Kein Durchkommen an dänischer Grenze: Wenn der Pass fehlt

Dänemark lässt nur Geflüchtete ins Land, die einen biometrischen Ausweis zeigen können. Abgewiesene werden notdürftig in Flensburg beherbergt.

Dänische Polizistin zieht ein Auto aus dem Verkehr

Ohne biometrischen Pass endet die Flucht hier: Grenze zu Dänemark Foto: Carsten Rehder/dpa

RENDSBURG taz | Betten warten auf Erschöpfte, Geld und Sachspenden laufen ein, Hilfsbereite melden sich: Wie viele andere Orte macht sich Flensburg bereit für Geflüchtete aus der Ukraine. Aber in zwei Dingen unterscheidet sich Deutschlands nördlichste Stadt von anderen: Hier sammeln sich auch Menschen, die an der Grenze zu Dänemark nicht durchgelassen werden. Allerdings kennt Flensburg diese Situation bereits aus dem Jahr 2015. Die Erfahrungen von damals helfen heute wieder.

92 ukrainische Geflüchtete, vor allem Frauen und Kinder, seien inzwischen eingetroffen, 18 leben zurzeit in der Notunterkunft in einer Turnhalle, sagt Flensburgs Rathaussprecher Clemens Teschendorf. Wie viele es noch werden könnten, sei unklar: „Es gibt eine Schätzzahl von 13.500 für Schleswig-Holstein, das würde für uns etwa 600 bedeuten – aber zurzeit gehen wir davon aus, dass das zu niedrig angesetzt ist.“

Vor allem, weil nicht nur Menschen ankommen, die sich in Schleswig-Holstein melden, sondern auch solche, die weiter nach Norden wollen, aber an der Grenze zu Dänemark nicht durchgelassen werden. Am Mittwochabend sei eine Gruppe, darunter „Frauen mit kleinen Kindern sowie Jugendliche, von den dänischen Behörden zurückgewiesen worden“, berichtet das Flensburger Tageblatt.

Die Bundespolizei brachte sie in Flensburg in einer Notunterkunft unter. Die Stadt sei zwar nicht zuständig, aber „zunehmend Ansprechpartner“ für solche Notlagen, sagt Stadtsprecher Teschendorf.

Keine Ausnahme vom EU-Recht

Dass es Probleme an der Grenze gibt, hängt mit dem EU-Recht zusammen: Laut der Rechtslage dürfen sich Ukrai­ne­r*in­nen mit biometrischem Pass unter normalen Umständen 90 Tage lang in der EU aufhalten, darüber hinaus braucht es Visa. Wer kein entsprechendes Dokument hat, „benötigt für die Einreise grundsätzlich ein Visum“, heißt es auf der Homepage des Bundesinnenministeriums.

Ein Mitgliedstaat könne jedoch aus humanitären Gründen Ausnahmen zulassen. Deutschland hat das getan, Dänemark, das in den vergangenen Jahren eine zunehmend restriktive Flüchtlingspolitik betrieben hat, noch nicht.

Die Ukraine stellt erst seit 2015 biometrische Pässe aus – wer ein älteres Dokument besitzt oder in der Ukraine lebt, aber nicht die Staatsbürgerschaft besitzt, scheitert zurzeit an der Grenze. „Nicht jeder Mensch, der aus der Ukraine flüchten muss, ist Ukrainer. Ich glaube, dieses Bild muss man in der Öffentlichkeit stärker vertreten“, sagt Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) im Flensburger Tageblatt. Ihre Stadt sei „dafür bekannt, dass wir nicht nach der Herkunft fragen“.

Aber auch in Dänemark sind die Dinge im Fluss: So will das Land Menschen aus der Ukraine vom sogenannten „Schmuck-Gesetz“ ausnehmen, das Behörden erlaubt, Geld und Wertsachen von Asylsuchenden zu konfiszieren. Vor allem sei eine Ausnahmeregelung für Geflüchtete aus der Ukraine in Vorbereitung, heißt es auf einer Internetseite der dänischen Regierung.

Dänemark will Menschen aus der Ukraine vom „Schmuck-Gesetz“ ausnehmen

Demnach habe sich eine Mehrheit des dänischen Parlaments darauf geeinigt, dass ­„ukrainischen Bürgern und Personen mit Flüchtlingsstatus in der Ukraine, ebenso wie Mitgliedern ihrer Kernfamilie und anderen Familienmitgliedern desselben Haushaltes“ die Einreise unter vereinfachten Bedingungen erlaubt wird. Der ­Nordschleswiger, die Zeitung der deutschen Minderheit in Dänemark, berichtet davon, dass bereits jetzt Ausnahme-Visa erteilt würden.

In Flensburg läuft derweil die Vorbereitung weiter. Stadtsprecher Teschendorf freut sich über die Hilfsbereitschaft und „große Professionalität“ der Hilfskräfte: „Wir sortieren gleich, welche Spenden gebraucht werden, lehnen auch einiges höflich ab.“

Neue Aufgaben wie Impfungen gegen Corona liefen an, Impfstoff sei ausreichend vorhanden. Was dagegen fehlt, ist Wohnraum. Die Stadt versuche, Gebäude zu „ertüchtigen“, um langfristige Lösungen zu schaffen, sagt Teschendorf: „Wir gehen davon aus, dass die Menschen länger bleiben.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.