taz.berlin-Adventskalender (3): Die ganz große Musik-Koalition
Unser Autor erwärmt sich am übereinstimmenden Musikgeschmack von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Rot-Grün-Rot in Berlin. Und jetzt Schlager!
Die Vorweihnachtshektik unter coronabedingten Masken ist noch anonymer. Und dann öffnet sich plötzlich doch manchmal eine Tür: Eine freundliche Geste, eine Hilfeleistung, ein Gespräch findet statt … Die taz.berlin berichtet in ihrem Adventskalender 2021 von solchen Momenten.
Die berührende Begegnung des Tages ist die mit der gelben Scheibe, die am Donnerstag in schier nicht mehr gekannter Weise dauerhaft an einem blauen Himmel steht. Ein adventliches Geschenk an einem Tag, der einen schon vor Sonnenaufgang beim Zeitunglesen hat grinsen lassen. Denn was wünscht sich die Bundeskanzlerin für das Ständchen der Bundeswehrkapelle – offiziell: Stabsmusikkorps – am Abend zu ihrem Abschied? „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen?
Ja, saß Merkel etwa als CDU-Gast auch dabei, als Rot-Grün-Rot auf Berliner Landesebene über den Koalitionsvertrag verhandelte? Denn Werner Graf, der grüne Landesvorsitzende, hatte doch am Montag bei dessen Vorstellung berichtet, man habe dabei auch gesungen und zwar das Lied vom vergessenen Farbfilm. Was einen dann hoffen ließ, dass die drei Parteien in ihrem Vertrag nicht noch mehr vergessen haben.
Nur ein Zufall? Zwei Polit-Termine, ein Lied? Fast gespenstisch aber wird es, als in den Nachrichten vom zweiten der drei Wunschlieder der Kanzlerin die Rede ist – Nummer drei ist der all time classic „Großer Gott, wir loben Dich“: Merkel will Hildegard Knefs „Für Mich soll's rote Rosen regnen“.
Denn wer regelmäßig diesen Adventskalender verfolgt, hat in der gestrigen Ausgabe etwas von Walzern im heimischen Wohnzimmer als Ersatz für den Corona zum Opfer gefallenen Premierenball gelesen. Was da nicht zu lesen war: Der erste Walzer war gleich zu den Klängen von – na, was wohl? – Knefs roten Rosen.
Breiter Musikkonsens also von der CDU-Kanzlerin über den Grünen-Chef bis hin zur taz. Im Grunde hätte man auch den bedauerlichen Rückzug von Sozialsenatorin Elke Breitenbach mit entsprechendem Liedgut betiteln können. Angeboten hätte sich „Tränen lügen nicht“ von Michael Holm oder „Abschied ist ein bisschen wie sterben“ von Katja Ebstein.
Da war bloß noch zu hoffen, dass das Stabsmusikkorps sich bei der Notenauswahl nicht vergreifen würde. „Für mich soll's rote Rosen regnen“ hat Hildegard Knef nämlich nicht immer allein gesungen, sondern 1993 auch mal mit der NDW-Band „Extrabreit“ – und das klingt doch ein bisschen wilder.
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