutschland – zum Kern einer extremen, ja extremistischen Ideologie geworden. In den Vereinigten Staaten war es eine bewusste politische Entscheidung.
Bis in die 1980er Jahre war die republikanische Partei dem Thema Abtreibung gegenüber nicht besonders negativ eingestellt. Unter Ronald Reagan wurde aber das Potenzial dieser Frage entdeckt. Mit ihr ließen sich besonders konservative und religiös eingestellte Wähler:innenschichten politisieren.
Demokratische Grundpfeiler – Geschlechtergleichheit, Nichtdiskriminierung, Recht auf körperliche Unversehrtheit – wurden in den USA von einem Tag auf den anderen gekippt. So schnell kann es gehen. Umso mehr Grund, sich auch hier ideologischen Kräften entgegenzustellen.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Schwerpunkt Abtreibung
Kommentar von
Gilda Sahebi
Autorin
Ausgebildet als Ärztin und Politikwissenschaftlerin, dann den Weg in den Journalismus gefunden. Beschäftigt sich mit Rassismus, Antisemitismus, Medizin und Wissenschaft, Naher Osten.
Themen