Trinkwasser in Berlin: Trinkt mehr Abwasser!
Das 25. Berliner Stadtgespräch widmete sich den Herausforderungen des Wassersparens in der Klimakrise.
Ein zentraler Punkt des von der Initiative „Wasser bewegt Berlin“ veranstalteten Abends klang zu Unrecht trivial: „Hilft Wassersparen?“ Schließlich gilt es, den wachsenden Bedarf der BerlinerInnen an Trinkwasser zu befriedrigen, ohne dass an anderer Stelle ökologische Schäden entstehen, etwa durch fallende Grundwasserpegel oder Dürreschäden an Straßenbäumen.
Ein Planungsinstrument hat die Senatsverwaltung für Umwelt und Klimaschutz dafür mit dem im Sommer 2021 als erster Entwurf vorgstellten Masterplan Wasser bereits, daran erinnerte Frauke Bathe von der Abteilung „Integrativer Umweltschutz“. Das Planwerk ist eine Art Work in Progress und soll auch erst einmal klären, wie der Wasserbedarf Berlins sich überhaupt entwickeln wird, um dann entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Bathe erläuterte mögliche Szenarien und stellte klar, dass die Auswirkungen des Kimawandels keineswegs eindeutig sind: Zwar sei momentan damit zu rechnen, dass „vielleicht ein bisschen mehr Regen im Winter und etwas weniger im Sommer fällt“, insgesamt mache die Wissenschaft hier aber ein „großes Fragezeichen“. Auch die Auswirkungen der Tagebau-Stilllegung in der Lausitz (wo riesige Löcher in der Landschaft mit Wasser gefüllt werden müssen) sei relativ unklar. Unzweifelhaft hingegen: Eine wachsende Stadtbevölkerung benötigt mehr Trinkwasser und erzeugt mehr Abwasser.
Bathes Fazit: „Gereinigte Abwässer aus den Klärwerken stellen zunehmend eine wichtige Trinkwasserrssource dar“ – ob uns das nun schmeckt oder nicht. Im übertragenen Sinne natürlich: Da künftig alle Klärwerke deutlich mehr Stoffe herausfiltern werden als heute, dürfte der steigende „Abwasseranteil“ im Glas die hohe Qualität des Berliner Trinkwassers nicht verändern. Aber auch ein deutlich ausgebautes Regenwassermanagement (für das es seit einigen Jahren die erwähnte Agentur gibt) könnte dazu beitragen, das an einigen Stellen der Stadt absinkende Grundwasser zu stabiliseren.
Der Vortrag von Jens Burgschweiger von den Wasserbetrieben überraschte mit der Erkenntnis, dass der Wasserverbrauch in der Region Berlin-Brandenburg im Jahr 2016 bei weniger als der Hälfte der Menge von 1990 lag. Dazu trug vor allem die Modernisierung vieler Heizkraftwerke bei, die früher weitaus größere Mengen in Form gewaltiger Dampfwolken in die Atmosphäre entließen. Auch in den Haushalte sorgten sparsamere Armaturen und ein gewachsenes Bewusstsein für einen geringeren Verbrauch.
„Luxuswassernutzung“
Seit 2011 steigt der Trinkwasserverbrauch aber wieder an, und offenbar hat sogar das zwangsweise Nichtstun in der Pandemie den Bedarf noch einmal erhöht, so Burgschweiger: Es sei zu einer „Luxuswassernutzung“ in Form von Pools oder Gartenduschen gekommen. Das natürlich auch vor dem Hintergrund mehrerer heißer und trockener Sommer.
Erwin Nolde, der für den Bundesverband für Betriebs- und Regenwasser sprach und auch am „Berliner Wassertisch“ sitzt, monierte, dass die Wasserbetriebe, die noch in den 1980er Jahren unter dem Motto „Jeder Tropfen zählt“ regelmäßig zum Wassersparen aufriefen, längst diesen Impetus verloren hätten: „Weil sie auch dazu verdammt sind, Gewinne zu erwirtschaften.“
Was Nolde ärgert, ist die Tatsache, dass fast niemand einen Überblick über seine Wassernutzung hat, anders als beim Strom etwa. „Wer rechnet schon aus, wie viele Liter er am Tag wofür verbraucht?“ Er plädierte für elektronische Wasserzähler, die auch Verluste durch Lecks offenlegten, ebenso wie für das Recycling von „Grauwasser“ im Haushalt – also etwa Spülwasser, das anschließend noch in der Toiletzte genutzt werden kann. Dann gebe es im Übrigen auch keine Problem mehr mit Verbrauchs-Peaks wie den legendären WM-Halbzeitpausen.
Ein Vorschlag zum Wassersparen, der an diesem Abend auch in den Workshops mehrfach genannt wurde: differenzierte Wasserpreise. Wenn das Nass ab einer bestimmten Volumengrenze teurer wird, dürfte das einen bewussteren Verbrauch stimulieren. Und möglicherweise wäre es nicht nicht einmal mit einer Einnahmenminderung der Wasserbetriebe verbunden.
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