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Flüchtlinge aus der UkraineSuche nach einem Ort zum Bleiben

Auch nachts kommen Züge und Busse mit geflüchteten Ukrai­ne­r*in­nen am Berliner Hauptbahnhof an. Die Bahn stellt nun Züge zum Übernachten bereit.

Eine Ukrainerin mit ihrem 3-jährigen Kind am Hauptbahnhof Berlin Foto: Annette Riedl / dpa

BERLIN taz | Am Hauptbahnhof drängen am Dienstag um 23 Uhr zahlreiche Menschen die Treppen hoch zum Europaplatz. Ein Bus soll von dort am späten Abend noch fahren, Richtung Magdeburg. Gleichzeitig leiten Hel­fe­r*innen in gelben und orangen Westen Flüchtlinge aus der Ukraine in den Bahnhof hinein, die gerade mit Bussen aus Polen angekommen sind. Die Ehrenamtlichen tragen Taschen oder Koffer und beantworten Fragen.

„Wir wollen nicht in Berlin bleiben, wir wollen in eine andere Stadt“, sagt eine Frau zu einer Helferin auf der Rolltreppe ins Untergeschoss. „Aber vielleicht können wir …“, sagt sie und sucht nach Worten – wohl weniger, weil ihr diese nicht einfallen, ihr Englisch klingt flüssig. Eher scheint ihr die Frage unangenehm: „Ein Schlafplatz für eine Nacht, wäre das möglich?“ – „Sicher“, entgegnet die Helferin. Die Frau ist sichtlich erleichtert. „Vielen Dank, wir sind so müde, vor allem meine Tochter“, sagt sie und lächelt ihrer etwa 13-jährigen Tochter aufmunternd zu. Beide haben nur je einen kleinen rosa Rucksack dabei.

Die Helferin begleitet Mutter und Tochter zu den provisorischen Schaltern der Bahn im Untergeschoss. Kurze Zeit später drückt sie ihnen ein Ticket zur Weiterfahrt in die Hand. „Essen gibt es dort, zum Schlafen könnt ihr euch einen Platz in den Zügen hier unten auf den Gleisen suchen“, sagt die Helferin noch, bevor sie sich verabschiedet. Die Frau guckt enttäuscht, sicher hat sie mit einer erholsameren Nacht gerechnet. Dann fasst sie sich, lächelt der Tochter noch mal aufmunternd zu und läuft mit ihr die Treppe zu den Zügen hinunter.

Auf den Gleisen 7 und 8 hat die Bahn einen Eurocity und zwei doppelstöckige Regionalzüge als provisorische Übernachtungsmöglichkeit für die Flüchtlinge bereitgestellt. Teils haben sich Menschen quer über zwei oder drei Sitze ausgestreckt. Ein Mädchen kauert am Fenster und malt. „Die Schlafzüge entlasten die Nächte am Bahnhof“, sagt ein Koordinator der Ehrenamtlichen. „Aber die Situation ist für die Ankommenden immer noch unsicher.“ Jeden Abend seien auch verdächtige Personen vor Ort. „Wenn Leute hier lange herumschlendern, ohne etwas zu machen, dann machen wir die Polizei auf sie aufmerksam.“ Im besten Fall handele es sich nur um Gaffer, im schlimmsten Fall um versuchten Menschenhandel.

Irrfahrt von Stadt zu Stadt

Die Hel­fe­r*in­nen bei den Zügen können inzwischen gut abschätzen, wann wie viele Menschen ankommen. Busse kommen aber teils unangekündigt. Um Mitternacht hat sich vor den Ticketschaltern eine längere Schlange gebildet. Ein kleiner Junge weint leise. Ein Helfer hat sich das Wort „Transporter“ auf die Weste geschrieben und hilft einer Familie, ihre Tüten und Koffer zu den Schlafzügen zu tragen. Wer erst mal in Berlin bleiben möchte, den leiten Schilder in die entgegengesetzte Richtung zum weißen Zelt auf dem Washingtonplatz. Von dort fahren Busse zum Ankunftszentrum in Tegel oder direkt in Notunterkünfte.

Am nächsten Morgen sind die Schlafzüge verschwunden, von Gleis 8 fahren wieder Züge Richtung Hamburg. Im Durchgang zur U-Bahn stehen Tische und Bänke, hier ist auch die Essensstation. An einem Tisch sitzt Mahya A. mit ihrer Mutter und einem 20-jährigen Begleiter. „Für uns ist die Frage, wo wir weiterstudieren können“, sagt A., die in Kyjiw Zahntechnik studiert hat. „Wir sind am 3. März in Berlin angekommen, dann weiter zu Freunden in Amsterdam, aber da konnten wir nur ein paar Tage bleiben.“

Von Amsterdam fuhren sie nach Frankfurt, dort hätten sie keine Unterkunft gefunden. Sie seien nach Hamburg und dann nach München weitergefahren. Und nun wieder in Berlin. „Wir haben in Zelten und auf Bahnhöfen geschlafen. Gern würden wir ein, zwei Wochen irgendwo privat unterkommen, aber sie vermitteln hier keine Unterkünfte“, sagt sie.

Es komme durchaus öfter vor, dass Menschen nach einer Fahrt kreuz und quer durch die Republik wieder nach Berlin kämen, heißt es bei den Ehrenamtlichen. „Wir wissen nicht, welche Strukturen es wo gibt, deshalb raten wir davon ab, in größere Städte zu fahren“, sagt der Koordinator. „Unser Eindruck ist, dass kleinere Orte besser sind, weil sich die Menschen dort besser kümmern können.“ Mahya A. und ihre Begleiter haben Tickets nach Wien in der Hand, in einer Stunde geht ihr Zug. „Ich hoffe, wir finden einen Ort, an dem wir bleiben können“, sagt sie. „Wir sind einfach müde.“

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