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Disqualifikation für Tennisprofi ZverevFluch der eigenen Aggressionen

Alexander Zverev rastet bei einem Tennisturnier in Mexiko aus und wird disqualifiziert. Der Vorfall dürfte weitreichende Konsequenzen haben.

Geballter Frust: Alexander Zverev hat Probleme mit der emotionalen Kontrolle Foto: Eduardo Verdugo/ap

Tock, tock, tock, tock, vier Mal drosch Alexander Zverev mit seinem Tennisschläger voller Wut auf den Schiedsrichterstuhl ein und verfehlte dabei den Fuß des Referees nur um Haaresbreite. Immer wieder fluchte Deutschlands bester Tennisspieler und beschimpfte den armen Unparteiischen in feinster englischer Gossensprache. Es waren verstörende Szenen, die sich beim ATP-Turnier im mexikanischen Acapulco am späten Dienstagabend Ortszeit abspielten.

Schon kurz zuvor im laufenden Doppel-Match hatte Zverev an der Seite seines brasilianischen Kumpels Marcelo Melo gegen Lloyd Glasspool/Harri Heliövaara (Großbritannien/Finnland) für einen mittleren Skandal gesorgt, als er im Tie-Break des dritten Satzes den Schiedsrichter mehrfach als „verdammten Idioten“ bezeichnet hatte. Wobei sich verdammter Idiot noch eher harmlos anhört, im Vergleich zu der vom Deutschen genutzten englischen F-Wort-Variante.

Zverev/Melo verloren das Spiel schließlich mit 2:6, 6:4 und 6:10. Ein paar strittige, aber korrekte Entscheidungen sorgten dafür, dass bei Zverev nach dem Handshake schließlich sämtliche Sicherungen durchbrannten. John McEnroe war für solche Sachen bekannt. Der geniale Tennis-Rüpel konnte in den 1980ern auch schön ausrasten. So stumpf und idiotisch wie Zverev hatte man aber selbst den Amerikaner nie gesehen. Jeder, der sich im Tennis ein bisschen auskennt, wusste, dass die Bilder, die Zverev produziert hatte, nicht ohne Folgen bleiben würden. Es dauerte nicht mal eine Stunde, bis die ATP, die Vereinigung der Profi-Spieler, Zverevs Disqualifikation auch für den Einzelwettbewerb via Twitter öffentlich machte. Es war die logische Konsequenz eines Vorfalls, der nicht entschuldbar ist – und der für Zverev weitreichende Folgen haben wird.

Es fing alles so gut an in Acapulco. Das Turnier an der mexikanischen Pazifikküste gehört zu Zverevs Lieblingsevents. Im vergangenen Jahr spielte der Hamburger hier groß auf und gewann den Titel. Dieses Mal startete Zverev sogar mit einem Weltrekord. Sein Erstrunden-Spiel gegen den Amerikaner Jenson Brooksby endete Dienstag erst um 4.55 Uhr Ortszeit und damit so spät, oder so früh, wie kein Spiel zuvor auf der Tour. „Es war ein unglaublicher Kampf, ein unglaubliches Match. Ich hoffe, dass diese Woche noch viele weitere folgen werden“, sagte Zverev. So kann man sich täuschen: Knapp 24 Stunden später war das Turnier für Zverev vorbei. Wegen unsportlichen Verhaltens, so hieß es im Statement der ATP.

Wunsch nach emotionaler Bindung

Im vergangenen Dezember wurde Zverev eine, nun ja, große Ehre zuteil. Er wurde in seiner Heimat zum Sportler des Jahres gewählt. Das war verdient. 2021 war ein hervorragendes Tennis-Jahr für den Weltranglisten-Dritten. Er siegte bei großen und bedeutsamen Turnieren und gewann bei den Olympia sogar die Goldmedaille. Zum Abschluss der Saison krönte er sich mit dem Triumph bei den ATP-Finals in Turin zum inoffiziellen Weltmeister. Zverev begann auch mithilfe dieser Erfolge langsam, eine emotionale Bindung zum deutschen Tennispublikum aufzubauen. So richtig gefunkt hat es nämlich noch nicht. Der Hamburger kann manchmal immer noch unnahbar wirken. Aber sein Image wurde nicht zuletzt durch die Sportler-des-Jahres-Ehrung besser.

