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Resonanz auf 2G-Modell in HamburgGemischte Gefühle

Genesenen und Geimpften sollen fast normale Events ermöglicht werden. Doch nicht alle in der Veranstaltungsbranche befürworten dies.

Bald wieder dicht an dicht? St.-Pauli-Fans im Dezember 2019 Millerntorstadion Foto: Daniel Bockwoldt / dpa

Hamburg taz | Eigentlich sollte sie Erleichterung bringen: die neue Corona-Verordnung des Senats, die am Samstag in Kraft treten soll. Doch das sogenannte 2G-Modell ist umstritten. Es fallen Worte wie Diskriminierung und Impfzwang. Andere sehen darin eine echte Chance.

2G bedeutet, dass Geimpfte und Genesene ungetestet ins Theater, Stadion oder Restaurant gehen können, ohne den sonst vorgeschriebenen Abstand von 1,5 Metern einhalten zu müssen. Eine Maske müssen sie nur tragen, sofern sie sich bewegen oder keine festen Sitzplätze haben.

Für Ver­an­stal­te­r*in­nen bietet das Modell die Möglichkeit, wieder ihre Besuchskapazitäten auszunützen. Allerdings müssen sie sich für das Modell online anmelden. Sie können aber auch dafür entscheiden, unter den bisher geltenden Beschränkungen Geimpfte, Genesene und Getestete einzulassen.

Der Sprecher der Elbphilharmonie, Jan Reuter, begrüßt den Handlungsspielraum: „Das liegt im Interesse aller geimpften und genesenen Kon­zert­be­su­che­r ­und vieler Veranstalter.“ Es gebe aber noch Unklarheiten: Die Regelung, dass die Beschäftigten ebenfalls geimpft sein müssten, stelle das Konzerthaus „vor große operative und rechtliche Herausforderungen“.

Es ergebe wenig Sinn, auch von Musizierenden auf der Bühne oder Beschäftigten, die keinen Publikumskontakt hätten, eine Impfung zu verlangen. „Wir werden daher vor einer endgültigen Entscheidung die genauen Regelungen abwarten“, sagt Reuter. Bei Veranstaltungen, für die bereits Karten gekauft worden seien, werde das Konzept allerdings nicht nachträglich verändert.

Die Klubszene ist kritisch

Ähnliches sagte auch Sprecher Stephan Jaekel von Stage Entertainment dazu. Das Management wolle sich noch intern beraten. Bei den Monate im Voraus gebuchten Veranstaltungen bleibe es aber bei der alten „Schachbrett-Bestuhlung“.

Die Klubszene zeigt sich dagegen kritisch. Bei einer Umfrage sei die Hälfte der Klubs noch unentschieden gewesen seien, ob sie das Modell umsetzen wollten oder könnten, sagt Kai Schulz, der Vorsitzende des Clubkombinats. Dieses vertritt etwa 110 Musikspielstätten, 55 Ver­an­stal­te­r*in­nen und ein halbes Dutzend Festivals in Hamburg.

„Nach 18 Monaten Dauer-Lockdown der Klublandschaft ist das 2G-Optionsmodell, bei allem Wunsch, wieder aktiv zu werden, jedoch ein Modell, welches uns in eine missliche Lage bringt“, sagt Schulz. Er kritisiert, dass seine Gäste und sein Personal unter Druck gesetzt würden, sich impfen zu lassen.

Ein Freifahrtschein für Geimpfte und Genesene könnte auch den Sport verändern: In Innenräumen könnten bis zu 1.300 Personen zusammenkommen, im Freien bis zu 2.000 Personen. Nach einer Sonderregelung, die ein mit dem Gesundheitsamt ausgearbeitetes Hygienekonzept beinhaltet, könnten sogar Spiele mit bis zu 25.000 Be­su­che­r*in­nen zugelassen werden – der bundesweit geltenden Grenze. Dafür darf aber die Sieben-Tage-Inzidenz einen bestimmten Wert nicht überschreiten.

Kopfzerbrechen beim Hamburger Sportbund

Maarten Malczak, Referatsleiter beim Hamburger Sportbund (HSB), ist skeptisch: Der HSB wolle erst einmal abwarten, wie die ausgearbeitete Verordnung am Freitag aussehe. Die Erfahrung der letzten Jahre habe gezeigt, „dass der Teufel bei solchen Verordnungen häufig im Detail liegt“.

