Landesgartenschau in Brandenburg: Beelitz mal (fast) spargelfrei
Die Landesgartenschau schließt sich an den mittelalterlichen Stadtkern an. Beelitz gewinnt dadurch viel Grün – und arbeitet an seinem Image.
Denn Beelitz hat weit mehr zu bieten als den dortigen Spargel. Als ob es in den Weiten der Mark läge und nicht im Potsdamer Einzugsgebiet, ist die 13.000 Einwohnerinnen und Einwohner fassende Stadt im Landkreis Potsdam-Mittelmark von zahlreichen Wiesen umgeben. Einige von ihnen sind im Süden der Stadt, rechts und links der Nieplitz, nun dazugekommen. Sie bilden einen Teil der Flächen der Landesgartenschau.
„Garten für alle Sinne“ heißt das Motto der Laga: Das hört sich etwas beliebig an angesichts dessen, was die Schau zu bieten hat. Da ist zunächst das ehemalige Wasserwerk aus den 1920er Jahren, das seit den 1970ern außer Betrieb ist. Im Zuge der Laga wurde es zu einem begehbaren Wasserspiel samt angrenzendem Festivalgelände umgestaltet. Auch eine Wassermühle am ehemaligen Mühlenfließ wurde aufwändig restauriert. Das Mühlenfließ selbst, seit den 1960er Jahren zugeschüttet, wurde nicht revitalisiert. Allerdings markiert nun ein schmaler Kanal den ehemaligen Lauf und wird mit dem parallelen Weg zur schönsten Promenade der Gartenschau.
Eine Revitalisierungsschau wie am Finowkanal in Eberswalde 2002 mit seinen industriellen Hinterlassenschaften ist die Laga in Beelitz also nicht. Eher eine Schau, bei der die Stadt viel Grün gewonnen hat. So wurden die Reste von Garagen und ehemaligem Gewerbe im Süden der Stadt einfach weggeräumt. Kein neues Leben in alten Gemäuern zeigt Beelitz, sondern ein weitläufiges Areal, das vor allem von Themengärten, Streuobstwiesen, den Archegärten und einem ausgedehnten Spielplatz- und Märchengelände geprägt ist.
Die Laga Die Landesgartenschau in Beelitz ist bis zum 31. Oktober geöffnet. Eine Tageskarte für Erwachsene kostet 17 Euro, Schüler*innen ab 16 Jahren zahlen 8 Euro. Jüngere Besucher*innen dürfen kostenlos auf das Gelände. Auf die Besucher*innen warten neben den Blumen- und Gartenschauen rund 1.000 Veranstaltungen, darunter eine „Starnacht“ mit Schlagersängerin Beatrice Egli am 24. Juni oder ein Auftritt der Band Santiano am 27. August.
Erste Bilanz Die Schau ist nach Einschätzung der Organisator*innen bereits zu einem Publikumsmagneten geworden. Mehrere tausend Menschen hätten die Schau seit der Eröffnung am 14. April besucht, teilte die Stadt am Sonntag mit. (taz, dpa)
Das Interessante dabei: Wer durch die nach der einstigen Archeinsel an der Nieplitz benannten Archegärten geht oder entlang der Promenade am Mühlenkanal flaniert, trifft nicht nur auf die Gärten der Laga, sondern kann auch bei privaten Gärtnerinnen und Gärtnern über den Zaun blicken. Immer wieder heißt es deshalb Umwege machen; immer wieder weist ein dezentes Schild „privat“ darauf hin, dass es eine Grenze gibt zwischen schon immer Garten und neuem Garten – und dennoch ist diese Grenze fließend.
Keine dieser privaten Gärtnerinnen hat sich hinter Hecken verschanzt, alle lassen sich beim Werkeln zuschauen. Ohne Inszenierung zu sein, sind sie Teil dieses urbanen und landschaftlichen Gewebes, das vor allem von einem erzählt: gärtnerischem Stolz und einer Offenheit einem Event gegenüber, das andernorts vielleicht auch Fragen aufwerfen würde.
Aber der parteilose Bürgermeister Bernhard Knuth hat schon vorgesorgt. Seit Jahren wird für jedes Kind, das in Beelitz geboren wird, ein Obstbaum gepflanzt. Und der Bürgermeister ist immer dabei. So sind nicht nur die Streuobstwiesen in den Archegärten mit der Zeit gewachsen, sondern auch die Verbundenheit der Bewohner mit ihrer Stadt.
Sechs Millionen Euro hat die Stadt für die Landesgartenschau ausgegeben, dazu kamen noch einmal 16 Millionen Euro vom Land Brandenburg. Entsprechend hoch sind die Erwartungen. Als Knuth zusammen mit Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Umweltminister Axel Vogel (Grüne) die Laga am 14. April eröffnet hat, war von 425.000 Besucherinnen und Besuchern die Rede, die bis zum 31. Oktober auf dem 15 Hektar großen Gelände erwartet werden.
Sie erwarten nicht nur ein Blütenmeer, für das 160.000 Frühblüher und 57.000 Stauden gepflanzt und 1,2 Millionen Blumenzwiebeln gesteckt wurden, sondern auch ein neues Erleben von Stadt und Garten. Denn so wie die privaten und die öffentlichen Gärten Hand in Hand gehen, verschwinden auch die Grenzen zwischen mittelalterlichem Stadtkern und Laga-Gelände.
Spektakulär, weil auf den ersten Blick verborgen, ist der Stadteingang in der Poststraße. Es geht durch das Tor der Alten Posthalterei oder durch die Tourismusinformation in einen weitläufigen Hinterhof mit Gartenwirtschaft. Hier weiß man plötzlich nicht mehr, ob das jetzt ein Altstadtcafé ist oder ein Gartencafé. So bekommt der Begriff der Gartenstadt in Beelitz plötzlich eine ganze neue Bedeutung.
Ganz ohne Spargel geht es allerdings auch hier nicht. Gleich neben dem Café befindet sich das Beelitzer Spargelmuseum. Und im Programmheft sind zahlreiche Spargelrezepte abgedruckt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Obergrenze für Imbissbuden
Kein Döner ist illegal
Wahl in den USA
Sie wussten, was sie tun
Streitgespräch über den Osten
Was war die DDR?
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
SPD nach Ampel-Aus
Alles auf Olaf
Ausschreitungen in Amsterdam
Ein hitziges Nachspiel