piwik no script img

Diskussion über Corona-EinschränkungenErlaubt Sachsen größere Demos?

Im Freistaat sind Kundgebungen wegen Corona auf zehn Personen beschränkt. CDU-Innenminister Wöller will die Höchstgrenze nun offenbar anheben.

Wieviele Kritiker der Corona-Maßnahmen dürfen künftig in Sachsen demonstrieren? Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Leipzig taz | Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) möchte laut einem Bericht der Leipziger Volkszeitung die Zahl der durch die Coronaverordnung erlaubten Ver­samm­lungs­teil­neh­me­r*in­nen ausweiten. Er befürworte eine neue Höchstgrenze von 1.000 Teilnehmer*innen, berichtete die Zeitung am Donnerstag. Seit dem 22. November sind in Sachsen nur ortsfeste Kundgebungen mit zehn Personen erlaubt. Mit seinem Vorschlag reagiere Wöller auf Wünsche der sächsischen Polizei, heißt es weiter. Diese verspreche sich durch eine neue Obergrenze eine Entlastung der Einsatzkräfte.

Nach Angaben des Innenministeriums jedoch wurden „diese Aussagen nicht kommuniziert“. Dieses wollte die Aussagen gegenüber der taz weder bestätigen noch dementieren. Es teilte nur mit, dass das sächsische Kabinett am Freitag über die neue Coronanotfallverordnung beraten werde.

Die Grünen-Fraktion im Landtag begrüßt eine „moderate“ Erhöhung der Teil­neh­mer*in­nen­zahl. Nur so sei sichtbarer Gegenprotest möglich, sagte Innenexperte Valentin Lippmann. „Wenn sich allerorten Menschen rücksichtslos über Regeln hinwegsetzen, dann möchte ich, dass es denjenigen, die sich an die Regeln halten, möglich ist, dagegen klar und mit mehr als zehn Personen Gesicht und Flagge zu zeigen.“

Dieselbe Meinung vertritt die innenpolitische Sprecherin der Linken, Kerstin Köditz. „Eine Änderung wird vor allem der Zivilgesellschaft helfen, die für vernünftige Anliegen eintritt und sich an das Versammlungsrecht hält, genau dadurch aber bisher zwangsweise in der Unterzahl bleibt“, sagte sie der taz. An den „rabiaten“ Coronaprotesten auf Sachsens Straßen werde eine neue Obergrenze aber nichts ändern. „Diese Leute werden weiterhin auf alle Schutzmaßnahmen pfeifen – egal, ob sich nun zehn oder tausend Menschen treffen dürfen.“

Landesregierung berät am Freitag über neue Regeln

Für Albrecht Pallas von der SPD-Fraktion wären weitreichende Lockerungen aufgrund der drohenden Omikronwelle dagegen verfrüht. Zudem werde das eigentliche Problem – die massive Gewalt bei den Protesten gegen Po­li­zis­t*in­nen und Jour­na­lis­t*in­nen – dadurch nicht gelöst.

Mit der Einschränkung des Versammlungsrechts hatte die Landesregierung auf die zeitweise extrem hohen Infektionszahlen reagiert: Sachsen war wochenlang das Bundesland mit der höchsten 7-Tage-Inzidenz Deutschlands, Anfang Dezember lag der Wert bei über 1.000. Inzwischen sind die Zahlen gesunken. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstag eine 7-Tage-Inzidenz von 315,3. Damit nahm Sachsen bundesweit Platz acht ein.

Die schwarz-grün-rote Koalition berät am Freitag über die neue Coronaverordnung, am Mittwoch soll sie beschlossen werden. Ob die Landesregierung die umstrittene Höchstgrenze von zehn Teil­neh­me­r*in­nen bei Kundgebungen darin ausweiten wird, ist offen. Der Antrag der AfD-Fraktion, eine Obergrenze komplett zu kippen, lehnte das sächsische Parlament am Mittwoch im Landtag ab.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ein Rücktritt wäre angemessen.

  • Sollen sie ihnen doch 12 Teilnehmer zugestehen.



    Dann kann die Polizei bei 13 Gegendemonstranten immer noch unter Beweis stellen, zu was sie fähig ist...