Ihm bereite Kopfzerbrechen, dass die Ver­an­stal­te­r*in­nen selbst den Impfstatus der Be­su­che­r*in­nen kontrollieren müssten: „Es ist die Frage, ob Sportvereine dazu in der Lage sind, das selbst zu kontrollieren.“ Gerade ehrenamtlich geführte Vereine könne das überfordern.

Vom Profisport kommen positive Töne. So bezeichnet Oke Göttlich, der Vereins-Präsident des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli, das 2G-Modell als logischen und sinnvollen Weg, um die Normalität wieder herzustellen. Das 2G-Modell erhöhte die Chance, „die Stadien wieder voll zu bekommen“, sagt er.

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6 Kommentare

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  • G2 ist doch alternativlos und ich verstehe diese merkwürdigen Argumente dagegen nicht, von wegen Impfzwang. Imfzwang wird immer so dargestellt, als wäre das etwas ganz Schlimmes und jede*r sollte selbst persönlich über Impfungen entscheiden können. Aber das Impfen gegen COVID ist ja eben keine persönliche Entscheidung sondern betrifft die gesamte Gesellschaft, und wenn nicht alle Mitmachen, leidet die gesamte Gesellschaft darunter. Vor allem die Kinder und diejenigen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht imfen lassen können. Deshalb ist G2 aus meiner Sicht eine Frage der Solidarität! Das ist jetzt zu Beginn verständlicherweise etwas kompliziert, aber wenn man sich erst einmal darauf eingestellt hat, wird das ganz einfach funktionieren.

    • @Hotte2:

      Es gibt Menschen, etwa chronisch krank oder schwanger, die sich nicht impfen dürfen. Sie werden diskriminiert.

  • > "Er kritisiert, dass seine Gäste und sein Personal unter Druck gesetzt würden, sich impfen zu lassen."

    Finde ich wesentlich besser, als das massenweise Krankenschwestern, Pfleger und Ärztinnen unter Druck gesetzt werden, schwerkranke und sterbende auf Intensivstationen zu pflegen, die in Zukunft auch noch immer jünger werden werden. Die machen das nämlich auch nicht freiwillig, vor allem wenn es gar nicht nötig ist.

    Nee, ich finde nicht, dass die Konzertbranche auf deren Rücken Geld verdienen soll.

    • @jox:

      und wenn er einfach nur meinte, das 3G besser wäre?

      Auch wenn es Herr Spahn nicht hören will - aber die Impfdurchbrecher gehen in die Tausende. Somit wäre es besser immer alle zu testen - sonst verbreiten die Geimpften den Virus ohne es zu merken und stecken z.B. zu Hause ihre Kinder an ...

      • @Gastnutzer 42:

        > Somit wäre es besser immer alle zu testen

        Dass es besser wäre, bei Veranstaltungen in Innenräumen alle zu testen, dem stimme ich allerdings zu. Weil nämlich das Impfen alleine bei den derzeitigen Impfstoffen und der derzeitigen Impfquote nicht ausreicht, die Pandemie zu ersticken.

        Also braucht man, ob man will oder nicht, weitere Maßnahmen, und die Tests sind, wie auch die Masken, auf der einen Seite kostengünstig und auf der anderen Seite wirkungsvoll. Die Alternative wäre eine extreme und schnelle Durchseuchung der Menschen ohne Impfung und der Kinder, und die ist nicht akzeptabel.

      • @Gastnutzer 42:

        Es gibt Impfdurchbrüche, aber relativ gesehen eben nur sehr wenige unter vielen Millionen von Leuten mit Impfung. Das Risiko, sich bei jemand der geimpft ist, zu infizieren, ist sehr viel geringer, als bei Menschen ohne Impfung.

        Das kann man auch gut sehen, wenn man z.B. die aktuelle Situation in New York mit der in Florida, Mississippi, Missouri, Texas usw vergleicht: Der wesentliche Faktor ist die höhere Impfquote.

        In Missouri/Mississippi gibt es sogar schon wieder eine neue Variante, eine neue Unterart von Delta, mit der Bezeichnung AY.3, die augenscheinlich noch infektöser ist, denn in Grossbritannien wächst ihr Anteil auf Kosten der hochansteckenden Delta Variante.