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Curevac-Impfstoff ist zu wenig wirksam

Der Misserfolg bedeutet einen Rückschlag für die globale Impfkampagne. Das deutsche Ziel, im Sommer alle zu impfen, ist dagegen nicht gefährdet

Von Julian Jestadt und Malte Kreutzfeldt

Vor einem Jahr war Curevac noch der größte Hoffnungsträger unter den möglichen Lieferanten für einen Corona-Impfstoff. US-Präsident Donald Trump soll erwogen haben, beim Tübinger Biotech-Unternehmen einzusteigen. Um Übernahmen aus dem Ausland zu verhindern, hat sich die Bundesregierung im letzten Sommer über die Staatsbank KfW mit 23 Prozent am vermeintlichen Shootingstar beteiligt, an dem SAP-Gründer Dietmar Hopp die größten Anteile hält. Elon Musk wollte mit Curevac kooperieren, Bayer stieg im Januar als Produktions- und Vertriebspartner ein.

Jetzt folgt der jähe Absturz: In der entscheidenden Großstudie lag die Wirksamkeit des Curevac-Impfstoffs gegen eine Covid-19-Erkrankung jeglichen Schweregrads und gegen alle Varianten nur bei 47 Prozent – und damit nicht nur weit unterhalb des Werts der bereits zugelassenen Konkurrenten Biontech, AstraZeneca und John­son &John­son, sondern auch unterhalb der für eine Zulassung mindestens erforderlichen Schwelle.

Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag bemühte sich die Firmenleitung von Curevac, das Ergebnis herunterzuspielen. Für genauere Angaben müsse man die finale Analyse und robustere Daten abgewartet, hieß es. „Wo wir landen, ist bisher nicht abzusehen“, sagte Franz-Werner Haas, Vorstandsvorsitzender von Curevac. Trotz der enttäuschenden Daten werde die Studie nun fortgesetzt. Endgültige Ergebnisse könne man in zwei bis drei Wochen erwarten. Die Konkurrenten Biontech und Moderna hatten mit ihren Vakzinen eine hohe Messlatte gelegt: Sie zeigten in den entscheidenden Studien eine Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent.

Eine zentrale Herausforderung für die Wirksamkeit des Impfstoffs von Curevac sei das Auftreten neuer Virusvarianten. „Wir haben festgestellt, dass es sehr schwierig ist, eine hohe Wirksamkeit angesichts der großen Bandbreite an Virusvarianten zu demonstrieren“, sagte Haas. An der Studie nahmen 40.000 Probanden aus 10 Ländern Europas und Lateinamerikas teil. In die vorliegende Analyse wurden 124 Covid-19-Fälle einbezogen.

An der Börse halbierte sich der Kurs des Unternehmens bis Donnerstagnachmittag. Doch nicht nur für die Aktionäre ist das Scheitern eine schlechte Nachricht – dramatisch ist es für all jene Länder, in denen die Impfkampagne noch am Anfang steht: Dort hätte der Curevac-Impfstoff eine große Rolle spielen sollen, deutliche Verzögerungen sind absehbar.

In Deutschland dagegen spielt Cure­vac in den Planungen schon länger keine Rolle mehr. Hier ist auch ohne Lieferungen des Unternehmens und trotz Lieferschwierigkeiten etwa bei Johnson & Johnson davon auszugehen, dass Ende Juli, spätestens im August alle, die geimpft werden dürfen und wollen, mindestens erstgeimpft sind. Bis Ende September sollten dann auch die Zweitimpfungen weitgehend abgeschlossen sein.

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