piwik no script img

Präsidentenwahl in SomaliaEin Alter als Neuer

Hassan Sheikh Mohamud, bereits vor 2017 Präsident von Somalia, rückt erneut an die Staatsspitze. Die indirekte Wahl fand mit Verspätung statt.

Amtseinführung in der Nacht: Hassan Sheikh Mohamud, Somalias neuer Präsident Foto: Farah Abdi Warsameh AP

Kampala taz | Somalia hat einen neuen Präsidenten. Die Wahl des neuen Staatsoberhaupts durch das Parlament war mehrfach aufgeschoben worden, vor allem wegen der ständigen Unsicherheit in dem Bürgerkriegsland. Am Sonntag fand sie nun endlich statt. Von ursprünglich 39 Kandidaten gewann Somalias Ex-Präsident Hassan Sheikh Mohamud am späten Abend nach zwei Runden das Rennen. Er hatte das Land bereits von 2012 bis 2017 regiert, war dann bei den vergangenen Wahlen von Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed abgelöst worden, der in Anlehnung an seine Leidenschaft für italienischen Käse als „Farmaajo“ bekannt war.

Der frisch gewählte Expräsident wurde direkt nach der Wahl eingeschworen. „Wir müssen vorwärts gehen und niemals zurück, wir müssen alle Missstände heilen“, sagte er. Der bislang präsidierende Farmaajo erklärte: „Ich heiße hier meinen Bruder, den neuen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud, willkommen und wünsche ihm viel Glück bei der gewaltigen Aufgabe: Wir werden mit ihm solidarisch sein.“

Es war ein halbtägiger Wahlmarathon in einem festlich eingerichteten Zelt im Hochsicherheitsareal Halane Camp rund um den Flughafen von Mogadischu. Das Areal, eine Art Grüne Zone in der unsicheren somalischen Hauptstadt, wird von Truppen der Stabilisierungsmission der Afrikanischen Union (AMISOM) geschützt, die neuerdings AU-Übergangsmission für Somalia (ATMIS) heißt. Dennoch waren von draußen Explosionen zu hören. Die islamistische Miliz Al-Shabaab, die weite Teile Somalias kontrolliert oder zumindest unsicher macht, feuerte Mörsergranaten. Die Polizei meldete, es sei niemand verletzt worden.

Somalias Präsident wird in dem Bürgerkriegsland seit 1969 nicht mehr vom Volk gewählt, sondern von den Abgeordneten des Parlaments. Diese werden wiederum von Wahlmännern gewählt, die von den verschiedenen Clans ernannt werden. Dieses Prozedere ist umstritten, weil es den mächtigen Clans viel Einfluss verleiht – andererseits bindet es sie alle in den Wahlprozess ein. Aufgrund der Unsicherheit fanden die indirekten Wahlen bislang nur dreimal in Somalia selbst statt. Zuvor wurden sie in den Nachbarländern Kenia und Djibouti durchgeführt.

Es kam am Sonntag zu zwei Wahlrunden. Ursprünglich hatten sich 39 Kandidaten registriert, davon traten am Sonntag jedoch nur 36 an. In der ersten Wahlrunden schieden 32 Kandidaten aus – darunter die einzige Frau. Vier schafften es in die zweite Runde. Mit 214 von 328 Stimmen gewann Mohamud schließlich das Rennen, weit überlegen. Farmajo bekam nur 110.

Trotz Ausgangssperre strömten nach Bekanntwerden der Entscheidung Einwohner der Hauptstadt Mogadishu auf die Straßen, um zu feiern, Salutschüsse wurden abgefeuert. Viele hoffen, die Rückkehr des alten Präsidenten beendet nun die derzeitige politische Krise, die sich seit Ablauf der offiziellen Amtszeit von Farmaajo im Februar 2021 abzeichnete. Wegen interner Konflikte und Unsicherheit war die Wahl mehrfach verschoben worden.

Eine Wiederwahl war quasi zu erwarten, so Samira Gaid, Direktorin des Hiraal-Instituts, einem Thinktank in Mogadishu. „Die Leute werden sich nicht für ein neues Gesicht entscheiden“, erklärte die ehemalige Beraterin von Somalias Premierminister gegenüber AFP. „Sie werden sich definitiv für alte Gesichter entscheiden, Menschen, die sie wiedererkennen, Menschen, mit denen sie sich wohler fühlen.“

Der alte und neue Präsident steht sich nun neuen und alten Krisen gegenüber. Neben der anhaltenden Bürgerkriegssituation und dem andauernden Kampf gegen die islamistische Al-Shabaab-Miliz droht derzeit am Horn von Afrika eine extreme Dürre mit katastrophalen Folgen. Laut UN-Angaben leiden 3,5 Millionen Somalis an Hunger. Zum ausbleibendem Regen kommt derzeit die vom Ukrainekrieg erzeugte Knappheit an Weizen und anderen Lebensmitteln sowie hohe Treibstoffpreise.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!