: Ans Eingemachte
BANKERBONI Auf dem G-20-Gipfel soll eine Beschränkung der Boni beschlossen werden – ein Schritt zur Regulierung der Finanzmärkte
■ Die Teilnehmer: Die „Gruppe der 20“ repräsentiert zwei Drittel der Weltbevölkerung, rund 85 Prozent der Weltwirtschaftskraft. Dabei sind die USA, Kanada, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Russland, China, Indien, Brasilien, Mexiko, Südafrika, Argentinien, Australien, Indonesien, Saudi-Arabien, Südkorea, die Türkei und die Europäische Union. Das Treffen, das am Donnerstag und Freitag in Pittsburgh stattfindet, ist der dritte G-20-Gipfel seit November 2008.
■ Die Themen: Unter anderem geht es um eine Beschränkung von Bonuszahlungen für Banker, strengere Eigenkapitalregeln für Großbanken, eine Besteuerung von Finanzgeschäften sowie um Fragen des Klimaschutzes. Zudem will man über die Zukunft der G 20 beraten. Angela Merkel und der britische Premierminister Gordon Brown wollen, dass die G 20 die G 8 als maßgebliches Entscheidungsgremium für globale Wirtschaftsfragen ablöst. (ap, taz)
AUS BERLIN HANNES KOCH
Eine neue und unerwartete Erfahrung machte unlängst Wolfgang Ziebart. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Chipherstellers Infineon erhielt die Nachricht, dass sein letztes Gehalt und damit auch seine Pension gekürzt werde. Die wirtschaftliche Situation der Firma habe sich nach Ziebarts Ausscheiden im Frühjahr 2008 verschlechtert, deshalb sei der Schritt unumgänglich, schrieb Infineon.
So wie Ziebart dürfte es künftig einer Reihe von Managern gehen, möglicherweise auch dem früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff und den früheren Vorständen von BMW. Denn das politische Umfeld hat sich für die Unternehmen mit der Finanzkrise stark verändert. So wollen die Regierungen der mächtigsten Wirtschaftsnationen bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag im US-amerikanischen Pittsburgh eine Beschränkung der Bonuszahlungen für Bankmanager beschließen.
Deshalb freute sich Joachim Poß sehr über die Geschichte von Ziebarts Ruhegeld. Denn nach Einschätzung des stellvertretenden Fraktionschefs der SPD ist der Fall Ziebart das erste Beispiel dafür, dass das neue Aktiengesetz wirkt. Darin hat die große Koalition kürzlich festgelegt, dass der Aufsichtsrat die Bezüge des Vorstandes rückwirkend reduzieren soll, wenn sie nicht mehr in einem „angemessenen Verhältnis zur Lage der Gesellschaft stehen“.
Die Gerechtigkeitsdebatte über die horrenden Gehälter von Managern beschäftigt Deutschland schon einige Jahre – ohne die Finanzkrise wäre das Gesetz aber nicht so schnell geändert worden. Und schon gar nicht hätte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) die neuen Möglichkeiten bekommen, die sie jetzt hat. Denn auch Bafin-Chef Jochen Sanio, Deutschlands oberster Bankenaufseher, kann nun, wenn er will, ungerechtfertigt hohe Bonuszahlungen untersagen.
Das ist ein Anfang. Aber der Beschluss der G 20 könnte noch mehr ermöglichen: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will erreichen, dass Erfolgsbeteiligungen in einem bestimmten Verhältnis zum Fixgehalt eines Managers stehen müssen. Und ein zweiter Ansatz ist im Gespräch: eine feste Relation zwischen Boni und Gewinn. Dass Banken 60 Prozent ihres Profits als Milliardenregen über den Wertpapierhändlern und Vorständen niedergehen lassen, wäre dann nicht mehr möglich.
Zwar bleiben künftig auch mit den neuen Regelungen Millionengehälter weiter möglich – eine absolute Obergrenze wird ja nicht eingeführt. Allerdings ziehen die Regierungen die Schraube deutlich an. Der Rechtfertigungsdruck auf die Unternehmen steigt. Man darf hoffen, dass Exzesse seltener werden. Die Regulierung der Gehälter und Boni ist deshalb nicht überflüssig, sondern auch ein Versuch, etwas Gerechtigkeit herzustellen.
Die Bonusfrage ist ein Beleg dafür, dass die Regulierung der Finanzmärkte jetzt am Kern der Wirtschaft angekommen ist – beim Profit der Individuen und Unternehmen. Nun geht es ans Eingemachte. Nicht nur bei den Gehältern, sondern auch bei den Gewinnen der Banken.
Axel Weber, Präsident der Bundesbank und Hüter des Systems, sagte unlängst in kleinem Kreis, dass infolge der neuen Regulierung die Renditen sinken und die Geschäftsmodelle der Banken weniger profitabel würden. Diese Äußerung beinhaltete einen Teil Beschwichtigung der kritischen Öffentlichkeit, aber sie war auch eine Beschreibung des Kommenden.
Die Staats- und Regierungschefs der G-20-Staaten werden beschließen, die Geschäfte der Banken zu bremsen. Als Instrument nutzen sie strengere Vorschriften über das Eigenkapital der Institute. Während Banken ihre Geschäfte heute nur mit wenigen Prozenten Aktienkapital und Rücklagen absichern müssen, wird diese Quote künftig auf bis zu 8 Prozent steigen. Für jedes risikoreiche Geschäft werden die Finanzhäuser dann mehr eigenes Geld in Reserve halten müssen. Und der Aufbau dieser Kapitalreserve wird den frei verfügbaren Gewinn reduzieren.
Was die G 20 da macht, ist also nicht nur Kosmetik. Es kostet die Deutsche Bank, UBS, Barclays, Goldman Sachs und andere Institute Geld. Und reduziert damit das Risiko gefährlicher Spekulationen. Allerdings ist dieser Regulierungsprozess noch in der Schwebe. Konkrete Zahlen zur Höhe des Eigenkapitals gibt es bislang nicht, sie werden auch noch eine Weile auf sich warten lassen. Dies beinhaltet die Gefahr, dass die politische Dynamik nachlässt, dass Gras über die Krise wächst und die Regulierungsversuche verebben.
Was aber in jedem Fall klar ist, ist dies: Den G-20-Regierungen geht es nicht darum, die Gewinne derart einzuschränken, dass aus großen Banken wieder kleine werden. Weder Kanzlerin Angela Merkel noch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy oder US-Präsident Barack Obama wollen den einheimischen Finanzsektor zerschlagen. Der Finanzkapitalismus bleibt intakt. Er wird nur etwas langsamer.
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