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petition der wocheNicht süß: Videos von Tierrettungen sind oft inszeniert

Anlass der ­Petition Youtube-Videos von inszenierten Tierrettungen

Das wollen die Initiatoren Wirksame Tierschutzarbeit fördern

Das wollen sie nicht Tierquälerei

Ein Kätzchen steckt mit dem Kopf in einem verrosteten Ring, ein kleiner Fuchs hängt in einem Netz fest und ein Welpe kauert vor einer Schlange – und dann kommt ein Mensch und rettet die armen Tiere. Solche Videos gehen in den sozialen Medien schnell viral. Eigentlich toll. Doch manchmal trügt der erste Blick. Hinter den Rettungen verbirgt sich oft ein Geschäftsmodell, das Tiere absichtlich in eine missliche Lage bringt, um durch die inszenierte Rettung Geld zu machen.

Es ist nicht einfach, solche Fake-Tierrettungen zu erkennen, erklärt Kseniia Sysoliatina, Astronomin und Tierrechtsaktivistin aus der Ukraine, die in Heidelberg lebt. Gemeinsam mit anderen Ak­ti­vis­t:in­nen weltweit hat sie eine Petition gestartet, um die Aufmerksamkeit auf dieses Problem bei Youtube zu lenken.

Sysoliatina hat sich früher auch gern Videos von süßen Tieren in sozialen Medien angesehen. Bis sie merkte, dass die gleichen Tiere auf verschiedenen Youtube-Channels gerettet wurden. Das machte sie stutzig und sie begann mit anderen Ak­ti­vis­t:in­nen zu recherchieren. Ihr Ergebnis: Es gibt mehrere Tausend Accounts auf Youtube, die Rettungsvideos hochladen, mit denen etwas nicht zu stimmen scheint.

Beim genauen Hingucken merkt man beispielsweise bei einigen Videos, dass das Auswählen der richtigen Kameraposition für besonders dramatische Einstellungen wichtiger zu sein scheint, als das Tier so schnell wie möglich aus der misslichen Lage zu befreien. Auf anderen Videos erkennt man das Kätzchen, das gerade zitternd in einem verlassenen Gebäude „gefunden“ wurde, wieder: Vor ein paar Tagen hat es für Zuchtfotos posiert. „Und dann habe ich noch so einige Accounts gefunden, die Tierrettungen komplett inszenieren“, sagt Sysoliatina. „Noch dazu machen sie das sehr unprofessionell.“ Millionen Klicks sind ihnen dabei dennoch sicher.

Mit Youtube in Kontakt zu treten sei für sie und ihre Mit­strei­te­r:in­nen alles andere als einfach gewesen, erzählt Sysoliatina. Mittlerweile aber hat der Konzern immerhin die eigenen Richtlinien erweitert: Videos, die inszenierte Tierrettungen zeigen, sind seit dem letzten Jahr verboten. Solche Uploads sollen gelöscht, ganze Accounts gesperrt werden: Der Channel Rescue Animals, der im Fokus der Petition stand, wurde von der Plattform genommen, auch besonders offensichtliche Fake-Videos wurden gelöscht. Sysoliatina aber spricht von einem „mäßigen Erfolg“. Videos würden auf Youtube trotzdem vielfach reproduziert, Kanäle wieder angestellt und neue emotionale Tierrettungs-Clips gedreht.

Die Petition fordert daher die Zusammenarbeit von Youtube mit Tierschutzexpert:innen, um Fake-Videos zu entlarven.

Neben der Tatsache, dass mit diesen Videos auf betrügerische Weise Geld gemacht werde, verweist die Petition auf weitere Probleme: Die Videos suggerierten, dass jeder einfach (Wild-)Tiere von der Straße retten könne, die wie von Zauberhand wieder gesund und zu kuscheligen Haustieren würden. Und außerdem schwinde durch die betrügerischen Videos das Vertrauen in seriöse Tierretter:innen. Daher fordert die Petition eine Kennzeichnung von seriösen Inhalten. Echter Tierschutz solle nicht durch Tierquälerei ersetzt werden. Julia Weinzierler

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