Ausgang der Wahlen in Rumänien: Wahl der Nichtwähler
Die Wahlbeteiligung in Rumänien erreicht einen Tiefststand. Das ist Ausdruck des Versagens der Regierungen nach der Revolution von 1989.
D ie Beteiligung an den in Rumänien am Sonntag stattgefundenen Parlamentswahlen erreichte einen historischen Tiefstand. Seit dem Sturz des Regimes im Jahr 1989 und den danach stattgefundenen Wahlen hat es nie eine derartige Wahlabstinenz wie diesmal gegeben. Die Enthaltung war sicherlich nicht nur coronabedingt. Die uneingelösten Versprechungen der Parteien, die in den vergangenen 30 Jahren regierten, haben – wie es ein Bukarester Hochschullehrer ironisch formulierte – zu dieser „Wahl der Nichtwähler“ maßgeblich beigetragen.
Dass die erst vor einem Jahr durch einen Misstrauensantrag gestürzte Regierung der populistischen Sozialdemokraten (PSD) die meisten Stimmen erhalten hat, könnte auch als Denkzettel für die Präsident Klaus Iohannis nahestehende Nationalliberale Partei (PNL) gedeutet werden. Die großspurigen Ankündigungen der Partei von Iohannis, Korruption, Vettern- und Misswirtschaft konsequent zu bekämpfen, erwiesen sich in der Praxis als propagandistische Seifenblasen. Die Entlassung des Leiters eines Wasserwirtschaftsamtes und dessen Ersetzung durch einen inkompetenten nationalliberalen Parteigenossen brachte das Fass zum Überlaufen.
Für viele WählerInnen mag es der endgültige Beweis gewesen sein, dass die Nationalliberalen um keinen Deut besser sind als die wiederholt als „Postkommunisten“ gescholtenen Sozialdemokraten. Die mit nationalistischen Floskeln gedüngten Wahlversprechungen der Nationalliberalen und Sozialdemokraten kamen nicht ihnen zugute, sondern der als viertstärksten ins Parlament gewählten rechtsradikalen, euro- und coronaskeptischen Partei, die sich Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) nennt.
Die Stimmen für die AUR spiegeln allerdings auch die zunehmenden Sympathien für das ungarisch-polnische illiberale Modell wider. Und zwar in all seinen nationalistischen und demokratiekritischen Facetten. Gleichzeitig zerstäuben sie die von Iohannis’ Partei verbreitete Mär, Rumänien sei das einzige faschistenfreie osteuropäische EU-Land.
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