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Erfolgsserie von Bundesligist MainzUnd es ward Licht

Vor einem Jahr war Mainz 05 belächelter Abstiegskandidat. Unter Trainer Bo Svensson entwickelte sich das Team zu einer starken Truppe.

Vielfache Freude: Silvan Widmer (l.) freut sich über sein Tor, seine Kollegen freuen sich mit Foto: Toresten Silz/dpa

Mainz taz | Vermutlich hätte der Hausmeister in der Mainzer Arena am Dienstagabend auch kurzzeitig das Licht ausknipsen können, und das Strahlen in den Gesichtern hätte die Heimstätte der Nullfünfer erleuchtet. Einige der 10.000 Zuschauer hatten ohnehin ihre Handylichter angeknipst, um beim beeindruckenden 4:0 gegen Hertha BSC eine vorweihnachtliche Atmosphäre zu erzeugen.

Und natürlich durfte hinterher die Prozedur nicht fehlen, bei der ein Akteur auserkoren wird, der vor der Fankurve auf den Zaun klettert, um per Megafon ein kräftiges „Humba täterä!“ zu brüllen, woraufhin alle wild durcheinander tanzen. Der FSV Mainz 05 ist schließlich ein Verein, bei dem gern gelacht, gesungen und geschunkelt wird.

Während die Berliner im dritten Spiel unter Tayfun Korkut einen „gebrauchten Abend“ erlebt haben, wie der einigermaßen ernüchterte Trainer festhielt, feierten die Rheinhessen nach Toren von Jae-Sung Lee (19.), Alexander Hack (41.), Silvan Widmer (49.) und Jean-Paul Boetius (80.) einen rauschhaften Auftritt. Auch wenn die behäbigen Berliner nach Meinung ihres vermeintlichen Anführers Kevin-Prince Boateng, der nach seiner Einwechslung übrigens wie die Witzfigur eines Bundesligaprofis aufgetreten war, einen „Totalausfall“ beklagten, konnte das die Freude der beschwingten Mainzer nicht schmälern.

Vorstand Christian Heidel wollte „das Highlight der Saison“ gesehen haben. „So stelle ich mir Mainz 05 vor: Da geht einem das Herz auf. Das war ein sehr besonderes Spiel von der Art und Weise, wie wir aufgetreten sind“, sagte der gebürtige Mainzer und fügte noch an: „Riesenkompliment: Das hat richtig nach Fußball ausgesehen.“ Der Nischenklub aus der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt wird ja gern auf Stilelemente wie Intensität und Leidenschaft, Balleroberung und Umschaltfußball reduziert, führt nun aber längere Ballbesitzpassagen im fußballerischen Portfolio, die gemeinhin nur die echten Spitzenteams hinbekommen.

„Super Entwicklung“

„Jeder hatte Bock, Fußball zu spielen“, erklärte der von den Anhängern zum Vorsänger erklärte Verteidiger Hack, der sich vor einer Zaunbesteigung ständig mit im Angriff herumgetrieben hatte. Es brauchte gar nicht das wuselige Sturmduo mit Jonathan Burkardt und Karim Onisiwo, um vier fein herauskombinierte Volltreffer hinzubekommen. Die Mannschaft habe, urteilte Hack, 28, innerhalb eines Jahres eine „super Entwicklung“ hingelegt. Das sei indes nur möglich gewesen, weil sich vor einem Jahr „alle hinterfragt“ hätten. Denn der Kontrast könnte in der Rückschau größer kaum sein. Fast dasselbe Team hatte zu diesem Zeitpunkt des Vorjahrs in der Liga erst lächerliche sechs Punkte gesammelt und leistete sich einen Tag vor Heiligabend noch eine peinliche Pokalpleite gegen den damaligen Zweitligisten VfL Bochum. Es herrschte totale Düsternis.

Das hat richtig nach Fußball ausgesehen

Christian Heidel, Vorstand von Mainz 05, zum Spiel gegen Hertha BSC

Die turbulentesten Weihnachtstage der Vereinsgeschichte begannen. An deren Ende hatten neben Heidel noch Sportdirektor Martin Schmidt und Trainer Bo Svensson angeheuert. Dieses Triumvirat legte den Grundstein zur Wiederbelebung des Klubs, wobei Svensson sich auf dem besten Wege befindet, den in Mainz entwickelten Trainerkoryphäen Jürgen Klopp und Thomas Tuchel nachzueifern. Dabei verbieten sich allein typbedingt solche Vergleiche eigentlich.

Zeitzeuge Heidel schlägt trotzdem die Brücke. Svensson habe Klopp wie Tuchel als Spieler zwar noch erlebt, „aber mich hätte es total gewundert, wenn Bo versucht hätte, einen der beiden zu kopieren“. Der 42 Jahre alte Däne habe einfach auf seine eigenen Stärken gesetzt, laut Heidel „eine überragende Fachkenntnis, eine super soziale Kompetenz – die wichtigsten Eigenschaften, die nur bei einem überdurchschnittlich intelligenten Trainer anzutreffen sind.“ Und damit fange er seine Spieler.

36 Bundesligaspiele hat der Menschenfänger bislang verantwortet und dabei 57 (!) Punkte geholt. Trotzdem klang Svensson gewohnt bescheiden: „Wir haben auf den Platz gebracht, was uns auszeichnet und zu keinem Zeitpunkt nachgelassen.“ Ansonsten: Die Hinrunde sei noch nicht beendet. Es entbehrt für ihn nicht einer gewissen Pikanterie, dass es zum Abschluss zum Rhein-Main-Duell bei Eintracht Frankfurt (Samstag, 15.30 Uhr) geht.

Gegen den großen Nachbarn hatte Svensson damals seinen Einstand als Bundesligacoach gegeben – und 0:2 verloren. Das erste und letzte Spiel des Jahres gegen Frankfurt zu bestreiten, sei für ihn „natürlich ein bisschen komisch“, gestand der Fußballlehrer und geht dabei voller Zuversicht in das ­Duell: „Es wird eine große Herausforderung, aber der Aufgabe stellen wir uns gerne. Ich traue der Mannschaft alles zu.“ Das Licht ist an.

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