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Flüchtlingspolitik im Grünen-ProgrammGrünen-Spitze streicht Klimapass

Angst vor Diffamierung? Lange hatten die Grünen für das Instrument in der Flüchtlingspolitik geworben – nun ist es aus dem Programm verschwunden.

Bald Klimaflüchtlinge? Häuser auf der indischen Insel Mousuni versinken bereits im Meer Foto: Pacific Press Agency/imago

Berlin taz | Die Grünen-Spitze schwächt eine Forderung in der Flüchtlingspolitik ab, wohl auch, um im Bundestagswahlkampf weniger angreifbar zu sein. Im Entwurf für das Wahlprogramm fehlt der so genannte Klimapass, für den die deutschen Grünen noch 2019 in ihrem Europawahlprogramm geworben hatten. Die Idee soll Menschen helfen, die durch die Klimakrise ihre Heimat verlieren, zum Beispiel BewohnerInnen von Inselstaaten. Jene würden durch einen Klimapass in anderen Staaten aufgenommen werden, etwa in der EU.

Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock erklärte am Montag auf taz-Nachfrage, die Grünen-Spitze habe im Programm­entwurf mit vielen Projekten „sehr, sehr deutlich“ gemacht, was sich ändern müsse. Dabei müsse man sich überlegen, was man in vier Jahren anschieben und umsetzen könne, sagte Baerbock. „Es bringt nichts, alles aufzuschreiben, was einem einfällt – und dann hat man keine Prioritäten drin, was man als Erstes angehen muss.“

In der Tat gibt es bei den Grünen über die grobe Richtung – mehr Schutz für wegen der Klimakrise heimatlos gewordene Menschen als internationale Aufgabe – keinen Dissens. Aber sehr wohl über die Frage, wie konkret man wird. Luise Amtsberg, die flüchtlingspolitische Sprecherin der Fraktion, sieht es ähnlich wie Baerbock: „Ins Wahlprogramm gehören Projekte, die sich in vier Jahren umsetzen lassen.“ Der Klimapass als Instrument globaler Verantwortung solle international umgesetzt werden, deshalb gehöre er ins Grundsatz- und nicht zwingend ins Wahlprogramm. „Ein grünes Außenministerium würde diesen Aspekt natürlich mitdenken.“

Allerdings stehen im Wahlprogramm in anderen Themenbereichen diverse Projekte, die erst nach der nächsten Legislaturperiode zu verwirklichen sind. Etwa beim Klimaschutz: So wollen die Grünen etwa die Fahrgastzahlen im öffentlichen Personennahverkehr bis 2030 verdoppeln – oder den Autokonzernen ab 2030 nur noch die Produktion emissionsfreier Autos erlauben. Hier wollen die Grünen also in der nächsten Legislatur mit Blick auf die Zukunft aktiv werden. Beim Klimapass für Geflüchtete gelten offenbar etwas andere Maßstäbe.

Boulevardblatt zog das Thema hoch

Andere Grüne würden sich eine Verankerung im Wahlprogramm wünschen. „Ich gehe davon aus, dass der Klimapass ins Wahlprogramm kommt“, sagte der Europaabgeordnete Erik Marquardt, ebenfalls Experte in Flüchtlingsfragen. Der Klimapass sei aber nur ein Baustein von vielen, betonte er. „Wichtig ist eine europäische Strategie, die es Klimaflüchtlingen ermöglicht, auch in ihrer Heimatregion Perspektiven zu finden.“

Eine Rolle dürfte bei der Entscheidung der Parteispitze auch spielen, dass ein Klimapass von konservativen Medien und Wettbewerbern leicht zu diffamieren ist. Im Programm für die Europawahl 2019 widmeten die deutschen Grünen der Idee noch einen ganzen Absatz. Die EU solle „zusammen mit anderen Industriestaaten vorangehen und im Rahmen einer gemeinsamen Regelung den Be­woh­ne­r*in­nen von bedrohten Inselstaaten, die durch die Klimakrise unbewohnbar werden, Klimapässe anbieten“, hieß es darin. Historisch betrachtet, so das Argument, seien die westlichen Industriestaaten die Hauptverursacher klimaschädigender Treibhausgase.