Der Schrei nach Anerkennung ist bei Alexander Zverev nie verstummt

„Ich wünsche mir, dass die Leute nachts für mich aufstehen und mit mir mitfiebern, wenn ich um Titel kämpfe“, hat Zverev in einem Interview mal gesagt. Der Schrei nach Anerkennung ist bei Zverev nie verstummt. Nach den Szenen von Acapulco muss man festhalten: Wohl nur die eingefleischtesten Fans werden sich in Zukunft den Wecker stellen. Zverev hat sich auf einen Schlag selber viel kaputt gemacht.

Und es sind ja nicht nur Vorbildfunktion und Image, die Zverev in Mexiko flöten gegangen sind. Beim Blick in die sozialen Medien offenbart sich eine weitere Nebenwirkung: Das Aggressionspotenzial, das der Deutsche frisch demons­triert hat, wird in Verbindung mit den noch im Raum stehenden Gewalt-Anschuldigungen seiner Ex-Freundin Olga Sharypova gebracht. Das ist zwar weit hergeholt, aber das Feuer ist längst entfacht. Nach dem Motto: Wer so auf dem Platz ausrastet, dem ist auch sonst alles zuzutrauen.

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5 Kommentare

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  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Jaja. Der „weiße“ Sport.

  • Das Benehmen in diesem Fall war daneben, die Disqualifikation auf jeden Fall gerechtfertigt und unvermeidbar. (Und man hielt das „Frusttemperament“ bei ihm ja schon für ziemlich eingefangen). Sämtliche anderen Rückschlüsse auf persönliche Handlungen sind aber absolut unzulässig.



    Sollen wir jetzt alle Sportler, die ihren (im Sport aufgetretenen) Frust in sichtbaren Handlungen ausdrücken (für die es ja berechtigterweise rote Karten gibt) der privaten Gewaltausübung verdächtigen?



    Es betrifft doch nicht nur Zverev.



    Schlägt Djokovic also vielleicht seine Kinder, weil er sich bei Misserfolg auch nicht im Griff hat?



    Ist ein erfolgreicher Sportler gewaltlos, weil man logischerweise bei Erfolgen keine Frustausbrüche erlebt?



    Mir bereiten die vielen Selbstgerechten, die sich vom Sofa aus in den Inet-Foren tummeln (mit eilweise haarsträubensten Beiträgen), mehr Sorgen.

  • Oh, Majestät wurden gereizt!



    An anderer Stelle wird oft gefragt, wie die Aggressionen von Männern insbesondere auch gegenüber Frauen zu erklären sind. Nun, diese Szenen entsprechen den Erfahrungen und Warnungen der Berufsgruppen, die sich tagtäglich mit derlei narzisstischen Majestäten auseinander setzen müssen: er ist „mit was nicht einverstanden“, so dass der Jähzorn ja wohl berechtigt ist. Und natürlich hat er sich entschuldigt; bis zum nächsten Mal…



    Frauen, Fans, Groupies, Augen auf bei der Partnerwahl, und lauft, soweit ihr könnt, um Sportsgeistern dieser Sorte zu entkommen; gilt auch für sogenannte Influencerinnen, die sich gern vom Ruhm inspirieren lassen…

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Allesheuchler:

      „Frauen, […], Groupies, [….]lauft, soweit ihr könnt, um Sportsgeistern dieser Sorte zu entkommen“ Oder „Alles auf ‚Zucker‘“ taz.de/BDSM-als-Empowerment/!5830300/



      Ist auch weiß, sieht aus wie Zucker, schmeckt wie Zucker, ist Zucker. de.wikipedia.org/wiki/Alles_auf_Zucker!

    • @Allesheuchler:

      Volle Zustimmung!



      Wieso genau sollte es auch "weit hergeholt" sein, Parallelen zwischen seinem Frust-Verhalten auf dem Platz und außerhalb zu ziehen?