UN-Resolution zu Klimakrise: Baerbock kritisiert russisches Veto
Russland verhindert eine Resolution des UN-Sicherheitsrats. Diese hätte erstmals den Klimawandel als globales Sicherheitsproblem definiert.
BERLIN taz | Mit einem Veto hat Russland am Montag im UN-Sicherheitsrat eine Resolution verhindert, die erstmals in der Geschichte des Gremiums den Klimawandel als Problem der internationalen Sicherheit definiert und in den Zuständigkeitsbereich des Sicherheitsrats gebracht hätte. Für den von Irland und Niger eingebrachten Text stimmten 12 der 15 derzeitigen Ratsmitglieder, China enthielt sich, Indien stimmte – ohne Vetorecht – ebenfalls dagegen.
Mit der Resolution wäre der UN-Generalsekretär aufgefordert worden, dem Sicherheitsrat binnen zwei Jahren einen Bericht über die Sicherheitsimplikationen des Klimawandels in relevanten länder- oder regionalspezifischen Zusammenhängen vorzulegen und Empfehlungen auszusprechen, wie der Sicherheitsrat vorgehen könnte.
Genau dagegen hatte Russland schon im Vorfeld starke Bedenken vorgebracht. Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja erklärte, so würde „ein wissenschaftliches und wirtschaftliches Thema in eine politisierte Frage“ verwandelt. Dadurch würde die Aufmerksamkeit von „echten“ Konfliktquellen abgelenkt.
Letztlich, sagte Nebensja, bekäme der Sicherheitsrat mit solch einer Definition einen Vorwand, um praktisch in jedem Land der Welt zu intervenieren: „Dieser Ansatz wäre eine tickende Zeitbombe.“ So sei es beispielsweise alles andere als klar, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und dem Terrorismus gebe.
Kritik kommt auch aus Indien und China
Auch Indien und China bekundeten, das Thema Klimawandel sei in anderen Teilen des UN-Systems richtig aufgehoben, im Sicherheitsrat aber fehl am Platze. Der Sicherheitsrat dürfe keine „politische Show“ abziehen, sagte der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun.
Auf Kritik stieß das russische Veto bei der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). „Das ist sehr bedauerlich“, sagte sie am Dienstag am Rande einer Abrüstungskonferenz in Stockholm. Welt- und Europaweit würde man sehen, „wie stark die Klimakrise ein Konfliktverschärfer ist“. Das Thema Klimakrise gehöre in den UN-Sicherheitsrat, weil es „absolute sicherheitsrelevante Auswirkungen hat und als Treiber gerade in den Regionen wirkt, die ohnehin schon fragil sind“.
Ähnlich hatte sich zuvor auch die deutsche UN-Botschafterin Antje Leendertse geäußert: „Diese Resolution hätte den Vereinten Nationen die dringend nötigen Instrumente an die Hand gegeben, um sich mit Sicherheitsrisiken im Klimazusammenhang zu befassen.“
So sieht das auch die US-Regierung unter Präsident Joe Biden. Noch 2020 hatte die Trump-Regierung neben Russland und China gegen eine ähnliche Resolution ein Veto angekündigt – es kam daraufhin gar nicht mehr zu einer Abstimmung über den von neun Mitgliedsstaaten eingebrachten Entwurf.
Heute sind sich die meisten Staaten des Zusammenhangs zwischen Klimawandel und Sicherheitsfragen bewusst. Bereits bei einer offenen Debatte am 9. Dezember hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres den engen Zusammenhang zwischen Klimawandel und bewaffneten Konflikten in bestimmten Regionen herausgestellt.
„Die Regionen, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind, leiden auch unter Unsicherheit, Armut, schwachen Regierungen und einem Anstieg des Terrorismus“, sagte Guterres. „In Irak und Syrien zum Beispiel hat der Islamische Staat den Wassermangel ausgenutzt und durch die Aneignung der Wasser-Infrastruktur den Gemeinden seinen Willen aufzwingen können.“ (mit dpa, ap, afp)
Leser*innenkommentare
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Gast
"Diese hätte erstmals den Klimawandel als globales Sicherheitsproblem definiert."
Der Klimawandel als globales Sicherheitsproblem?!
Wie gut, dass der Mensch an sich rein gar nichts damit zu tun hat, und sich selber nicht noch als Sicherheitsrisiko einstufen muss, dass könnte arge Konsequenzen mit sich bringen!
Also nicht, dass tatsächlich noch die wahren Verantortlichen aus Versehen zur Rechenschaft gezogen werden, dass wäre ja nicht auszudenken...
Fabian Wetzel
„In Irak und Syrien zum Beispiel hat der Islamische Staat den Wassermangel ausgenutzt und durch die Aneignung der Wasser-Infrastruktur den Gemeinden seinen Willen aufzwingen können.“
Das soll also ein Beispiel sein, wie Klimawandel das Aufkommen von Terrorismus fördert? Falsch. Es ist vielmehr eines, das zeigt, dass und wie politische Akteure sich den Klimawandel zu nutze machen. Eher ein Argument für russische und chinesische Bedenken.
Oder wollen Sie ersthaft behaupten, dass Irak und Syrien durch die Erderwärmung politisch instabil geworden sind?
Michael Renper
@Fabian Wetzel "Es ist vielmehr eines, das zeigt, dass und wie politische Akteure sich den Klimawandel zu nutze machen. "
Richtig, auch solche Kräfte die Regionen destabilisieren können wie der IS.
Klimawandel erzeugt sozialen Stress in Regionen die nicht die ökonomischen Resourcen haben um mit Wassermangel (häufigste Ursache) umgehen zu können. Dies kann kann dann von politishen Akteuten gleich welcher Couleur, auch autoritären Zentralstaaten, für ihre Zwecke ausgenutzt werden aber auch eine Gefährdung darstellen.
Sowohl der Syrien, Irak wie auch Rußland und China sitzen hier in einem Boot. Deswegen die seltene Übereinstimmung.
Leidel
Ich teile die Meinung Chinas.
Thomas Kniep
@Leidel Die Kritik Chinas , die Abstimmung zu diesem Thema sei 'eine politische Show' , entbehrt jeder Begründung. Teile mal weiter so!
97627 (Profil gelöscht)
Gast
Viel verloren wurde da nicht, denn der UN-Sicherheitsrat hat noch nie was auf die Reihe gekriegt. Außer tit for tat ist da nichts zu holen. Trotzdem muss man sagen, 'so würde „ein wissenschaftliches und wirtschaftliches Thema in eine politisierte Frage“ verwandelt' ist natürlich absoluter Humbug. Denn die Politik entscheidet wann und was an Mitigationen und Rahmenbedingungen implementiert wird und nicht "die" Wissenschaft oder Wirtschaft.