LGBTQ-feindliches Gesetz in Ungarn: Status zweiter Klasse

Ungarn beschneidet per Verfassungsreform erneut die Rechte für LGBTQ. Selbst Fidesz-Anhänger:innen sehen die sexuelle Orientierung als Privatsache an.

Hochzeitspaar in weißen Kleidern

Das trans* Paar Elvira Angyal und Tamara Csillag bei ihrer Hochzeit in Ungarn im November Foto: Bernadett Szabo/reuters

Ungarns Regierungschef Viktor Orbán kann einem fast schon leidtun. Nachdem sich der selbst ernannte Retter des christlichen Abendlands an Geflüchteten, dem US-Milliardär Georges Soros, Bürgerrechtsorganisationen und angeblich zu liberalen Universitäten vergriffen hat, knöpft er sich jetzt noch LGBTQ vor. Das Motto lautet: Diesen Menschen die Hölle auf Erden bereiten.

Nichts anderes bedeuten die Verfassungszusätze, die am Dienstag im Parlament abgenickt wurden. „Die Mutter ist eine Frau, der Vater ein Mann“, wird künftig im ungarischen Grundgesetz stehen. Weiter heißt es, dass Kinder gemäß der Werte, die auf Ungarns verfassungsmäßiger Identität und christlicher Kultur basieren, zu erziehen seien. Und: Auch die Bestimmung, dass das Geschlecht eines Menschen „anhand primärer Geschlechtsmerkmale und Chromosomen“ einmalig bei der Geburt festgestellt wird, die in diesem Jahr bereits in ein Gesetz gegossen wurde, bekommt Verfassungsrang.

Angesichts dieses Pakets, das als Synonym für geballte Menschenverachtung steht, geht unter LGBTQ die nackte Angst um – zu Recht. Denn jetzt wird ihr Status als Menschen zweiter Klasse endgültig festgeschrieben. Bis jetzt konnten einige die Hoffnung haben, gegen entsprechende Gesetze vorgehen zu können – eine Möglichkeit, die durch die Abschaffung der ungarischen Gleichstellungsbehörde EBH in diesem Jahr bereits erschwert wurde. Doch jetzt geht es um Verfassungsrecht und ergo ans Eingemachte.

Interessant ist, dass selbst Fidesz-Anhänger nicht viel mit Orbáns Feldzug anfangen können. Laut einer Umfrage des ungarischen Medieninstituts Median, die die Wochenzeitung HGV veröffentlichte, halten 73 Prozent die sexuelle Orientierung für eine reine Privatsache.

So bleibt wohl nur noch der Weg vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Im vergangenen Sommer sprach der einem nach Ungarn geflüchteten trans Mann das Recht zu, in seine Ausweisdokumente das Geschlecht „männlich“ eintragen zu lassen. Bis jetzt weigern sich Ungarns Behörden, das umzusetzen.

Das ficht Orbán nicht an. Schließlich hat er ja gerade erfolgreich geschafft, den viel gepriesenen Rechtsstaatsmechanismus der EU auszuhebeln. Da komme doch bitte keiner in Brüssel auf die Idee, europäische Werte predigen zu wollen.

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