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Streit um grüne Landesliste im SaarlandUlrich gibt auf

Hubert Ulrich wollte Spitzenkandidat der Saar-Grünen im Bundestag werden – nun ist er mit einem Eilantrag gegen seine eigene Partei gescheitert.

Vor dem Landgericht mit einem Eilantrag gegen die eigene Partei gescheitert: Hubert Ulrich Foto: BeckerBredel/imago

Saarbrücken taz | Der bisherige Spitzenkandidat der saarländischen Grünen für die Bundestagswahl, der 63-jährige ehemalige Landesvorsitzende Hubert Ulrich, hat im Streit um seine Kandidatur aufgegeben. Am Dienstag ist er vor dem Landgericht Saarbrücken mit einem Eilantrag gegen die eigene Partei gescheitert.

Er wollte per gerichtlicher Anordnung durchsetzen, dass der Landesvorstand die am 20. Juni bestimmte KandidatInnenliste mit ihm an der Spitze bei der Landeswahlleiterin einreichen muss. Das Landesschiedsgericht der Grünen in Rheinland-Pfalz hatte die Liste unmittelbar vor der Verhandlung vor dem Landgericht für ungültig erklärt.

Bei der Listenaufstellung im Juni sei gegen das Frauenstatut der Partei verstoßen worden; außerdem hätten je zwei Vertreter der Grünen Senioren und der Grünen Jugend mitgewählt, die formal nicht stimmberechtigt gewesen wären, so die Begründung des Schiedsgerichts.

Parteiinterne Opposition setzt sich durch

Damit ist der Weg für die fristgerechte Aufstellung einer neuen Landesliste zur Bundestagswahl frei. Vorsorglich hatte der Landesvorstand der Saar-Grünen für Samstag einen Landesparteitag einberufen, der jetzt eine neue Liste wählen kann. Spätestens am 19. Juli muss eine rechtlich gültige Liste bei der Landeswahlleiterin eingereicht sein, sonst wären die Grünen im Saarland nicht auf den Stimmzetteln zur Bundestagswahl vertreten.

Ulrich selbst kündigte unmittelbar nach der Gerichtsverhandlung an, nicht erneut antreten zu wollen. Mit seinem Rückzug hat sich die parteiinterne Opposition gegen das Comeback des früheren Landesvorsitzenden Ulrich durchgesetzt.

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15 Kommentare

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  • Sexismus pur bei den Grünen. Daran hätte ich früher nicht mal im Traum dran gedacht.

    • 0G
      09399 (Profil gelöscht)
      @Black & White:

      du meinst den plumpen versuch von ulrich, ein statut, das sich die grünen selbst gegeben haben, einfach machtvoll zu übergehen, nur um sich selbst in den bundestag zu boxen?



      gut für die grünen, dass das nicht funktioniert hat.

      • @09399 (Profil gelöscht):

        "ein statut, das sich die grünen selbst gegeben haben", daran habe ich gedacht.

        Wie kann eine Partei, die sich dem demokratischen Spektrum zurechnet, so ein Statut beschließen? Wieso werden in diesem Statut undemokratische und auch sexistische Spielregeln festgelegt?

        Gleichberechtigung wird zum ad absurdum geführt.

      • @09399 (Profil gelöscht):

        Du kannst nicht wegdiskutieren, dass das Frauenstatut spätestens dann zum Problem wird, wenn es demokratische Mehrheiten annulliert. Das ist keine Frauenförderung mehr, das ist religiöse Dogmatik.

        • @Suryo:

          Nennen wir es beim Namen: Nicht Stimmberechtigte abstimmen lassen, ist Wahlbetrug. Demokratische Mehrheiten kann man so nicht feststellen.

          Es geht auch nicht um einfache Frauenförderung, sondern darum, Frauen gleichberechtigt an der Gesetzgebung zu beteiligen, in Parlamenten, die nach wie vor von Männern dominiert werden. Die Grünen sind da seit jeher die Vorreiter*innen.

          Wer das nicht sieht, folgt vielleicht selbst einer Dogmatik, und hat wohl auch nicht vor, grüne Programmatik nachzuvollziehen.

          • @What would The Doctor do?:

            "Frauen gleichberechtigt an der Gesetzgebung zu beteiligen"

            Gleichberechtigung kann man aber nicht an der Zahl bemessen sondern muss man an der Chancengleichheit bemessen.

            Denn würde man sich an der Zahl orientieren, dann müsste man auch bei Behinderten, Migranten, Senioren, Studenten, Arbeitslosen etc. etc. Quoten festlegen.



            Das würde am Ende zu einem nicht mehr lösbaren Puzzle werden.

            Es kommt nicht auf die Zahl an, sondern darauf, daß die Chancen die gleichen sind. Ich wüsste nicht mit welchem Argument man sagen kann, daß die Chancen von Frauen bei den Grünen im Jahr 2021 noch geringer seien.

