Bauprojekt contra Grünfläche in Altona: Verdichtete Konflikte

Die Haspa will am Alsenplatz ein Azubi-Wohnhaus bauen. Weil dafür aber rund 30 Bäume gefällt werden müssen, protestieren An­woh­ne­r*in­nen.

Gelbe Kreuze markieren die Kahlschlag-bedrohten Bäume

Sollen einem Neubau weichen: Bäume am Alsenplatz Foto: Miguel Ferraz

Hamburg taz | Der Kampf um die letzten Freiflächen in Hamburgs dichtbesiedelten Stadtteilen spitzt sich zu. Während die Stadt verdichten und letzte Baulücken schließen will, um ihr ehrgeiziges Wohnbauprogramm umzusetzen, protestieren An­woh­ne­r*in­nen gegen die Bebauung der Freiflächen. So will die Hamburger Sparkasse (Haspa) am Alsenplatz in Altona etwa dreißig Bäume fällen lassen, um ein sechsstöckiges Wohnheim zu errichten, in dem 140 Auszubildende günstig – für 235 Euro Netto/kalt pro Mie­te­r*in – wohnen können. Die An­woh­ne­r*in­nen des Platzes protestieren gegen den Kahlschlag und wollen ihn mit einer Online-Petition verhindern.

Dabei ist der Alsenplatz derzeit kein Naturreservoir. Der größte Teil ist Parkfläche, die eine Pufferzone mit etwa 70 Bäumen, darunter Eichen, Buchen und Linden, vom Doormannsweg abtrennt. Der kopfsteinbeflasterte Platz hat zwar keine Freizeit- aber „Freiraumqualität“, wie die An­woh­ne­r*in­nen­in­itia­ti­ve Green Alsenplatz betont. Denn der Grünstreifen, auf dem zahlreiche 70 Jahre alte Bäume wachsen, ist die letzte grüne Lunge in der verkehrsbelasteten Gegend.

Dass dem Bauvorhaben mehr als 30 Bäume zum Opfer fallen sollen, widerspreche dem erst Ende 2019 abgeschlossenen Vertrag „Hamburgs Grün erhalten“ sowie der „Qualitätsoffensive Freiraum“ der Umweltbehörde.

„Auf der Fläche haben sich über die Jahre Straßenbäume und Sträucher entwickelt, die als wichtige Barriere gegen Abgase und Lärm zur vielbefahrenen Verkehrsachse fungieren“, sagt Hamburgs Nabu-Chef Malte Siegert. Der Randbewuchs des Alsenplatzes sei eine „kleine, innerstädtische Oase in einem dichtbebauten Viertel“. Der Nabu „sieht das Vorgehen am Alsenplatz als Beispiel dafür, dass immer mehr Bäume und Grün in der Stadt zugunsten lukrativer Bauprojekte verschwinden“.

Die Zahl der Straßenbäume nimmt ständig ab

Allein in den vergangenen zehn Jahren hat der Bestand an Hamburgs Straßenbäumen um mehr als 8.000 abgenommen. Innerstädtischer Lebensraum für Tiere würde so verschwinden, das Mikroklima leiden, Straßen leichter überfluten, weil Grünbereiche versiegelt werden, heißt es vom Nabu. Bezirksamtschefin Stefanie von Berg (Grüne) kann sich allerdings vorstellen, „dass aktuell versiegelte Stellplatzflächen zukünftig unversiegelte Flächen sind“.

Doch Corinna Lutz von der An­woh­ne­rin­nen*­in­itia­ti­ve fürchtet zudem „die Verschattung der umliegenden Wohnungen durch den massiven Bauklotz“. Die zwischen 1893 und 1902 erbaute Häuserreihe am Alsenplatz bildet ein Denkmal-Ensemble. Während die Errichtung eines Fahrradhäuschen vor dem Ensemble vom Bezirk Altona als „nicht denkmalverträglich“ abgelehnt wurde, haben die Pla­ne­r*in­nen gegen die geplante sechsstöckige Bebauung und die Platzrodung nichts einzuwenden. Um auf den drohenden Kahlschlag hinzuweisen, hat Green Alsenplatz viele der todgeweihten Bäume mit gelben Holzkreuzen markiert.

Die zuständigen Gremien haben der Vergabe des 1.143 Quadratmeter großen, bislang städtischen Grundstücks an die Haspa längst zugestimmt, der Kaufvertrag wurde bereits Anfang 2020 unterschrieben, der Bezirk hat einem Bauvorbescheid zugestimmt. Doch erst im vergangenen September, zwei Tage vor der offiziellen Veröffentlichung der Baupläne, erfuhren die An­woh­ne­r*in­nen von dem geplanten Neubau mit 63 Azubi-Appartements.

Seitdem protestieren sie gegen das Gebäude, dessen Baubeginn, wie Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg der taz bestätigt, noch im laufenden Jahr sein soll und dessen Fertigstellung für 2023 geplant ist. Für die Haspa haben andere Argumente Vorrang: „Mit der Realisierung dieses öffentlich geförderten Wohnheimes kann die Haspa, als einer der größten Ausbildungsbetriebe der Stadt, ihrem Nachwuchs bezahlbare Wohnungen zur Verfügung stellen.“

Bezahlbare Wohnungen für Auszubildende schaffen

Andreas Dressel, Chef der Finanzbehörde, die das Grundstück verkaufte, betont, „es erleichtert die Nachwuchsgewinnung, wenn man als Arbeitgeber auch ein Wohnangebot machen kann“. Das Wohnheim werde, so Dressel, „mit seinen jungen Bewohnerinnen und Bewohnern dazu beitragen, dass Altona-Nord ein lebendiger und dynamischer Stadtteil bleibt.“

Und auch von Berg sagt: „Fest steht, dass wir in Hamburg günstigen Wohnraum für Auszubildende benötigen. Selbst WG-Zimmer schlucken zum Teil das gesamte Einkommen, zum Leben bleibt nichts mehr übrig. Das Bauprojekt ist also eng mit einem sozialen Auftrag verbunden.“

Wie viele Bäume gefällt und wie viele Flächen für das Wohngebäude, dass ein Gründach erhalten soll, versiegelt werden, kann die Bezirkschefin noch nicht sagen, verspricht aber, recht allgemein: „Wir werden darauf achten, dass auch ökologische Belange nicht zu kurz kommen.“

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