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Quälerei in SchweinebetriebBauer knallt Tiere auf Metallkante

Ein Video zeigt Männer, die in einem Stall Schweine quälen. Der Hof soll als angeblich besonders tierfreundlich eine Prämie kassieren.

Nachts ins Visier der Tierschützer geraten: ein Stallgebäude des Hofs Foto: Deutsches Tierschutzbüro e.V.

Berlin taz | In einem angeblich besonders tierfreundlichen Stall haben Mitarbeiter rund 20 Kilogramm schwere Schweine zum Töten auf die Metalloberkante einer Trennwand geschlagen. In einem nun vom Deutschen Tierschutzbüro veröffentlichten Video ist zu sehen, wie zwei Männer die Tiere an den Hinterläufen packen und mit Kopf oder Nacken auf die Kante schlagen. Danach scheinen die Schweine immer noch bei Bewusstsein zu sein und schnappen nach Luft.

Der Hof erhielt den Tierschützern zufolge vom Land Niedersachsen eine „Ringelschwanzprämie“, weil er einem Teil seiner Schweine nicht wie in der konventionellen Haltung üblich die Schwänze kürzt. Es handele sich um einem Familienbetrieb in Wietmarschen im Landkreis Grafschaft Bentheim. Er habe rund 500 Sauen, die pro Jahr etwa 15.000 Ferkel zur Welt bringen. Die Jungtiere würden dort für kurze Zeit gehalten, bevor sie an Mäster verkauft werden.

Es sind schon mehrmals Videos aus deutschen Schweinebetrieben bekannt geworden, in denen Ferkel auf ähnlich schmerzhafte und deshalb untersagte Art und Weise getötet wurden. In diesem Fall sind aber ältere Tiere betroffen. „Bei kleinen Ferkeln ist dies eine gängige (wenn auch verbotene) Praxis, aber Schweine, die ca. 20 kg und mehr wiegen, so töten zu wollen, ist schlichtweg nicht möglich“, teilte Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender des Tierschutzbüros, am Montag mit. Das sei „reinste Tierquälerei“.

Die Aufnahmen zeigen auch sehr dreckige Stallabteile. An einigen Stellen drückt die Gülle durch den Spaltenboden aus dem darunterliegenden Becken hoch. Zudem seien viele Spalten zu breit und scharfkantig, was vermutlich die blutigen Wunden zahlreicher Schweine verursacht habe, so das Tierschutzbüro. In der angeschlossenen Sauenhaltung sei ein Großteil der Einzelkäfige („Kastenstände“) zu klein, auch fehle zum Teil Beschäftigungsmaterial.

„Besonders pikant ist die Tatsache, dass die Schweine beim Sortieren bzw. Abtransport zur Mastanlage an ihren Ringelschwänzen hochgezogen werden“, so die Tierschützer. Das müsse „unglaubliche Schmerzen“ auslösen. „Wie absurd ist es denn, dass den Tieren nicht der Ringelschwanz kupiert wird und genau dies wird dann den Tieren zum Verhängnis und das Land Niedersachsen zahlt dem Landwirt dafür auch noch Geld“, kritisierte Peifer. Für jeden intakten Ringelschwanz bekommen die Ferkelerzeuger*innen rund 5 Euro und Schwei­ne­mäs­ter*innen rund 17 Euro. In der Förderperiode 2019/2020 zahlte das Land so knapp 9 Millionen Euro an rund 350 niedersächsische Bauern.

Der beschuldigte Landwirt bestätigte laut ARD-Fernsehen, dass die heimlich aufgenommenen Bilder authentisch seien. Es hätten schwache Tiere notgetötet werden müssen, aber das Bolzenschussgerät sei nicht auffindbar gewesen, sagte der Bauer. Deshalb habe man zum Genickbruch gegriffen: „Das ist natürlich nicht richtig so. Tut mir auch leid.“

Ein Mann trägt ein Schwein am Hinterlauf aus dem Stall Screenshot: Deutsches Tierschutzbüro e.V.

„Viele der hier beschriebenen und im Video erkennbaren Behandlungen und Haltungsbedingungen der Tiere entsprechen nicht dem geltenden Recht bzw. sind rechtswidrig. Dies betrifft insbesondere die im Video gezeigten Tötungsversuche, aber auch mit Schweinen belegte Buchten, in denen die Gülle über den Spaltenböden steht“, teilte Professor Lars Schrader vom bundeseigenen Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit der taz mit. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat nach eigenen Angaben ein Ermittlungsverfahren eröffnet.

