TV-Sendung „House of Trumps“: Doch noch einmal Donald
Olli Dittrich persifliert den Unkarikierbaren. Im Gespräch mit Günther Jauch gibt der Satiriker einen fiktiven Trump-Cousin. Ist das lustig?
Wir waren doch gerade froh, ihn endlich losgeworden zu sein. Bis zur Inauguration von Nachfolger Joe Biden am 20. Januar 2021 ist Donald J. Trump zwar noch Präsident der Vereinigten Staaten. Seit November ist er jedoch abgewählt – was erst diese Woche vom Electoral College sekundiert worden ist. Dennoch hielt es ARD-Parodist Olli Dittrich (der andere der zwei lustigen norddeutschen Ollis, der ohne Podcast mit Böhmermann) für eine gute Idee, Trump zum Thema seiner jüngsten Persiflage zu machen.
Ausgerechnet Trump, über den Komiker jahrelang geklagt hatten: Einer, der in echt so grotesk handelt, spricht und aussieht wie er, mache ihr Business kaputt, denn eine derart entgleiste Realität könne doch schwerlich noch humoristisch überspitzt werden. Gemacht wurde das natürlich trotzdem: In den USA mit Bravour von Alec Baldwin für „Saturday Night Live“, in Deutschland immerhin von „Switch“-Imitator Max Giermann.
Zuletzt lieferte die Amerikanerin Sarah Cooper eine hinreißende Re-Interpretation des Genres, als sie auf Tiktok zu O-Tönen des Präsidenten die Lippen bewegte: Durch die Reduktion auf die Sprache in Coopers Version wurde nochmals überdeutlich, wie inkohärent, unbrauchbar und unverständlich die Aussagen Trumps sind. Kann man dem nach vier Amtsjahren, dem elendigen Stop-the-Count-Geplänkel und einer weltumspannenden Trump-Müdigkeit noch etwas hinzufügen?
Dittrich probiert es. Und immerhin, man ist geneigt, es ihm zuzutrauen. Wer schon Beckenbauer und Goebbels dargestellt hat, findet auf der Skala zwischen zwielichtigem Machtmenschen und Kriegsverbrecher sicherlich auch ein Plätzchen für Trump. In weiser Voraussicht nimmt sich Dittrich auch nicht des Präsidenten selbst an, sondern der Rolle seines deutschen Cousins Peter Trump: ein hessischer Rentner mit breitem Dialekt, unbeholfenem Schnauzer und einer stromberghaften Wurstigkeit.
Jauch als Jauch
Der zweite kluge Schachzug der Produktion von WDR und beckgroundTV (der Sender und die Produktionsfirma verantworteten auch schon die früheren Folgen aus Dittrichs „TV-Zyklus“): Talkmaster im Interview mit dem vermeintlichen Trump-Vetter ist Günther Jauch – und zwar der echte, kein Michael Kessler als Jauch-Imitat mit Make-up und Maske.
„House of Trumps“, 17.12., 23.50 Uhr, ARD
Jauch verleiht der Szene die Authentizität, über die eine gute Satire ihre Fantasmen spannen kann. Und auch die parodistischen Qualitäten des Olli Dittrich sind über Zweifel erhaben. Sein Peter Trump ist einerseits eine arme Sau, von Donald schon von klein auf geprellt und gefoppt – andererseits aber auch ein misogyner Piefke, der seiner Misswahl-Gattin übers Maul fährt wie ein Kleinstadt-Lude.
So wechseln sich Gesprächssequenzen zwischen Jauch und Dittrich mit Einspielern ab, die Peter Trump in sein hessisches Kaff und sogar nach Washington begleiten. Über die 30 Minuten der Sendung läuft es dabei immer wieder auf einen Clou in Sachen Donald Trump raus: Der war schon immer so. Sein Dominanzgebaren: schon in der Kindheit mit Hagebutten-Streichen erkennbar. Und schon damals habe er eine Maserninfektion vorgetäuscht, um Aufmerksamkeit zu heischen – was sich dieses Jahr im Verlauf seiner Coviderkrankung gespiegelt habe. Und so weiter.
Das Problem dabei ist nur, dass sich die Satiriker-Sammelklage über die Unüberspitzbarkeit der wandelnden Selbstkarikatur Trump abermals bewahrheitet. Schließlich ist im Sommer tatsächlich ein enthüllendes Buch von einer Verwandten Trumps erschienen: In „Zu viel und nie genug“ beschreibt die Nichte und Psychologin Mary Trump das aus ihrer Sicht narzisstische Verhalten ihres Onkels von früher bis heute: „Selbst im Alter von sieben Jahren war Donald bereits ein Tyrann“, gab sie tagesschau.de zu Protokoll.
Ein Ausraster auf der Minigolfbahn von Traben-Trarbach, wie ihn Olli Dittrich in seiner Rolle als Cousin Peter Trump beschreibt, lässt zwar schmunzeln – scheint der Realität aber kaum eine Ebene hinzuzufügen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden