Landgang-Initiator über Abspaltung: „Wir wünschen uns Intimität“
Der Landgang „Werk & Kunst“ hat sich als neues Format von der Kulturellen Landpartie im Wendland abgespalten. Initiator Wolf Kobernuß über die Gründe.
taz: Herr Kobernuß, gab es eine Initialzündung, die zur Trennung von der Kulturellen Landpartie (KLP) und zur Gründung des Landgangs führte?
Wolf Kobernuß: Ein Schlüsselereignis gab es nicht, irgendwann war klar, die Zeit ist reif für etwas Neues. Die InitiatorInnen des Landgangs, mit mir elf Kulturschaffende, waren alle sehr engagiert bei der KLP, wirkten in den diversen AGs mit, ich zum Beispiel war Gründungsmitglied der Ökologie-AG. Mir persönlich ist wichtig, dass wir genau über die Auswirkungen auf Fauna und Flora nachdenken, denn alles, was wir tun, hat eine unmittelbare Wirkung. Es ist relevant, wo Skulpturen aufgestellt werden, welche Brache abgemäht wird. Vor allem in puncto Wachstum der KLP und damit einhergehende BesucherInnenzahlen hatten wir andere Vorstellungen.
Sie haben sich konzeptionell nicht durchsetzen können?
Wir haben einen Wachstums-Stopp gefordert, die Abstimmung ging knapp verloren. Uns war klar, so wollen wir nicht weitermachen! 2019 waren wir noch dabei, 2020 habe ich die Ökologie-AG beerdigt und wir gründeten den Landgang. 2021 fand er zum ersten Mal statt. Die Kleinheit, die Zurückhaltung, die Qualität gehören zum Konzept. Wir wollen, wenn, dann langsam wachsen und mehr als 35 Ausstellungsorte, heute sind es 11, sollen es auch in Zukunft nicht werden.
Welche Kriterien müssen die AusstellerInnen erfüllen?
57, ist Tischler und arbeitet seit den 80er-Jahren als freier Künstler mit dem Werkstoff Holz.
Wir legen Wert darauf, dass die Arbeiten und Projekte immer an den Arbeits- und Lebensorten der Ausstellenden präsentiert werden. So erleben Besucher:innen im Gespräch mit den Kreativen das Umfeld und die Geschichte, in der die ausgestellten Arbeiten entstanden sind. Handelsware ist ein Ausschlusskriterium. Bei den präsentierten Exponaten handelt es sich um selbst entworfene Objekte aus eigener Fertigung, die gestalterischen und handwerklichen Standards entsprechen. Die Grundhaltung der AusstellerInnen zur Ökologie spielt eine wichtige Rolle. An einer Äußerung wie „Da ist so eine Brache, die mähe ich dann ab, damit dort die BesucherInnen Autos parken können“ könnte eine Bewerbung durchaus scheitern. Und da Kunst und Kultur nicht an Landesgrenzen haltmachen, sind Landgang-Ausstellungsorte auch in den Landkreisen Lüneburg und Uelzen, eben „Wendland und umbei“.
Gibt es kritische Stimmen seitens der KLP-OrganisatorInnen, immerhin findet der Landgang zeitgleich statt?
Landgang Werk & Kunst im Wendland und umbei: 26. 5. bis 1. 6., Infos: www.landgang-wendland.de
In offenen Werkstätten und Ateliers präsentieren Kulturschaffende Arbeiten und Projekte. Es finden Bienen-Gespräche statt, Live-Musik, Performances und Lichtinstallationen
Termine sind kein Eigentum, zudem sind wir Landgänger alle Ex-KLPler, haben lange Jahre zu diesem Termin ausgestellt. Und pflegen selbstverständlich auch weiterhin unsere langjährigen Freundschaften aus dieser gemeinsamen Zeit, sind uns nicht gram. Wir fühlen uns nicht als Konkurrenz, wollen keine „KLP-B“ werden. Sondern gehen einen eigenen Weg, der zeitgemäß ist. Ähnlich der Slowfood-Bewegung, auch wenn der Vergleich vielleicht nicht ganz zutrifft. Wir wünschen uns Intimität, persönliche Begegnungen in den Werkstätten, Gespräche mit den AusstellerInnen, BesucherInnen sollen Teil des Ganzen sein. Wir wollen nicht die klassische Schiene bedienen: Konsument auf der einen, Dienstleister auf der anderen Seite. Aber: Die meisten von uns leben auch von dem, was sie auf dem Landgang präsentieren.
Was sagen die BesucherInnen?
Wir haben Reaktionen erhalten von „Das ist ja wie am Anfang der KLP!“ bis: „Komisch, das sind genau die Orte, die ich mir vorher bei der KLP auch immer angeschaut habe.“ Das bestärkt uns in unserer Ausrichtung.
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