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Stellungnahme des Senats zu DW EnteignenPolitik mit Zahlen

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Der Stellungnahme des Senat zum Volksbegehren ist nur scheinbar neutral. Die Nennung hoher Entschädigungskosten ist tückisch.

Finanzsenator Matthias Kollatz hat keine DW Enteignen-Mappe. Bürgermeister Michael Müller auch nicht Foto: dpa

W enn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Übersetzt auf Berlin könnte das heißen: Wenn sich SPD und Linke streiten, freut sich Deutsche Wohnen & Co enteignen. Weil beide Parteien entgegengesetzte Ansichten zur Vergesellschaftungsinitiative vertreten, bleibt eine eindeutige Positionierung des Senats zum Volksentscheid aus.

Die Volksinitiative hat also das Privileg, dass ihrem Text in den Amtlichen Wahlunterlagen, die am 15. August an alle Wahlberechtigten verschickt werden, keine Stellungnahme des Senats gegenübersteht, die die Wäh­le­r*in­nen auffordert, die Initiative abzulehnen. Die in dieser Frage ebenso zerstrittene Koalition im Abgeordnetenhaus wird gar nicht mit einem Text vertreten sein. Für DW Enteignen ist das ein Vorteil, denn viele Wäh­le­r*in­nen werden sich anhand dieser Unterlagen erstmals mit dem Vorhaben beschäftigen.

Der vage Kompromisstext, auf den sich der Senat am Dienstag, auch mit Zustimmung der hier passiven Grünen einigte, bietet dennoch so einige Fallstricke und für die Initiative wenig förderliche Argumente. Das notwendige Vergesellschaftungsgesetz wird als „politisch und juristisch umstritten“ bezeichnet.

Noch brisanter ist die Nennung von Zahlen, die sich aus der Kostenschätzung des Senats ergeben. Demnach sei von „Entschädigungskosten von 29 bis 39 Mrd. Euro“ auszugehen – inklusive eines Zuschusses aus dem Landeshaushalt von 6 bis 9 Milliarden. Die scheinbar neutrale Betrachtung hat es in sich, vermittelt sie doch: Das Vorhaben, das 224.000 Wohnungen in die öffentliche Hand überführen will, ist viel zu teuer.

Die 39 Milliarden liegen noch einmal drei Milliarden über der Höchstgrenze, die in der Kostenschätzung vom März 2019 angegeben wurden. Grund dafür ist die Fortschreibung der Zahlen anderthalb Jahre später, um die weitere Marktpreisbildung abzubilden. Alle Geg­ne­r*in­nen haben es nun schwarz auf weiß. Selbst der rot-rot-grüne Senat rechnet mit Kosten von fast 40 Milliarden Euro. Die Zahl wird in den kommenden Monaten sehr, sehr häufig zu hören sein.

Tatsächlich aber sind die Senatszahlen politisch motiviert, weder unter Ex­per­t*in­nen diskutiert, noch zwingend notwendig. Schon der Aufschlag von drei Milliarden im Vergleich zur ersten Rechnung zeigt, dass sich hier an Marktwerten orientiert wird. Doch das Gesetz verlangt das nicht. Für Entschädigungskosten bei Vergesellschaftung ist im Grundgesetz lediglich eine Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten gefordert. Auf Grundlage einer Definition des allgemeinen Interesses kommt die Initiative selbst lediglich auf Kosten von 8 bis 10 Milliarden. Die hierfür notwendigen Kredite wären ohne Belastung des Haushalts vollständig aus den Mieteinnahmen zahlbar.

Welche Entschädigungen schlussendlich fällig werden, ist also keineswegs ausgemacht. Dass es die Höchstzahlen dennoch in den Senatstext geschafft haben, ist der SPD zu verdanken, die das Begehren unbedingt scheitern sehen will. Die Linke hat das geschehen lassen.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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4 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Einfach mal anfangen mit dem Rückkauf. Man muss ja nicht alles auf einen Schlag zurückkaufen. Lässt sich alles regeln.

  • Also beim Erwägen von Interessen, NICHT NUR der armen, armen Wirtschaft (die ja schon Milliarden damit gemacht hat und noch mehr machen will), sondern und insbesondere der Gesellschaft mit geringen und mittleren Einkommen, dann einfach nur die aktuelle Marktlage Plus Aufpreis zu nehmen, würde natürlich ganz ganz entgegen dem eigentlichen Gesetz stehen der dies ermöglichen würde.

    Anstatt der Wirtschaft hier wirklich mal die Grenzen aufzuzeigen, setzt sich der Lobbyismus bei der SPD wieder einmal durch. Wer immer noch behauptet die SPD wäre eine Partei die die "soziale" Marktwirtschaft einfordert. Dürfte sozial nur im Kontext von Kosten sozialisieren, Gewinne privatisieren kennen!

    Danke Linke das ihr weiterhin die Stirn bietet!

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Daniel Drogan:

      Ich vermute mal die sogenannte "soziale Marktwirtschaft" eines Ludwig Erhards würde heute dem Programm der Linken viel näher kommen als der CDU/CSU.

      Ich bin auch dafür die Enteignung voranzutreiben. Dafür habe ich unterschrieben.

      • @17900 (Profil gelöscht):

        *thumbsup*