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Hannovers InnenstadtentwicklungNo-Shopping-Queen mit Lastenrad

Als inbrünstige Shopping-Hasserin freut sich die Kolumnistin auf das Ende der Fußgängerzone, wie wir sie kennen. Doch was kommt dann?

Noch sind es die Autos, die Hannovers Innenstadt füllen: die Schmiedestraße im Juni 2021 Foto: Moritz Frankenberg/dpa

N eulich war ich mal wieder bei einer Debatte zur Innenstadtentwicklung. Die Kollegen von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung haben die veranstaltet, am Kröpcke, kurz nachdem Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) erste Entwürfe für die Neugestaltung vorgestellt hatte.

Die Skizzen boten tatsächlich einen hübschen Aha-Effekt. Da parken einfach keine Autos mehr am Bordstein und zack, sieht die Stadt ganz anders aus. Dazu noch ein paar Bäume, ein paar Bänke, ein bisschen Wasser und schon tauchen sie auf, die spielenden Kinder, die entspannt tratschenden Menschen, die gemütlichen Flaneure und Lastenradfahrer, ein einziges Idyll.

Während ich fröstelnd bei der Open-Air-Veranstaltung saß, fragte ich mich allerdings kurz, wie viel Klimawandel diese Entwürfe eigentlich schon voraussetzen – da war immer alles so hübsch grün und sonnig und niemand trug eine Funktionsjacke.

Die Vertreter des Handels waren aus anderen Gründen nicht so wahnsinnig begeistert: „So ganz ohne Auto wird es nicht gehen“, mahnten sie routiniert, aber irgendwie klangen sie auch schon, als wären sie im Rückzugsgefecht. Immerhin sollen die Parkhäuser ja ansteuerbar bleiben. Damit man es mit dem Auto an den Rand der Fußgängerzone schafft.

Ein Hoch auf den Online-Handel

Möglicherweise bin ich da ungnädig und voreingenommen. Ich bin ja dankbar für die Erfindung des Onlinehandels. Vor kurzem musste ich aus purer Zeitnot mal wieder in Präsenz shoppen. Ich hatte zu lange ignoriert, dass die Anzahl der Kleidungsstücke, aus denen ich unvorteilhaft herausquelle, in meinem Kleiderschrank massiv angestiegen war. Also quälte ich mich durch diverse Geschäfte in der Kleinen und der Großen Packhofstraße.

Ich hasse alles daran. Das Geschubse und Gedrängel, den Geruch und die schale Luft in den Geschäften, das beschissene Licht und die noch beschissenere Musik, das konfus machende Überangebot, dessen Sortierung sich mir nicht erschließt, das Anstehen vor den Umkleidekabinen (deren Spiegel und Beleuchtungskonzepte übrigens von menschenverachtenden Dreckschweinen designt werden).

Am Ende kaufte ich Zeug, damit die Quälerei nicht umsonst war. Es will mir nicht in den Kopf, dass es Leute gibt, die so etwas zum Vergnügen in ihrer Freizeit tun. Aber natürlich gibt es davon immer noch einige und sie kommen extra aus Burgdorf, Lehrte, Dendensen, Gümmer und Barsinghausen in die große Stadt, deren echte Bewohner lieber in ihren eigenen Vierteln bleiben und die „City“ meiden.

Die Frage ist also berechtigt, wer eigentlich künftig diese ganzen Flaniermeilen und baumbeschirmten Bänke füllen soll und warum. Man müsste eben auch viel mehr Wohnen und Arbeiten und Kultur zurück in die Stadt kriegen, sagt der OB und alle auf dem Podium nicken. Weiß halt nur keiner wie. Vielleicht ist das der Grund, warum man sich seit Jahrzehnten lieber in die schlichtere Frage verbeißt, ob die Stadt nun autofreundlich oder autofrei sein soll.

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Nadine Conti
Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020
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1 Kommentar

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  • Der Artikel spricht mir aus der Seele. Ich kann auch nicht verstehen warum die Stadtplaner augenscheinlich der Meinung sind dass der Vollzug eines Kaufvertrags eines Konsumguts am Besten aus den drei Komponenten besteht: Konsument aus dem Umland, Ladentheke in der Innenstadt und Artikel aus dem Billiglohnland. Mal schauen ob sich der Umlandkonsument denn noch in die Stadt bequemt wenn er seine Primarktaschen vor der Heimkunft weiter als 15 Minuten tragen muss. Es wird Zeit dass die Innenstädte einfach wieder Wohn- und Lebensraum werden.