Im Dezember 2019 brachte die Grünen-Fraktion einen entsprechenden Antrag in den Bundestag ein. Das Parlament solle die Bundesregierung auffordern, den Klimapass voranzutreiben, „dessen individueller Ansatz den Betroffenen ermöglicht, selbstbestimmt und frühzeitig über ihre Migration zu entscheiden“, hieß es darin. Das Thema ist brisant und hochaktuell. Faktisch werden jetzt schon Menschen durch Wüstenbildung, Ernteverlust, Versalzung der Böden, Hitzewellen und andere Phänomene vertrieben. Inselstaaten wie dem im Pazifik liegenden Tuvalu droht durch ansteigende Meeresspiegel der Untergang.

Kurz nach dem Parlamentsantrag der Grünen entdeckte die Bild-Zeitung damals das Thema – und zog es hoch. „Kann jeder Klima-Flüchtling bald Deutscher werden?“, fragte das Boulevardblatt – und ignorierte, dass es bei dieser Idee eine internationale Kooperation gäbe. Solche Schlagzeilen kämen der Grünen-Führung im beginnenden Wahlkampf sehr ungelegen.

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6 Kommentare

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  • Ach ja, Grün war bereits bei den Koalitionsverhandlungen mit Merkel und der FDP nach der letzten Bundestagswahl bereit, für Ministerposten einem miesen 'Kompromiss' in Sachen Flüchtlinge. Habeck selbst kritisierte das später mal in einem TV-Interview der ZDF Heute-Show. Ohne Rückgrat lebt sich's politisch besser......

  • Zitat: „Kann jeder Klima-Flüchtling bald Deutscher werden?“, fragte das Boulevardblatt – und ignorierte, dass es bei dieser Idee eine internationale Kooperation gäbe.

    Es ist doch wohl nicht im Ernst gemeint, daß es in solchen Situationen irgendwelche internationalen Kooperationen gäbe, wenn es um die Aufnahme größerer Kontingente von Flüchtlingen gäbe. Die Frage vom Boulevardblatt ist mehr als berechtigt

  • Herrlich. “Wenn du denkst - dann denkste nur du denkst!“



    Tut Volkers 👄 die Wahrheit kund.



    & Däh!



    “ Der Klimapass als Instrument globaler Verantwortung solle international umgesetzt werden, deshalb gehöre er ins Grundsatz- und nicht zwingend ins Wahlprogramm.



    „Ein grünes Außenministerium würde diesen Aspekt natürlich mitdenken.“*

    kurz - Mal ab vom typisch - schwätz-grii - Schwurbelneusprech - wa.



    Dess * Kannste in der Pfeife rauchen!



    &



    Was stört mich mein Schnacken von gestern!



    Wir waren schließlich auch mal - ha ha - gegen Krieg!



    &



    Doch Hauptakteure bei zwei verfassungs&völkerrechtswidrigen Kriegen!



    Joschka sei Dank - Arm-in-Arm mit GazPromGerd - “War uns das wert!“

    • @Lowandorder:

      Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - merkt an:

      “ Wenn mich die "Grünen" weiter quälen, werde ich wohl Laschet wählen...“ - 😱 -

      • @Lowandorder:

        & fügt an -

        “ "Dabei müsse man sich überlegen, was man in vier Jahren anschieben und umsetzen könne, sagte Baerbock." Will sie nach vier Jahren schon wieder aufhören?



        (Wenn mich die "Grünen" weiter quälen, werde ich wohl Laschet wählen...)“

        kurz - Bin gespannt - was uns alles - Kretsche hat‘s ja beinhart vorgemacht - in nicht nur nächsterzeit - als Ballast über Bord geworfen - noch begegnen wird. Gellewelle. Paßt halt nicht inn 👠!



        —— servíce —-für AnnaKoboldaLena -



        “ Als Ballast (von ndt. bare Last) wird Material von hohem Gewicht, aber geringem Wert bezeichnet.“ Paschd scho

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    "Jene würden durch einen Klimapass in anderen Staaten aufgenommen werden, etwa in der EU."

    Das wird kaum Deutschland bestimmen d.h. Aufnahme in Deutschland. Das das ein Problem darstellen kann für die gemäßigten Wähler aus der Mitte ist klar. In den nächsten 10,20, 30 Jahren kann man sicherlich mit mehreren hundert Millionen Flüchtling durch Klima rechnen. Und ein Deutschland mit 200 Millionen Einwohnern wird schwer vermittelbar sein.