Gesunkenes Schiff vor Sri Lanka: Mikroplastik und tote Meerestiere
Ende Mai brach Feuer auf dem Containerschiff MV X-Press aus. Die Fracht aus Chemikalien, Kunststoff und Treibstoff bedroht nun Sri Lankas Küste.
Zwischen weißen Kunststofftropfen navigieren Krabben an Sri Lankas beliebten Sandstränden. Sie sind kaum wiederzuerkennen. Marinesoldaten in Schutzanzügen schaufeln die Kügelchen und Trümmer in Säcke. Auf 100 Kilometern Küste haben sich Teile der Fracht des mittlerweile auf Grund gesunkenen Containerschiffes „MV X-Press Pearl“ verbreitet. Von Gujarat in Westindien aus war das in Singapur registrierte Schiff mit 1.486 Containern beladen, unter anderem mit 25 Tonnen Salpetersäure, Chemikalien und Plastikgranulat, aufgebrochen.
Vor dem Hafen der Hauptstadt Colombo ereignet sich dann das Unglück: Am 20. Mai brach auf der „X-Press Pearl“ Feuer aus, das sich nach einer Explosion verstärkte. Chemikalien und Rohstoffe für Kosmetika wurden Berichten zufolge durch den Brand größtenteils zerstört. Dunkle Rauchsäulen fraßen sich fast zwei Wochen lang in den Himmel, während versucht wurde, das Feuer zu stoppen. Allerdings mit Wasser statt mit Löschpulver, sagt Hemantha Withanage, was das Schiffsheck schwerer werden ließ und mit zum Sinken brachte.
Withanage ist Direktor des Zentrums für Umweltgerechtigkeit (CEJ) in Colombo. Sri Lanka brauche internationale Unterstützung, um Schlimmeres abzuwenden. „Der Treibstoff muss abgepumpt, die Container mit Gefahrgut und das Wrack müssen geborgen werden“, sagt er der taz. Am Mittwoch war bereits ein Ölteppich am nahen Strand des Urlaubsorts Negombo zu sehen.
Der Umweltwissenschaftler mahnt, dass der Inselstaat an einer beliebten Schifffahrtsroute liegt. Deshalb sei ein Notfallplan für Schiffsunglücke nötig. Er erinnert an den Tanker New Diamond, der im September vor Sri Lanka eine Ölpest verursachte. Offiziell heißt es, Schiffe der indischen Küstenwache vor Ort könnten einen Ölteppich verhindern. Die Sorge ist aber groß, denn die X-Press Pearl soll unter anderem 278 Tonnen Schweröl und 50 Tonnen Kraftstoff geladen haben.
Laut Withanage kam die Hilfe aus dem benachbarten Indien, um zunächst den Brand zu löschen, mit mehreren Tagen Verzögerung spät. Der Tanker soll zudem schon 1.000 Kilometer zuvor ein Leck gehabt haben, von dem der Kapitän vermutlich wusste. Vor Colombo stürzten dann mehrere Container vom brennenden Schiff ins umliegende Meer.
Seit Montag laufen die Ermittlungen gegen Reederei und gerettete Besatzung. Sri Lanka will Entschädigungsansprüche angesichts der großen Umweltschäden geltend machen.
Auch Withanage arbeitet an einer Grundrechtsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof. Das Ausmaß der Zerstörung wird davon abhängen, wie schnell eine Bergung möglich ist. Leidtragende sind nicht nur die tot und mit Plastik gefüllten Mägen angespülten Meerestiere. Fischer versuchen verzweifelt, ihren Fang zu verkaufen, aber die Nachfrage ist eingebrochen. Zuvor hatte die Regierung die Fischerei untersagt.
Die Vorsitzende der Meeresschutzbehörde MEPA, Dharshani Lahandapura, sprach von der schlimmsten Umweltkatastrophe für den Inselstaat, die sie je erlebt habe.
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