piwik no script img

Präsidentschaftswahl in EcuadorAutoritär-links oder öko-links

Jürgen Vogt
Kommentar von Jürgen Vogt

In Ecuador kommen wohl zwei linke Kandidaten in die Stichwahl im April. Doch die stehen für völlig gegensätzliche Modelle.

Ecuadors: Yaku Pérez könnte als erster indigener Kandidat in die Stichwahl um die Präsidentschaft einziehen Foto: Dolores Ochoa/ap

D as Wahlergebnis in Ecuador ist überraschend, ja fast eine Sensation. Denn entgegen dem eher rechten Zeitgeist werden in der Stichwahl wohl zwei Kandidaten antreten, die zum linken Lager zählen. Yaku Pérez kann der erste indigene Kandidat werden, der in die Stichwahl um die Präsidentschaft einzieht. Der Vorsprung des 51-Jährigen gegenüber dem rechten Kandidaten ist hauchdünn. Doch am Ende könnte es klappen. Damit hätte die Rechte in Ecuador entgegen aller Voraussagen krachend verloren

Dann heißt die Alternative – Pérez oder Andrés Arauz. Arauz ist der Repräsentant von Ex-Präsident Rafael Correa, hinter dem noch immer ein Drittel der Bevölkerung steht. Aber eben nur ein Drittel. Arauz hat im ersten Wahlgang nur 32 Prozent mobilisiert. Das mindert seine Chancen für die Stichwahl. Das weiß auch Correa, der am Wahlabend aus seinem Wohnort in Belgien über einen möglichen Wahlbetrug schwadronierte.

Bei dem Duell Arauz-Pérez kommt die Polarisierung zwischen An­hän­ge­r*in­nen und Ge­gne­r*in­nen des früheren Präsidenten Rafael Correa zum Tragen. Dann stünde am 11. April Autoritarismus versus mehr Mitsprache zur Wahl. Pérez ist ein überzeugter Correagegner. Fünfmal wurde er während Correas Amtszeit eingesperrt, weil er sich gegen dessen extraktivistische Politik wehrte – sprich gegen die rücksichtslose Ausbeutung von Öl oder Metallerzen selbst in Naturschutzgebieten.

So wird die Stichwahl auch zur Abstimmung über den Umgang mit Ecua­dors Ressourcen. Erdöl ist der wichtigste Devisenbringer des Andenstaates. Der Ölexport bringt immer weniger Dollars ins Land. Trotzdem wurde bisher der Umbau des extraktivistischen Modells nicht angegangen. Vielmehr wurde der Abbau von Metallerzen durch Megaminen unter freiem Himmel forciert.

Arauz steht für Weiter-so, Pérez für eine neue Orientierung. Es geht in der Stichwahl somit voraussichtlich um autoritär-links-etatistisch gegen radikal-ökologisch-indigen mit Stimmen aus dem Mitte-rechts-Lager. Diese Alternative liegt nicht nur quer zum Zeitgeist – sie ist überhaupt neu.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Jürgen Vogt
Korrespondent Südamerika
Kommt aus Karlsruhe. Studierte Politische Wissenschaft in Hamburg und Berlin und arbeitete zwölf Jahre als Redakteur und Geschäftsführer der Lateinamerika Nachrichten in Berlin. Seit 2005 lebt er in Buenos Aires. Er ist Autor des Reisehandbuchs “Argentinien”, 2024, Reise Know-How Verlag.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!