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Parität fällt in Bremen aus

Ein Gutachten zerstört die Hoffnung der rot-rot-grünen Koalition in Bremen, ein Paritätsgesetz erlassen zu können, was nicht vom Verfassungsgericht kassiert würde

Es wird erst mal nichts aus Halbe-Halbe: Bremische Bürgerschaft Foto: Sina Schuldt/dpa

Von Eiken Bruhn

Ein Paritäts-Gesetz, das für Wahlen nur Parteien zulässt, die nach Geschlecht quotiert sind, würde auch in Bremen am Verfassungsgericht scheitern. Zu dieser Einschätzung kam jetzt der Bremer Jura-Professor und ehemalige Justiz-Staatsrat Matthias Stauch.

Beauftragt hatte ihn die Koalition aus SPD, Grünen und Linken, die gehofft hatte, dass Bremer Besonderheiten in der Landesverfassung eine Möglichkeit eröffnen würden, ein solches Gesetz zu erlassen, das dann anders als in anderen Bundesländern zuvor einer Überprüfung durch das Verfassungsgericht Stand halten würde.

Vor einem Jahr hatte die Bremische Bürgerschaft mit rot-rot-grüner Mehrheit den Senat aufgefordert, ein solches Gutachten einzuholen. Jetzt liegt es vor, doch Stauch sieht keine Chance für ein Bremisches Paritätsgesetz –obwohl Bremen sich als einziges Bundesland eine Verfassung gegeben habe, die nicht nur eine allgemeine Gleichbehandlung der Geschlechter fordert, sondern „auch gezielte geschlechtsbezogene privilegierende Förderungen gerade für demokratische Vertretungsgremien“ einschließe, wie es im Gutachten heißt.

Denn während es in Thüringen, wo 2020 das erste Paritätsgesetz vom Landesverfassungsgericht kassiert wurde, nur heißt: „Das Land, seine Gebietskörperschaften und andere Träger der öffentlichen Verwaltung sind verpflichtet, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen des öffentlichen Lebens durch geeignete Maßnahme zu fördern und zu sichern“, gibt es in Bremen einen besonderen Passus im Artikel 2.

Dort steht: „Es ist darauf hinzuwirken, dass Frauen und Männer in Gremien des öffentlichen Rechts zu gleichen Teilen vertreten sind.“ Damit sei der bremische Verfassungsgeber „so weit gegangen, wie es die Verfassungsstrukturen von Bund und Ländern noch zulassen“, sagt Stauch in dem 50-seitigen Gutachten.

Aber auch in Bremen würde ein Paritätsgesetz dem Grundsatz freier und gleicher Wahl widersprechen, schreibt Stauch, und das bereits auf der ersten Stufe des Wahlverfahrens, der Kandidat:innenauswahl. „Bei einer Paritätsanforderung für die Listenaufstellung handelt es sich natürlich nicht um einen ‚Parteiklüngel‘, sondern eine direkte Umsetzung zur Gleichbehandlung der Geschlechter“, heißt es in seinem Gutachten. „Aber diese Vorgabe würde jedenfalls die freie Kandidatenfindung in den Parteien von vornherein in der Personenwahl einschränken und vorstrukturieren.“

Stauch weist daraufhin, dass Geschlecht nicht das einzige Merkmal ist, das eine Quotierung erforderlich machen könnte – dann würde man sich aber in Richtung von „ständisch strukturierten Organen des Staates“ bewegen –ein Bruch mit dem grundlegenden verfassungsrechtlichen Wahlrecht und seines Systems.

Der Gutachter hält es für zulässig, auf das „Ungleichgewicht der Geschlechter“ hinzuweisen

„Man würde dann um die Rechtfertigung von allgemeinen Eigenschaften aus dem Kreis der Staatsbürger verhandeln müssen, die einer gesellschaftlichen Sonderstellung entsprechen“, schreibt er. „Dies könnte etwa eine Migrationsbiografie oder die Herkunft aus benachteiligten sozialen Strukturen oder andere unveränderliche persönliche Merkmale sein.“

Dennoch sieht Stauch Handlungsbedarf. Im Bremischen Landtag seien nur 37 Prozent der Abgeordneten weiblichen Geschlechts, die höchste Frauenquote hat die SPD mit 48 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 44 Prozent. Damit sei der Verfassungsauftrag noch nicht umgesetzt.

Stauch hält es für zulässig, auf dem Wahlzettel auf das „Ungleichgewicht der Geschlechter“ hinzuweisen. Da sich niemand die Mühe mache, die Anzahl von Frauen und Männern unter den Kan­di­da­t:in­nen durchzuzählen, schlägt er vor, mit einer optischen Hervorhebung zu arbeiten. Damit würde „dargestellt und informiert, wie hoch der jeweilige Anteil der Geschlechter in der Liste ist“. Auch wäre es möglich, auf den Anteil von Menschen hinzuweisen, die sich keinem Geschlecht zuordnen lassen.

Maja Tegeler, die gleichstellungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft, sagt dazu, sie finde diesen Vorschlag „diskussionswürdig“, das Gutachten an sich aber „ernüchternd und unbefriedigend“.

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