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Erinnerung an die Verbrechen in NamibiaLandschaft an Straße

Werbeflächen, die gerade im „Afrikanischen Viertel“ auftauchen, halten dem kolonialistischen Zerrbild von Afrika einen schwarz-weißen Realismus vor.

Ansicht im Straßenraum: „We have to see but not to see – Namibia“ von Abrie Fourie Foto: Changing Room, 2021

Der Exotismus fällt eigentlich in das späte 19. Jahrhundert. Doch diese kolonialistische Kulturtechnik spukt noch heute herum. Im „Afrikanischen Viertel“ mit seiner „Kongostraße“ und seinen Schaufenstern, die auch mal mit kleinen Stoffgiraffen als alltägliche Verfestigung eines exotistischen Bildes vom vermeintlich „wilden Afrika“ dekoriert sein können, ist der Spuk besonders sichtbar.

Doch die Fotografien einer in staubigen Weiten verschwindenden Straße oder des knochigen Geästs eines Köcherbaums, die derzeit im Afrikanischen Viertel auf Werbeflächen auftauchen, halten diesem Zerrbild von Afrika einen schwarz-weißen Realismus vor.

tazplan

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Die Plakataktion

Changing Room: „We have to see but not to see – Namibia“ von Abrie Fourie, Plakataktion bis ca. Ende Juli an unterschiedlichen Orten Berlins, vornehmlich im Wedding; „Indifference“ von Nicola Brandt, Filmstream bis 27. Juni, www.changing-room.com

Die Ma­che­r:in­nen des Weddinger Projektraums Changing Room haben diese Bildserie der Künstlerin Abrie Fourie aus den 1990er Jahren ausfindig gemacht und lassen den Sommer über ihre nüchternen Aufnahmen von flachen Wüstenlandschaften im Berliner Stadtraum aufhängen, aus deren Horizont die verlassene Zugstation Grasplatz oder die verwaiste Diamantenstadt Kolmannskuppe hervorkommen.

Die Orte, die dann plötzlich zwischen Maggi-Werbung und Autoparkplatz auf einer Werbewand erscheinen, zeigen auch Relikte der deutschen Kolonialzeit im heutigen Namibia. Die 21 Jahre deutscher Kolonialherrschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind ein dunkles Kapitel.

Es brachte Figuren wie den Kaufmann und Kolonialverbrecher Adolf Lüderitz hervor, der bis heute im besagten Afrikanischen Viertel mit einer Lüderitzstraße geehrt wird (eine Straßenumbenennung ist derzeit im Gang). Changing Room hat seine Adresse in dieser Lüderitzstraße.

Zu einem Zeitpunkt, an dem die deutschen Verbrechen in Namibia langsam in das öffentliche Bewusstsein gelangen – gerade erst erkannte die Bundesregierung die Gräueltaten an die Herero und Nama als Völkermord an –, stoßen die Ma­che­r:in­nen von Changing Room diesen zähen Bewusstseinswandel mit ihrem feinen, künstlerischen, im Alltag platzierten Dekolonialisierungsprojekt an.

Virtuell ergänzen sie die Plakatkampagne mit einem Online-Filmprogramm auf ihrer Website. Derzeit läuft mit „Indifference“ von Nicola Brandt eine Aufarbeitung der emotionalen Relikte der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia.

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3 Kommentare

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  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Die Geschichte Namibias auf 21 Jahre Kolonialismus zu reduzieren erscheint kurzsichtig und trotzdem notwendig. Aber was war 500 Jahre vorher und wichtiger was passierte in den letzten 100 Jahren? Warum schaffte es Namibia nicht, nach 1914, eine funktionierende Demokratie zu werden. Lag es an der jahrzehntelangen Knechtung durch Südafrika oder den nachfolgenden Befreiungskämpfen? Wer hat die Bevölkerung in den letzten 100 Jahren bluten lassen?

  • "...Figuren wie den Kaufmann und Kolonialverbrecher Adolf Lüderitz hervor, der bis heute im besagten Afrikanischen Viertel mit einer Lüderitzstraße geehrt wird (eine Straßenumbenennung ist derzeit im Gang)."

    Solange in Namibia die Ortschaft Lüderitz problemfrei ohne Umbenennung weiterexistiert, frage ich mich doch hie und da, ob nicht irgendwo ein Ungleichgewicht besteht...

    • @Encantado:

      What about ...



      Wollen Sie ernsthaft den Menschen in Namibia eine Verantwortung für die Aufarbeitung der von Deutschen begangenen Verbrechen zuschieben?



      Die Benennung von Orten in anderen Ländern überlassen wir bitteschön den Menschen die dort leben. Unsere Aufgabe ist die Reflektion unseres (unserer Vorfahren) Anteils an der Geschichte.