    • @Black & White:

      Ach was. Ungerade Listenplätze besetzen Bündnis 90/Die Grünen mit Frauen. So wird mindestens Parität in der Fraktion erreicht (ausgenommen Direktkandidat*innen), um den Frauenanteil in den Parlamenten zu stärken. Das ist sinnvoll und läuft gewöhnlich reibungslos.

      Hubert Ulrich ist mit seinem Egotrip gescheitert und hat das Handtuch geworfen. Der Weg ist frei für eine satzungsgemäße Listenaufstellung.

      • @What would The Doctor do?:

        Na ja. Die Mindestquotierung ist nur ein einzelnes Beispiel von „reibungslosem“ Sexismus, wenn ich mir das Frauenstatut der Grünen näher anschaue. Diese Taschenspieler-Tricks haben die Grünen doch gar nicht nötig.

        Es gibt genug diskriminierungsfreie Möglichkeiten Frauen sinnvoll zu unterstützen. Und diese haben zudem einen Riesenvorteil: sie machen die Grünen glaubwürdig.

        • @Black & White:

          Im Kampf für Geschlechtergleichberechtigung sind die Grünen /sehr/ glaubwürdig. Sie stellen die weiblichsten Fraktionen und die erste emanzipatorische Kanzlerkandidatin überhaupt.

          Einen Hubert Ulrich, der sich mit illegalen Mitteln und Vitamin B Vorteile sichern will, wird es immer wieder geben. Wie man sieht, hat das bei den Grünen keine Zukunft. Deshalb sind klare Regeln so notwendig, wie nützlich.

          • @What would The Doctor do?:

            Gleichberechtigung bezieht sich lt. Grundgesetz auf Individuen, z.B. die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau.

            Im Gegensatz dazu wird bei der Geschlechter-Gleichberechtigung a la Grünen dem Quotendedanken gefolgt, d.h. einer Gruppe soll ein gewisser Anteil zustehen.

            Dieses Konstrukt widerspricht aber häufig der individuellen Gleichberechtigung, wie sie im GG formuliert ist, wie z.B. in diesem Fall. Genau das ist das Paradoxe daran.

            Trotzdem haben Sie absolut Recht: nach den klaren Regeln der Grünen scheint die Partei sehr erfolgreich zu sein und H. Ulrich hat dagegen verstoßen.

            D.h. aber nicht, dass diese Regeln besonders gut sind. Im Gegenteil, in diesen Regeln wimmelt es leider von Diskriminierung und Sexismus.

            Die Grünen hatten nur bisher das Glück, dass dieses Frauenstatut bisher nicht in der breiten Öffentlichkeit bekannt war.

      • @What would The Doctor do?:

        Die Grünen haben im Saarland aber noch nie mehr als Listenplatz 1 in den Bundestag bekommen. Und so wie sie sich aktuell aufführen, wird das bei diesdr Wahl auch nichts.

        de.m.wikipedia.org...%C3%BCnen_Saarland

        "Ungerade Listenplätze besetzen Bündnis 90/Die Grünen mit Frauen."

        Stimmt im Saarland auch nicht, seit 2009 sitzt Markus Dressel dank Listenplatz 1 im Bundestag. Ich wäre schwer überrascht, wenn der eine Frau ist...

        www.bundeswahlleit...-b22f-4a72d6653262

      • @What would The Doctor do?:

        Es gab wohl laut den Grünen in Saarbrücken keine geeignete Frau, um auf Listenplatz 1 zu kommen.



        Wo ist hier das Demokratieprinzip, dass man als Stimmberechtigter nicht mehr wählen darf, den man möchte?

        • @Hennes:

          Es gibt ja für diesen Fall die Möglichkeit, dass auch Männer sich für Listenplatz 1 bewerben können. Es hätte jedoch nicht dazu kommen dürfen, dass auch nicht Stimmberechtigte mit abstimmen konnten, um genau diese Situation herbeizuführen. (Wie war das überhaupt möglich? Das sollte man aufarbeiten.)

          Das ist absolut inakzeptabel. Wahlbetrug. Deshalb wurden Schiedsgerichte angerufen, und deshalb ist es am parteiinternen Widerstand gescheitert. Das ist doch alles bekannt, oder?

          • @What would The Doctor do?:

            "dass auch nicht Stimmberechtigte mit abstimmen konnten, um genau diese Situation herbeizuführen."

            Ob die das wirklich mit herbeigeführt haben, wage ich zumindest bei der Grünen Jugend zu bezweifeln, die werden hoffentlich nicht für Ulrich gestimmt haben, aber ansonsten völlig d'accord.

            Ich verstehe das bis heute nicht, das man auf einmal mehr Stimmen als Wahlberechtigte hatte und das angeblich niemandem aufgefallen ist.

            Und nicht, dass das falsch rüberkommt, ich habe keine Sympathien für Ulrich, ich halte das für ein komplettes Desaster.

  • RS
    Ria Sauter

    Wäre höchste Zeit für ihn, die Partei zu verlassen. Er hat ihr noch nie gutgetan.