Barbara Oertel über neue Vorwürfe des Autokraten in Belarus
: Absolut unhaltbare Anwürfe

Jetzt holt der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko die ganz große Keule raus. Angeblich soll Swetlana Tichanowskaja mit freundlicher Unterstützung von ehemaligen Angehörigen der heimatlichen Sicherheitskräfte terroristische Anschläge in Belarus geplant haben. Die Anwürfe sind absurd. Man kann der Oppositionspolitikerin Tichanowskaja viele Vorwürfe machen, aber bestimmt nicht den, durch Einsatz von Gewalt das Leben unschuldiger Menschen aufs Spiel zu setzen.

Nein, umgekehrt wird ein Schuh daraus, weswegen die Erklärungen der zur Opposition übergelaufenen einstigen Handlanger Lukaschenkos alles andere als abwegig sind. Diese Leute behaupten, die Staatsmacht ihrerseits habe Angriffe vorbereitet. Leider ist dieses Szenario Lukaschenko und seinen Unterlingen durchaus zuzutrauen. Denn was böte sich derzeit besser an als Terror, um diejenigen Kräfte in und außerhalb von Belarus, die einen demokratischen Wandel wollen, zu diskreditieren.

Dass der Staat auch bereit ist, bis zum Äußersten und dabei über Leichen zu gehen, zeigte sich am 11. April 2011. Bei einem Anschlag auf eine U-Bahn-Station in Minsk starben 15 Menschen. Die Hintergründe blieben im Dunkeln, als Täter wurden zwei junge Männer per Genickschuss hingerichtet, für deren Schuld es keine Beweise gab. Dem allen vorausgegangen waren Massenproteste gegen eine gefälschte Präsidentenwahl, die zahlreiche Lukaschenko-Kritiker*innen ins Gefängnis brachten.

Und heute? Dem Präsidenten steht das Wasser bis zum Hals. Denn trotz aller Brutalität lassen sich die Menschen nicht mehr einschüchtern. Das zeigen die Aktionen am 25. März, dem „Freiheitstag“, die wieder niedergeschlagen wurden und mit über 200 Festnahmen endeten. Da käme eine Verhängung des Ausnahmezustands ganz gelegen, um sich des ungebrochenen Widerstands der Be­la­rus­*in­nen zu entledigen.

Übrigens: Minsk hat jetzt Polen und Litauen ersucht, die angeblichen „Terroristen“ nach Belarus zu überstellen. Dieses unsägliche Ansinnen hat Vilnius bereits einmal abgelehnt und dabei wird es wohl auch bleiben. Zum Glück!

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