von Andreas Rüttenauer : Editorial
Im Umfragerausch, den sich die Sozialdemokraten in Deutschland ja nun beinahe täglich ansaufen können, geht beinahe ein wenig unter, dass sie mit einem Sieg am 26. September ziemlich sicher rechnen können: Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, wird die Landtagswahl wohl gewinnen. Dort wird am selben Tag abgestimmt, an dem auch die Zusammensetzung des neuen Bundestags ermittelt wird. Auf knapp 40 Prozent kommt die SPD in einer Umfrage von infratest dimap, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Verrückt. Man könnte glatt glauben, die SPD sei eine Volkspartei.
Worin der Erfolg begründet liegt? Die Suche nach den Gründen für das irre SPD-Hoch führt direkt zu Manuela Schwesig. Deren steile Karriere hat einst in Schwerin begonnen, wo ein spezielles politisches Treibhausklima herrscht. Diesem ist Schwesig längst entwachsen und schaut nun vom Schweriner Schloss aus auf ihr Land, das sie regiert.
Zu Mecklenburg-Vorpommern haben fast alle Deutschen eine Meinung. Die einen müssen aufstoßen, weil sie an das Fischbrötchen denken, von dem sie so oft aufstoßen mussten. Die anderen tragen in diesen Septembertagen noch ihre Sommerbräune vom Ostseeurlaub ins Büro. Manche müssen sich schütteln, weil sie an Nazis denken.
Zum Davonlaufen hatten viele das Land gefunden, die jetzt wieder zurückkehren. Ja, es ziehen mehr Leute nach Mecklenburg-Vorpommern als das Bundesland verlassen. Sie arrangieren sich mit ihrer alten Heimat; auch wenn es in der Großstadt vielleicht leichter war, wenn man ein wenig anders ist. Für unser MV-Dossier haben drei solche Rückkehrer von ihren Erfahrungen berichtet. Was sie aus den Städten mitbringen, in die sie einst auszogen, wird das Land verändern.
Es hat sich sowieso immer verändert. Flüchtlinge waren es, die das Land, das heute Mecklenburg-Vorpommern heißt und ist, nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt haben. Nein, nicht alle dort tragen Fischerhemd und sprechen Platt. Und doch lebt das Land von den Klischees, die über den Norden kursieren. Der knorrige Fischer gehört gewiss dazu – der echte Fischer findet heute immer weniger Heringe in der Ostsee: eines von vielen Umweltproblemen der Region. Michael Succow, ein echter Umweltpolitiker in der untergehenden DDR, weiß wie kein Zweiter, wie es der Natur geht, was die Menschen mit ihr machen und dass sie mehr Liebe gebrauchen könnte.
Also, schauen wir nach Norden! Es lohnt sich.
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