: Elfer und Spalter
Stuttgart holt schon wieder einen Punkt und kommt dennoch nicht zur Ruhe. Der Zoff in der Führungsetage des VfB erzürnt die Fans
Aus Stuttgart Christoph Ruf
Ein spannendes Spiel war gerade zu Ende gegangen, das Ergebnis erschien allen Beteiligten gerecht. Und dennoch bestimmte nach dem 2:2 zwischen dem VfB Stuttgart und Borussia Mönchengladbach mal wieder ein Elfmeterpfiff die Diskussionen. Diesmal ging es allerdings nicht um Sinn und Unsinn der in dieser Saison so zahlreich gepfiffenen Hand-Elfmeter. Sondern um die Frage, warum der Kölner Keller überhaupt eingreift, wenn bei der Entscheidung des Schiedsrichters, das Spiel weiterlaufen zu lassen, keine klare Fehlentscheidung vorliegt. Bibiana Steinhaus bat Schiedsrichter Felix Brych kurz vor Ende der Nachspielzeit dennoch vor den Bildschirm am Spielfeldrand, woraufhin der seine Entscheidung, weiterspielen zu lassen, revidierte.
Was überhaupt passiert war, ließ sich erst nach vielen Wiederholungen der Fernsehbilder rekonstruieren. Gladbachs Rami Bensebaini hatte den in der Rückwärtsbewegung befindlichen Saša Kalajdzic berührt. Zu Fall kam der Stuttgarter Angreifer allerdings durch den gleichzeitigen Kontakt mit dem Fuß des eigenen Mitspielers Waldemar Anton. „Heute kann Stuttgart mit dem Elfmeter glücklich sein“, gab Brych zu, während die Gladbacher Spieler deutlich subjektiver formulierten. Von einer „absoluten Frechheit“, sprach Jonas Hofmann. „Ich weiß nicht, wofür wir eigentlich einen Video-Schiedsrichter haben.“
Dass das Ergebnis an sich die Verhältnisse auf dem Platz gut wiedergab, fanden allerdings sowohl Stuttgarter als auch Gladbacher, die jeweils eine Halbzeit lang die bessere Mannschaft gewesen waren. Wie so oft in dieser Saison, in der der Aufsteiger bereits elf Treffer in der Schlussphase einer Partie erzielt hat, wurde Stuttgart mit zunehmender Spieldauer immer besser. Zur Halbzeit stand es 1:0 für Gladbach. Lars Stindl verwandelte in der 35. Minute den unstrittigen von zwei Strafstößen in der Partie, nachdem VfB-Verteidiger Borna Sosa Stefan Lainer von den Beinen geholt hatte. Die Pausenführung ging aufgrund der spielerischen Überlegenheit der Gäste in Ordnung, wenngleich auch Stuttgart durch Orel Mangala (16.) und Nicolas Gonzalez (30.) zu guten Möglichkeiten gekommen war.
Im zweiten Durchgang drängte Stuttgart auf den Ausgleich. Gonzalez traf mit einem tollen Flugkopfball zum zwischenzeitlichen Ausgleich (58.), ehe Gladbachs Denis Zakaria mit dem 1:2 den alten Abstand wiederherstellte (61.). Erst in der allerletzten Szene der Partie kam es dann zu der kuriosen Szene im Gladbacher Strafraum, die die Diskussionen um den exakten Kompetenzbereich des VAR nicht zum Erliegen bringen wird.
Jonas Hofmann
Während der VfB sportlich mit 22 Zählern aus 16 Partien bestens im Rennen liegt, bestimmen intern nach wie vor die Zwistigkeiten zwischen Sportvorstand Thomas Hitzlsperger und Präsident Claus Vogt die Diskussionen. Am Wochenende bezog erneut die aktive Fanszene Position. Rund ums Stadion klebten Hunderte Aufkleber, auf denen das Konterfei von Thomas Hitzlsperger prangte – versehen mit dem Aufdruck „Spalter“.
In der Heimkurve, dort wo in coronafreien Zeiten die Ultras für Stimmung sorgen, hing das ganze Spiel über ein großes Transparent mit der Aufschrift „Sonnenkönig 2.0 – habt ihr einen Schatten?“, das ebenfalls auf Thomas Hitzlspergers Pläne gemünzt war, Präsident des VfB zu werden. Dabei hatte sich der ehemalige Nationalspieler am Freitag für Schärfe und Ton des Schreibens entschuldigt, mit dem er den Präsidenten Claus Vogt hart attackiert hatte. Die Wogen scheinen damit aber längst nicht geglättet zu sein. Doch die Hoffnung, dass entweder Vogt oder Hitzlsperger ihre Kandidatur zurückziehen, dürfte sich weniger schnell erfüllen als die Chance auf eine Revanche der eigenen Elf gegen Gladbach. Schon am 3. Februar treffen beide Mannschaften erneut aufeinander. Dann allerdings nicht in der Liga, sondern im Achtelfinale des DFB-Pokals.
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