piwik no script img

Umverteilung geflüchteter ElternStillende Mutter unter Druck

Das Migrationsamt Bremen will eine Geflüchtete in ein anderes Bundesland schicken. Ihre sechs Monate alte Tochter hätte das Recht zu bleiben.

Trennen geht nicht: Wird eine geflüchtete Mutter umverteilt, muss auch das Kind mit Foto: dpa

BREMEN taz | Das Bremer Migrationsamt hat einer stillenden Mutter mit der zwangsweisen Überstellung in ein Ankerzentrum gedroht. Ihre sechs Monate alte Tochter hingegen hat ein Recht, in Bremen zu bleiben, würde dann aber von der Mutter getrennt werden. „Aus unserer Perspektive übt Bremen Druck auf die Mutter aus, um die Tochter ebenfalls verteilen zu können“, sagt Holger Diekmann vom Bremer Flüchtlingsrat. Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innenressorts, weist das zurück:„Die Vorwürfe vom Flüchtlingsrat sind, gelinde gesagt, abwegig. Eine Bremer Behörde würde niemals Mutter und Kind trennen.“

Die zentrale Aufnahmestelle(Zast) hat Ende September die Verteilung von Amma Osei, die eigentlich anders heißt, in ein anderes Bundesland angeordnet. Nach Paragraf 15a des Aufenthaltsgesetzes können Ausländer, die unerlaubt eingereist sind, auf alle Bundesländer verteilt werden. Dies geschieht nach Quote. Osei ist Anfang des Jahres nach Bremen gekommen und hat eine Aufenthaltserlaubnis beantragt. Ende August kam der Verteilungsbescheid, in dem ihr mit unmittelbarem Zwang gedroht wird.

Der Verteilungsbescheid richtet sich nur an Osei, nicht aber an ihre Tochter, die im Mai 2021 geboren worden ist. „Die Tochter ist nicht unerlaubt eingereist und darf daher nicht verteilt werden, es ist fraglich ob sie die Mutter überhaupt begleiten dürfte“, sagt Diekmann. Gerdts-Schiffler widerspricht: „Ein Kind das in Deutschland geboren wurde, verhindert nicht die Umverteilung der restlichen Familie. Schließlich kann das Kind bei der Verteilung mit der Familie mitgehen.“ Sie beruft sich dabei auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes(OVG) vom 8. Juli 2021, bei dem ein ähnlicher Fall verhandelt wurde.

Mutter geht gegen Bescheid vor

Das OVG gesteht in seiner Begründung einem Kind quasi eine Wahlfreiheit zu, die es nicht haben kann. Schon gar nicht ein Baby von einem halben Jahr. Das Kind muss also bei einer Verteilung mitgehen, schließlich ist es von der Mutter abhängig. Der Anspruch der Tochter Oseis, in Bremen sein zu können, würde durch eine vollzogene Verteilung also nichtig werden.

Amma Osei ist gegen den Verteilungsbescheid vor das Verwaltungsgericht (VG) gezogen. Dies konnte aber kein rechtliches Hindernis feststellen. Das VG erkennt weder die Vaterschaft noch die Wohngemeinschaft der Familie an. Erbrachte Nachweise und eidesstattliche Aussagen werden als nicht glaubhaft bezeichnet. Daher spreche nichts dagegen, die Mutter auf ein Ankerzentrum zu verteilen, so die Logik des Gerichts. „Das Verwaltungsgericht hat den Aufenthalt der Tochter in Bremen nicht berücksichtigt, deswegen klagt Frau Osei jetzt vor dem Oberverwaltungsgericht“, sagt Diekmann.

Das Verfahren hat keine aufschiebende Wirkung. Amma Osei könnte also jederzeit unter Anwendung von „unmittelbarem Zwang“ in ein Ankerzentrum gebracht werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen