Neue Erzählungen von Teresa Präauer: Jenseits hip-ironischer Posen
Der Band „Das Glück ist eine Bohne“ enthält Gelegenheitstexte von Teresa Präauer. Manches wirkt erst uncool, doch man liest mit leuchtenden Augen.
Die österreichische Autorin und Künstlerin Teresa Präauer hat sich mit drei überaus eigentümlichen Romanen in die erste Reihe der deutschsprachigen Literatur geschrieben. „Das Glück ist eine Bohne“ versammelt nun ihre kürzeren Texte aus den letzten Jahren: über 80 kleinere Erzählungen, Kolumnen, Essays, Autobiografisches, entstanden für Kongresse und Residenzen, Zeitungen und Blogs, Literaturzeitschriften, den Rundfunk, aber auch für den Rolling Stone, ein Modemagazin oder Nachtkritik.de.
Man staunt, was da alles zusammenkommt, und gewinnt einen Eindruck von der fordernden Existenz einer freien Schriftstellerin.
Präauers Prosa wirkt dabei zunächst deutlich weniger verdichtet als in ihren Romanen. Da gibt’s schon mal „leuchtende Augen“, etwas ist „herrlich“ oder jemandem „sitzt der Schalk im Nacken“. Auch mancher Gegenstand wirkt auf den ersten Blick irritierend uncool: „Der Club der toten Dichter“, Peter Greenaway, sogar Peter Handke kommen vor (Handke allerdings aus der Zeit, als er noch von den Beatles und Patricia Highsmith kam).
Englische Zitate werden geradezu penetrant übersetzt. Und kann es etwas Abgelutschteres geben als die Liebesanbahnungsszene des Eröffnungstextes, als Er Ihr versehentlich seinen Drink aufs Shirt schüttet?
Ikone der Post-Ironie
Doch in dem Maße, wie sich die Befunde verdichten – Einhörner, Blumen, T-Shirts mit heulenden Wölfen –, zeigt sich, dass es genau darum geht. „Aus der Wiederholung, aus dem Kitsch, aus dem Meme: blitzt etwas heraus“, der Vorschein eines Weltzugangs jenseits souveräner hip-ironischer Posen. „Ein Herz ist okay, sage ich, und das meine ich auch so.“
Teresa Präauer: „Das Glück ist eine Bohne. Und andere Geschichten“. Wallstein Verlag, Göttingen 2021, 308 Seiten, 24 Euro
Prompt findet sich da auch ein Text zur Ikone der Post-Ironie schlechthin: dem Auftritt der Future Islands mit ihrem Song „Seasons“ bei David Letterman. Auch Wanda, Bilderbuch und, an einem magischen Weihnachtsabend, sogar Britney Spears stellen sich ein. Denn mag dies auch New Sincerity sein, pop-fern ist es nirgends.
Hinzu kommt bei Präauer selbst eine künstlerische Doppelbegabung, der Bezug zur bildenden Kunst. Nach dem verschütteten Fireball erzählt Sie Ihm ausführlich den Fischli/Weiss-Kunstfilm „Der Lauf der Dinge“, und o Wunder: „es interessiert ihn wirklich, obwohl nacherzählte Filme so langweilig sind“. Das ist Programm: Präauers Texte erheben die Nacherzählung von Filmszenen, Musikvideos, Fernsehshows, die Beschreibung von Fotos, alten und neuen Gemälden zu einer eigenen Kunstform; jede Ekphrasis der Beginn einer potenziellen Liebesgeschichte.
Ein künftiger Klassiker dieses Genres, so darf man prophezeien, ist „Jugend und Pose“, eine Ausdeutung von Elizabeth Peytons Bild „Ken and Nick“. In Peytons Motivwahl der jungen Poser und Popstars wird, wie in den Gesten des Future-Islands-Sängers Samuel Herring, „Lächerliches und Peinliches“ geradezu zur Voraussetzung dafür, dass etwas herausblitzt. „Der junge Mensch hat die Hoffnung, als Künstler leben zu können. Was er spricht, ist falsch und ist es nicht.“
Zweifelhafte Freuden des Après-Ski
Von hier ist es nicht weit zu den Fantasien und Lektüren in Kindheit und Jugend der Autorin, die einen weiteren Schwerpunkt des Bandes bilden. Wenn die zweifelhaften Freuden des Après-Ski oder die „Italien Superhits“ von 1984 zu energetischen Inspirationen werden können, dann gilt das erst recht für die jugendlichen Lesestoffe (ja, wir sprechen auch von Erich Fried!) und ist – „bei gleichzeitig anhaltender Unversöhnlichkeit gegen das, was man im Rückblick als fehlende literarische Qualität unterstellt“ – zu würdigen.
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Am Ende erweist sich Präauers Band denn doch als überaus dicht komponiert. Letztlich stellt er die Frage, ob es in Leben und Ästhetik aus diesen Zuständen uneindeutiger Vorläufigkeit überhaupt einen wünschenswerten Ausweg gibt. Erwachsen werden? Macht sich nicht erst recht lächerlich und peinlich, wer das Bad-Girls-Go-Everywhere-T-Shirt, die Zufallsfunde in der Freihandbibliothek und die unbedarfte Rilke- und Hendrix-Verehrung leugnet und allen Ernstes glaubt, er käme nur mehr von Homer und Tolstoi?
Den Kanon muss man am Ende ja doch wieder korrigieren, wie Präauer es mit ihrer herrlich österreichisierenden Nachbesserung jener für die Ewigkeit gedachten Botschaften vormacht, die Voyager und Pioneer über unsere Kultur ins All transportiert haben.
Für das gegenwärtig Gute aber gilt, was zur Musik von Bilderbuch gesagt wird: „Es ist und ist nicht ironisch, es ist und ist nicht bedeutsam, es sind und sind nicht die Achtziger, es ist und ist nicht neu.“ Wie dieses Buch. Man liest es mit leuchtenden Augen.
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