„Solche Missstände verurteile ich ausdrücklich“, schrieb Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) der taz zu dem Fall. „Wir haben deshalb 2019 eine Bundesratsinitiative zur routinemäßigen Überprüfung der Tierkadaver eingebracht.“ Der Betrieb könne die Ringelschwanzprämie erhalten, wenn er zum Zeitpunkt der Beantragung alle Bedingungen erfüllt. „Dass zu einem späteren Zeitpunkt Erkenntnisse über Tierschutzverstöße in einem geförderten Betrieb bekannt werden, ist grundsätzlich nicht auszuschließen.“

Der Präsident des Landesbauernverbands („Landvolk“), Albert Schulte to Brinke, teilte der taz mit: „Tierhalter, die so mit ihren Tieren umgehen und rechtliche Vorschriften umgehen, müssen bestraft werden.“ Doch die meisten Bauern würden ihr Vieh gut behandeln. Tierärztliche Hochschule Hannover und Landwirte arbeiteten gerade zusammen, um neue Richtlinien für die Nottötung erkrankter Tiere zu erstellen.

Kein schönes Leben: Schweine auf dem betroffenen Hof Foto: Deutsches Tierschutzbüro e.V.

Das Tierschutzbüro weist darauf hin, dass es immer wieder Misshandlungen gebe. Die Organisation hat allein in den vergangenen Wochen drei Fälle aufgedeckt. „An diesem Beispiel sieht man erneut, dass die ganzen Initiativen zu angeblich mehr ‚Tierwohl‘ einfach nichts bringen“, so Peifer. Die Verbraucher*innen müssten aufhören, tierische Produkte zu essen, „nur dann wird auch diese Tierquälerei nachhaltig ein Ende haben“.

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8 Kommentare

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  • Die größten Lobbyisten sind die Verbraucher*innen.

    • @edelkanake:

      Die Mitschuld ist unbestreitbar, aber das Abwälzen ist zu einfach, denn vor allem ist Handeln der Politik gegen Wünsche der Produzenten erforderlich. Verbindliche und streng kontrollierte Tierschutzstandards würden automatisch die Verbraucherpreise erhöhen, den Fleischkonsum senken, den Zwang zur Massentierhaltung abbauen. Soll die Politik hier auf die Einsicht der Verbraucher*innen warten?

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Dass es solche Typen inmitten unserer Gesellschaft gibt, macht mich fassungslos.



    Knast und ein komplettes Verbot, weiterhin mit Tieren zu arbeiten, ist die einzige Antwort darauf.

  • Eine Schande für diese Gesellschaft, dass sie das Leid der Tiere vor der eigenen Haustür seit Jahrzehnten ignoriert, duldet und sogar von ihr profitiert! Das billige Schnitzel zum Mittag, die Salami zum Abendbrot. 60 Kilo Fleisch durchschnittlich im Jahr, das sind 1,2 Kilo Fleisch durchschnittlich pro Woche. Wobei Männer doppelt so viel konsumieren wie Frauen. In welchen Zuständen diese Mengen erzeugt werden, dafür gibt der Artikel einen kleinen Einblick. Bei 763 Millionen (!) geschlachteten Tieren pro Jahr sollte klar sein, dass der im Artikel beschriebene Missstand kein Einzelfall ist. Mit der Massentierhaltung geht Tierquälerei zwangsläufig einher. Es muss sich radikal etwas in den Strukturen verändern! Tiere spüren Schmerzen, Freude und Ängste!

  • Es wurden über viele Jahre die kleinen bäuerlichen Betriebe zerstört um "Fleischfabriken" zu fördern.



    Jetzt muss man das einfach umdrehen: Fleischfabriken verbieten, Tierhaltung an die Fläche koppeln und eventuell auch maximale Tierzahl für einen Gesamtbetrieb festlegen. So klein, dass alle Tiere auch ohne Antibiotika gesund zusammen leben können und beim Vieh vom Landwirt "unerkannt" keine Krankheiten, Lahmheiten etc. vorkommen können.



    Würde viele Probleme lösen.



    Nur die Agrarlobbyisten würden die Wände hoch gehen. Ob unsere Politiker das Kaliber hätten, das durchzustehen zum Wohl von Menschen und Tieren in diesem Land?

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Mainzerin:

      Kann man durchsetzen. Dann müsste aber der Fleischpreis um ein Vielfaches teurer werden, damit Betriebe überleben können. Da macht dann praktisch kein Endkunde mit.

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @80576 (Profil gelöscht):

        "Da macht dann praktisch kein Endkunde mit."

        Das bezweifle ich! Wenn wirklich klar wird, das Schluss ist mit Tierquälerei und Massentierhaltung, dann ändert sich auch beim Verbraucher etwas.



        Bei Bioprodukten mach der "Endkunde das auch mit"

        "Wenn alle weiterhin in die falsche Richtung laufen, werden sie den Wein der Steisen nie finden".

  • Strafanzeige gegen alle Beteiligten?



    Streichung jeglicher Förderung auf Lebenszeit? Am Besten gleich eine Reevaluation der Förderung der letzten Jahre und Prüfung auf etwaige Rückforderung.

    Wenn Konsequenzen nicht ordentlich wehtun, hört dieses Verhalten nie auf.



    Und es darf auch keine Lobby haben.