piwik no script img

Rachel Levine im US-KabinettDie beste Kandidatin

In den USA ist mit Rachel Levine erstmals eine trans Frau mit in der Regierung. Die Vize-Gesundheitsministerin hat einen guten Ruf.

Gute Wahl: Kinderärztin Rachel Levine wird stellvertretende US-Gesundheitsministerin Foto: Caroline Brehman/Pool/ap

Wie man es auch betrachtet, Rachel Levine ist einfach eine gute Wahl: Die erfahrene Kinderärztin, die seit vier Jahren als Chefin der Gesundheitsbehörde von Pennsylvania mit allen Fragen der öffentlichen Gesundheit betraut war, ist am Mittwoch als stellvertretende US-Gesundheitsministerin vom Senat bestätigt worden. Die 63-Jährige ist damit die erste trans Person, die einen so hohen Posten in der US-Bundesregierung bekleidet. Neben den Stimmen aller 50 demokratischen Se­na­to­r*in­nen weiß sie seit der Wahl immerhin auch zwei republikanische Se­na­to­r*in­nen hinter sich.

Levine hat in Pennsylvania, wo sie dreimal von einem republikanisch dominierten Senat bestätigt wurde, ihre sexuelle Identität in der Gesundheitspolitik nie zu einem großen Thema gemacht. Ihre Geg­ne­r*in­nen taten das allerdings schon. Immer wieder war sie Beleidigungen ausgesetzt, ihr Aufstieg als Gesundheitspolitikerin erfolgte aber gegen alle Widerstände.

Ein konservativer Radiomoderator benutzte grundsätzlich das falsche Pronomen, um sie zu beschreiben, ein Stadtbediensteter reagierte im vergangenen Jahr auf ihren Aufruf zum Maskentragen mit der Bemerkung, er lasse sich von „einem Kerl mit BH“ überhaupt nichts sagen.

In der Senatsanhörung war es der erzkonservative Senator Rand Paul aus Kentucky, der versuchte, Levine zu diskreditieren. Er verglich die Operation zur Geschlechtsangleichung mit Genitalverstümmelung bei Mädchen in manchen Regionen Afrikas. Paul ätzte, ob Levine es gut fände, wenn solche Operationen an Minderjährigen vorgenommen würden. Levine, die sich in der Vergangenheit mehrfach für die Belange jugendlicher trans Personen eingesetzt hatte, reagierte gelassen und professionell: Gerne besuche sie den Senator einmal in seinem Büro und diskutiere mit ihm die komplexen Themen der Trans­gender­medizin, sagte sie. Andere Se­nats­kol­le­g*in­nen regten sich da über Rand Paul mehr auf als Levine selbst.

Levine will ein Vorbild sein

Levine erzielte medizinische Abschlüsse unter anderem in Harvard und arbeitete bis 1993 in New York, bevor sie nach Pennsylvania zog. 2015 holte sie der dortige demokratische Gouverneur, Tom Wolf, in die Staatsregierung. Levine setzte sich für die Bekämpfung der Opioidplage ein, indem sie durchsetzte, dass Po­li­zis­t*in­nen Anti-Überdosis-Medikamente dabei haben. Auch durch ihren Umgang mit Covid-19 erwarb sie sich bundesweiten Respekt.

Levine wurde 1957 in Massachusetts in eine jüdische Familie geboren. Sie selbst hat zwei Kinder und lebt geschieden.

Sie sei, erklärte Levine nach ihrer Bestätigung im Senat, bewegt, als erste trans Person auf so einer Position zu dienen. Jungen trans Personen versprach sie, sich für sie einzusetzen: „Ich kann nicht versprechen, dass die Angriffe sofort aufhören werden. Aber ich kann euch sagen, dass es in Amerika und in der Regierung einen Platz für euch gibt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • "In der Senatsanhörung war es der erzkonservative Senator Rand Paul aus Kentucky, der versuchte, Levine zu diskreditieren. Er verglich die Operation zur Geschlechtsangleichung mit Genitalverstümmelung bei Mädchen in manchen Regionen Afrikas. Paul ätzte, ob Levine es gut fände, wenn solche Operationen an Minderjährigen vorgenommen würden. Levine, die sich in der Vergangenheit mehrfach für die Belange jugendlicher trans Personen eingesetzt hatte, reagierte gelassen und professionell: Gerne besuche sie den Senator einmal in seinem Büro und diskutiere mit ihm die komplexen Themen der Trans­gender­medizin, sagte sie. "

    Ich empfehle jedem sich die Anhörung einmal anzusehen. Meiner Ansicht nach ätzte Rand Paul keineswegs sondern stellte berechtigte Fragen. Er zitierte sogar aus der Erfahrung einer Betroffenen, welche noch minderjährig zu einer Geschlechtsumwandlung geddrängt worden war und die Folgen nun bitter bereut (Amputation von Brust, verstümmelungen im Genitalbereich etc.)

    Wie kann man Genitalverstümmelungen verurteilen und sie gleichzeitig per Gesetz in den USA gegen den Willen der Eltern durchsetzen. Es ging um die Anwendung von Geschlechtsangleichung bei Minderjährigen.

    Frau Levine reagierte eher Puppenhaft und ging auf keines der Argumente ein.

    Dann doch bitte getreu dem Sender Phoenix/Zdf, "Das ganze Bild"

  • Is 'trans' n Adjektiv wie rosa oder lila und wird deshalb nich dekliniert ? Oder sollten wir doch besser Trans-Frau oder transe Frau, Trans-Mann oder transer Mann schreiben sagen denken ? Klingt einfach mehr nach unsrer gewohnten Sprache, die einfach abzuschaffen zwar ganz im Sinne mancher (die von ihr nix kapiert haben) , aber ganz entgegen dem Sprachgefühl der allermeisten wäre.

  • "Levine hat in Pennsylvania, wo sie dreimal von einem republikanisch dominierten Senat bestätigt wurde, ihre sexuelle Identität in der Gesundheitspolitik nie zu einem großen Thema gemacht."

    Und trotzdem ist sie für die meisten deutschen Zeitungen der Aufhänger...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Klar. Ich kenne auch nicht die Politiker aller US-Bundesstaaten (ich wäre froh, ich würde die aller deutschen Politiker der Bundesländer kennen, aber nach dem MP wird es meistens dünn) und ich vermute, so geht es den meisten.

      Sicher wäre es am besten, es wäre nicht mal eine Randnotiz wert, da es selbstverständlich ist. Das ist aber nicht. So wie bei Obama regelmäßig betont wird, dass er der erste schwarze Präsident war. Der zweite wird weniger Aufmerksamkeit bekommen (es sei denn, es vergehen wieder 230 Jahre bis zum nächsten). Bei der ersten amerikanischen Präsidentin wird dies sicher auch betont werden.