Pariser Gericht schickt Sarkozy in den Knast

Korruptionsurteil gegen Frankreichs Expräsident: Ein Jahr Haft plus zwei auf Bewährung. Es ging um Bestechung eines Richters – im Rahmen eines anderen Sarkozy-Verfahrens

Paris, Montag gegen 13.30 Uhr: Nicolas Sarkozy trifft im Gerichtssaal ein Foto: Michel Euler/dpa

Von Dominic Johnson

Die wachhabenden Polizisten vor dem Gerichtssaal salutierten militärisch, als Nicolas Sarkozy an ihnen vorbei durch die Tür ging. Doch drinnen konnten dem ehemaligen Präsidenten Frankreichs die präsidialen Allüren vergehen. Das Strafgericht von Paris sprach den 66-Jährigen der Korruption und der illegalen Einflussnahme schuldig und verurteilte ihn zu drei Jahren Haft, von denen zwei zur Bewährung ausgesetzt werden.

Sofern das Urteil die ­Berufung übersteht, müsste zum ersten Mal in der neueren französischen Geschichte ein ehemaliger Staatspräsident hinter Gitter. Ohne ein Wort verließ der sonst bei Prozessen so redefreudige Sarkozy den Justizpalast.

In diesem Verfahren ging es um Telefongespräche zwischen Sarkozy und seinem Anwalt Thierry Herzog 2014. Damals untersuchten Richter die Finanzierung von Sarkozys erfolgreichem Präsidentschaftswahlkampf 2007. Sie stellten zufällig fest, dass er und Herzog mit geheimen Mobiltelefonen kommunizierten. Den abgehörten Telefonaten entnahm die Staatsanwaltschaft, dass Sarkozy und Herzog dem Berufungsrichter Gilbert Azibert einen Posten in Monaco versprochen hatten, wenn er dafür Informatio­nen im Zusammenhang mit der L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt weitergebe. Ermittlungen wegen mutmaßlich illegaler Sarkozy-Wahlkampffinanzierung durch Bettencourt waren 2013 eingestellt worden.

Die Fakten seien „besonders ernst“, weil die Vergehen von einem früheren Präsidenten begangen worden seien, der seinen Status ausgenutzt habe, urteilte das Gericht. „Die Vergehen haben das Vertrauen der Öffentlichkeit untergraben, indem sie die Idee verankerten, dass Entscheidungen des Berufungsgerichts Objekt privater Arrangements sein könnten“, so das Urteil. Herzog und Azibert wurden ebenfalls schuldig gesprochen und zu einer identischen Haftstrafe verurteilt, gegen Herzog wurde zudem ein fünfjähriges Berufsverbot verhängt. Alle drei hätten einen „Korruptionspakt“ geschlossen, so das Gericht.

Die Ankläger hatten im Dezember vier Jahre Haft gegen Sarkozy gefordert, davon zwei zur Berufung ausgesetzt. Sarkozy und Herzog hatten demgegenüber in der mündlichen Verhandlung behauptet, die der Anklage zugrundeliegenden Telefongespräche seien illegal abgehört worden und daher als Beweismittel unzulässig. Außerdem habe das ganze Arrangement mit Azibert nicht funktioniert, sodass gar kein Schaden angerichtet worden sei. Dieser Argumentation folgten die Richter jetzt nicht.

„Die Vergehen haben das Vertrauen der Öffentlichkeit untergraben“

Aus dem Urteil

Sofern das Urteil rechtskräftig wird, dürfte es die politische Karriere Sarkozys beenden. Dieser träumt seit seiner Abwahl 2012 von einer Rückkehr auf die politische Bühne. Teile der französischen Rechten sehen in ihm bei den Wahlen 2022 die einzige realistische Alternative zur Rechtsextremistin Marine Le Pen, um eine zweite Amtszeit für Präsident Emmanuel Macron zu verhindern.

Es sind noch weitere Verfahren gegen Sarkozy anhängig. Ab dem 17. März muss er sich wegen des Verdachts der illegalen Wahlkampffinanzierung 2012 verantworten. Weil er damals die zulässige Ausgabenobergrenze von 22,5 Millionen Euro überschritt, soll seine Partei versucht haben, dies durch ein System gefälschter Rechnungen zu kaschieren, an erster Stelle von der Eventfirma Bygmalion ausgestellt. Bereits seit 2013 gehen Untersuchungsrichter außerdem dem Verdacht nach, dass Sarkozys Wahlkampf 2007 von Libyens damaligem Machthaber Muammar al-Gaddafi mitfinanziert wurde. Die Finanzstaatsanwaltschaft ermittelt ferner im Zusammenhang mit Berater­tätigkeiten Sarkozys für Russland. (mit ap, afp)

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