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Neues Gesetz der Ampel-KoalitionKeine Kündigung für Whistleblower

Justizminister Buschmann legt einen Gesetzentwurf vor, der Angestellte schützen soll, die Skandale aufdecken. Geplant sind tausende Meldestellen.

Will Whistleblower schützen: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) Foto: Michael Kappeler/dpa

Freiburg taz | Erstmals sollen Whistleblower in Deutschland gesetzlich geschützt werden. Das sieht ein Gesetzentwurf von Justizminister Marco Buschmann vor, der der taz vorliegt. Wer in seinem Unternehmen einen Skandal aufdeckt, soll vor Kündigung und anderen Nachteilen geschützt sein. Der Rauswurf ist dann unwirksam und der Whistleblower kann Schadensersatz verlangen. Das ist der Grundgedanke des geplanten „Hinweisgeberschutzgesetzes“.

Das Gesetz soll nicht nur in der Privatwirtschaft gelten – von VW über McDonald’s bis zur Deutschen Bank –, sondern auch im öffentlichen Dienst, von der Verwaltung über Polizei und Justiz bis zur Bundeswehr. Überall werden gelegentlich Gesetze missachtet und überall gibt es Mitarbeiter, die das mitbekommen und einen Beitrag zur Abhilfe leisten können.

Wenn Whistleblower geschützt sein wollen, müssen sie sich allerdings auch an gewisse Regeln halten, die das Gesetz definiert. Dessen Ziel ist eine möglichst nichtöffentliche Klärung der Vorwürfe. Die Hinweis­geber müssen sich deshalb an bestimmte Meldestellen wenden.

Dabei haben die Hinweisgeber die freie Wahl, ob sie sich einer Meldestelle ihres Arbeitgebers anvertrauen oder eine externe staatliche Meldestelle kontaktieren. Anders als nach der bisherigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte gibt es also keinen Vorrang der unternehmens­internen Aufklärung. Das ist ein wichtiger Fortschritt.

Pro Jahr rund 90.000 Hinweise prognostiziert

Direkt an die Öffentlichkeit darf ein Hinweisgeber nur in wenigen Ausnahmefällen gehen­, etwa wenn Menschen kurzfristig zu Schaden kommen könnten. Dann dürfen sofort Medien informiert oder Beweisfotos in sozialen Netzwerken gepostet werden. Künftig werden alle Unternehmen mit mehr als fünfzig Beschäftigten verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Insgesamt geht es um rund 90.000 Unternehmen. Etwa die Hälfte von ihnen ist aber bereits entsprechend ausgestattet.

Buschmann schätzt, dass bundesweit pro Jahr rund 90.000 Hinweise auf illegales Handeln eingehen werden, wovon etwa 70 Prozent eine nähere Prüfung erfordern. Für die Wirtschaft werde das Mehrkosten von 200 Millionen Euro pro Jahr verursachen, heißt es im Gesetzentwurf. Bei Bund, Ländern und Gemeinden müssen weitere rund 25.000 Meldestellen für deren Beschäftigte aufgebaut werden. Der öffentlichen Hand bringt dies Mehrkosten von 220 Millionen Euro.

Davon zu unterscheiden ist die externe Meldestelle, an die sich alle wenden können, die sich nicht an die Meldestelle ihres Arbeitgebers wenden wollen oder die in einem Kleinunternehmen arbeiten. Diese externe Meldestelle soll beim Bundesamt für Justiz in Bonn entstehen. Buschmann rechnet dort mit nur rund 3.000 Hinweisen pro Jahr.

Laut Gesetzentwurf sind auch Whistleblower geschützt, deren Hinweise sich letztlich als falsch herausstellen – wenn sie nachvollziehbaren Grund zur Sorge hatten. Nur wer den Arbeit­geber vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch anschwärzt, kann anschließend gekündigt werden und muss auch noch Schadensersatz zahlen.

Das Gesetzesvorhaben ist dringend, weil eine EU-Richtlinie zum Whistleblower-Schutz umgesetzt werden muss und die Frist schon Ende 2021 ablief. Die Große Koalition konnte sich damals nicht einigen. Die CDU/CSU wollte die EU-Richtlinie nur eins zu eins umsetzen, sie hätte dann nur für die Aufdeckung von Verstößen gegen EU-Recht gegolten. Die SPD wollte Whistleblower auch dann vor Kündigung und Repressalien schützen, wenn sie Verstöße gegen deutsches Recht melden. Der Buschmann-Entwurf ist nahe an der SPD-Linie. Whistleblower sollen im Kern immer dann geschützt sein, wenn sie auf strafbares Handeln hinweisen oder auf Verstöße in wichtigen Gebieten wie Umwelt- oder Lebensmittelrecht.

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