Neue ZDF-Serie „Lu für Loser“: Sie hatte das anders bestellt
In Alice Gruias „Sadcom“ hadert eine Frau mit ihrer Mutterschaft. Eine innovative Serie mit kurzen Folgen, aus dem Versuchslabor des ZDF.
Genervtsein über aktuelles Befindlichkeitsgedöns ist bei Weitem keine Generationenfrage, dafür ist die neue „Sadcom“ im ZDF ein gutes Beispiel. In „Lu von Loser“ kriegt Protagonistin Lucia, genannt Lu, gleich zu Anfang von ihrer Therapeutin bei der Familienaufstellung zu hören: „Alles in deinem Leben bricht zusammen. Merkst du das?“
„Lu von Loser“, acht kurze Episoden, im ZDF ab Mo., 10.5., 23.55 Uhr – oder in der ZDF-Mediathek.
Eine „Hymne ans Scheitern“ hatte Drehbuchautorin und Darstellerin Alice Gruia im Sinn bei ihrer acht kurze Folgen (keine länger als zehn Minuten) umfassenden Serie, als „Ausdruck des Lebensgefühls einer Generation – meiner Generation“. Man kann sie in „Club der roten Bänder“ oder einigen anderen Fernsehproduktionen gesehen haben – aber das Gesicht von Gruia gehört definitiv zu den noch unverbrauchten im deutsche Fernsehen.
Die Situation übrigens, dass sich eine junge Schauspielerin den Job eben selbst besorgt – als Regisseurin, Autorin und Hauptdarstellerin ihrer eigenen Serie –, könnte man als „hoffnungslos, aber nicht ernst“ bezeichnen. Schließlich gab es doch … nein, nicht Lena Dunham oder Phoebe Waller-Bridge … Frankie Shaw war das, mit dieser tollen Serie („SMILF“) über eine nach herkömmlichen Maßstäben nicht allzu mädchenhafte junge Single-Mutter im rauen Bostoner Süden.
Lu kommt aus nicht eben privilegierten Verhältnissen, wohnt nun wieder bei ihrer Mutter, während sie mit ihrer Schwangerschaft hadert. Gruia: „Sie fühlt sich einfach wie im falschen Film. Sie hatte einfach was ganz anderes bestellt. Nicht diesen Typ, der jetzt Vater ihres Kindes wird, zum Beispiel. „Mein Leben: ein Theaterstück. Eine Farce. Und ich guck zu. Irgendwo in der letzten Reihe, wo man nicht alles mitbekommt.“
ZDF sucht Anschluss
„Doch nicht nur passiv ist Lu, sondern auch aggressiv, zynisch, unreif, mutig, direkt, destruktiv, unnahbar“, so definiert sie Alice Gruia. Und könnte damit bei allen anderen, die angesichts der Aufforderung „Lach doch mal!“ gerne schon mal zugeschlagen hätten, es aber nie getan haben, auf offene Ohren stoßen.
Mit den offenen Augen ist das hingegen so eine Sache, bei dem Sendetermin. Das ZDF wäre so gerne innovativ, um den Anschluss an „die jüngere Zielgruppe“ nicht zu verpassen – aber nur nach Mitternacht, wenn’s keiner sieht. Die jüngere Zielgruppe kann mit der Schauspielerin Senta Berger, die diese Woche ihren Achtzigsten feiert, möglicherweise nicht mehr so viel anfangen.
Das Zweite spendiert ihr aber um 20.15 Uhr einen Film, in dem eine Frau, gespielt von Senta Berger, damit hadert, dass sie „An seiner Seite“ ein Leben lang mit ihren eigenen Ansprüchen zurückgesteckt hat. Mit einem ganz ähnlichen Exemplar Mann hatte sie, die Berger, es 35 Jahre zuvor schon einmal zu tun gehabt. „Kir Royal“ heißt der Sechsteiler aus einer Zeit (1986), als die Öffentlich-Rechtlichen ihre innovativsten Serien-Formate noch zur Primetime zeigten.
Das war, als es noch einen Sendeschluss gab, und dann das Testbild gesendet wurde – mit angeblich einer immerhin noch höheren Einschaltquote als Arte sie hat(te).
Heute also überbieten sich die Mainzer geradezu selbst mit der ständigen Neuerfindung von Titeln aus dem hauseigenen „Formatlabor Quantum“, aber heimlich, für die Nachtwache. So gibt es in dieser Woche neben „Lu für Loser“ noch eine „Instant-Dramaserie“ namens „Schlafschafe“, am Mittwoch um 0.45 Uhr auf ZDFneo. Das ZDF sagt: „Quantum erforscht Trends, gibt Impulse und versteht sich als Plattform für die Erprobung innovativer Fernseh- und Internet-Formate …“ Wie wäre es denn, liebes ZDF, mit ein bisschen weniger Wortgeklingel und besseren Sendeplätzen für die innovativen Fernsehforscher stattdessen?
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