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Corona in SchwedenSchluss mit PCR-Tests für lau

Um Gelder effektiver einzusetzen werden in Schweden jetzt nur noch Menschen mit Corona-Symptomen getestet. Dänemark will dem Beispiel folgen.

Keine PCR-Tests mehr für alle: Schweden testet nur noch Menschen mit Symptomen Foto: Adam Ihse/TT/imago

Stockholm taz | In Schweden sind am Mittwoch nahezu alle Coronabeschränkungen aufgehoben und die bisherige Testpraxis geändert worden. Nun ist Schluss mit den für alle unbeschränkt und kostenlos zugänglichen PCR-Tests. „Wir sind an einem Punkt angekommen, wo angesichts der Relevanz dieser Tests die Kosten dafür nicht länger zu verantworten sind“, erklärte Karin Tegmark Wisell, Generaldirektorin der Gesundheitsbehörde (FHM). „Die öffentlichen Ressourcen sollten da eingesetzt werden, wo sie am meisten Nutzen bringen.“

Bislang konnten sich alle EinwohnerInnen, ob symptomfrei oder nicht, unbeschränkt oft testen lassen. Üblich war ein Selbstbedienungssystem, bei dem man sich die Testkits aus einer Box vor der örtlichen Ambulanz nehmen, nach dem Test in eine Box daneben einwerfen und am nächsten Tag per Mail oder SMS das Resultat bekommen konnte. Teilweise wurden diese Testkits offenbar auch gehamstert, worauf Ermahnungen hindeuteten, das zu unterlassen.

Die Kosten für die bisherige Testpraxis bezifferte Tegmark Wisell auf monatlich umgerechnet rund 200 Millionen Euro. „Es wäre nur sinnvoll, damit weiterzumachen, wenn wir damit eine wesentlich bessere Kontrolle über das Infektionsgeschehen bekommen würden, doch das ist nicht der Fall.“

Andere Kontrollen des Pandemiegeschehens laufen in Schweden beispielsweise über regelmäßige Abwasseranalysen. Dabei wurde im Januar ein starker Anstieg der Infektionen gemessen, seit einigen Tagen sinken die Werte wieder. Auch Blutproben werden ständig untersucht. Die Analysen zeigten Ende Dezember, dass rund 85 Prozent der Bevölkerung bereits Covid-19-Antikörper entwickelt hatten – angesichts von Omikron dürfte der Wert aktuell deutlich höher liegen.

Analysen nach Deutschland

Was bleibt und wozu die Gesundheitsbehörde ausdrücklich auffordert: Tests bei Symptomen. Systematische Tests gibt es weiterhin auch sowohl für das Personal als auch für PatientInnen in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Damit könne man auch die Laborkapazitäten besser nutzen, betonte die FHM-Generaldirektorin. In der Vergangenheit mussten Tests öfter in Deutschland analysiert werden.

In Dänemark könnte man bald den schwedischen Testbeschränkungen folgen, meldeten dänische Medien am Mittwoch. Man sei dabei, die bisherige Praxis zu revidieren und „erwäge ein Downscaling“, wird das Gesundheitsministeriums zitiert. Man müsse nicht mehr im bisherigen Umfang testen, sagte auch Tyra Grove Krause vom staatlichen Serum-Institut im Ekstra Bladet: Weiterhin testen solle man bei Symptomen. Ein Schließung der Schnelltestzentren bis spätestens 6. März ist angekündigt.

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3 Kommentare

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  • Schluß mit dem deutschen Sonderweg


    Zitat: „In Schweden sind am Mittwoch nahezu alle Coronabeschränkungen aufgehoben und die bisherige Testpraxis geändert worden.“

    Und das bei ungebrochen doppelt so hohen „Inzidenzen“ wie hierzulande und einer um inzwischen 7 % niedrigeren Impfquote, rechnet man die vom RKI eingeräumte Untererfassung in Deutschland ein!

    Nun erntet Schweden die Früchte seines viel geschmähten „Sonderweges“ mit seiner impliziten, wohlweislich nicht an die große Glocke gehängten Strategie der natürlichen Herdenimmunität, die man noch im Februar zu erreichen hofft. Dort gehörte man seit Anbeginn nicht zu den Wundergläubigen, sanktionsbewehrte NPIs mit Lockdown, Ausgangsperre, Maskenball im Freien, Schulschließungen unterhalb der Sekundarstufe usw. würden irgend etwas am Infektionsgeschehen ändern. Ein Blick auf die langfristigen Verlaufskurven in Schweden sollte für die Erkenntnis genügen, daß all dies im Grunde für die Katz war. Bei allen relevanten Parametern lag Schweden mit seiner Kultur des Gebots und der Selbstverantwortung von Anbeginn im europäischen Mittelfeld und wies schon vor Jahresfrist mit 1,78% gegenüber 2,82% hierzulande sogar einen um 40% geringeren CFR-Wert auf. (Quelle: JHU) Aktuell liegt dieses Verhältnis bei 0,8% zu 1,2 % zugunsten Schwedens.

    Eine von Anfang an dauerhaft-stabile und nachhaltige Absenkung aller NPIs auf das Niveau Schwedens und die Abkehr von der Verbots- und Sanktionskultur hätten, wie nun endgültig ersichtlich, mithin auch hierzulande keine größeren Risiken in sich geborgen als die in Schweden jetzt bilanzierten. Die systemischen und vor allem sozialpsychologischen Nutzen hingegen wären immens gewesen.

    Daraus folgt: Schluß mit dem deutschen Sonderweg.

  • Gratuliere- in anderen Ländern scheint das Wissen über Covid und die Folgen zu WACHSEN.......

    • RS
      Ria Sauter
      @Henne de las Gracias:

      Dem schliesse ich mich an!