piwik no script img

Lärm an BahngleisenZüge müssen leiser bremsen

Gütereisenbahnen müssen in Deutschland ab sofort mit Flüsterbremsen fahren. Auf Kontrollen verzichtet das Bundesverkehrsministerium.

Güterbahnhof Lehrte: Dank Flüsterbremsen wird es an Bahngleisen leiser Foto: dpa

Berlin taz | Güterzüge dürfen seit dem Fahrplanwechsel der Deutschen Bahn am Sonntag in der Bundesrepublik nur noch mit modernen und leisen Flüsterbremsen fahren. Nach Angaben des Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene und des Wagenhalterverbands VPI wird damit der Lärm im Vergleich zu alten Bremsen für das menschliche Ohr um die Hälfte gemindert.

„Für viele Anwohner von Schienenstrecken führt dies zu einer spürbaren Erleichterung, vor allem nachts beim Schlafen“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, eines Bündnisses aus Gewerkschaften, Naturschutzverbänden und Verkehrsclubs. Im Güterverkehr haben private Anbieter einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent, der Rest entfällt auf die Deutsche Bahn.

Für die Lärmminderung haben die Eigner die alten, lauten Graugussbremsen ausbauen und durch Flüsterbremsen ersetzen lassen. Bei den neuen Bremssohlen werden die Oberflächen der Waggonräder nicht mehr aufgeraut, deshalb sind sie leiser. Deutschland hat als erstes EU-Land den Einsatz der alten Bremsen untersagt. Ein EU-weites Betriebsverbot kommt erst im Jahr 2024.

Die Allianz pro Schiene sieht in der Neuerung einen „Meilenstein für den Lärmschutz im Verkehr“. Der Verband der privaten Güterwagenhalter VPI, dessen Mitglieder Waggons vermieten oder herstellen und auf Flüsterbremsen umgestellt haben, sieht den Erfolg allerdings in Gefahr.

Denn das Bundesverkehrsministerium hat im November angekündigt, im Jahr 2021 die Missachtung der neuen Vorschriften nicht zu sanktionieren. „Es ist mehr als ärgerlich, wenn Wagen aus dem Ausland nun entgegen den Vorgaben des Schienenlärmschutzgesetzes im kommenden Jahr noch sanktionsfrei mit lauten Graugusssohlen in Deutschland verkehren dürfen“, kritisierte Malte Lawrenz, Vorsitzender des VPI.

Nach Angaben des Verbands melden Mitglieder, dass erste Kunden prüfen, moderne leise Wagen abzumieten und stattdessen wieder mit alten lauten Wagen zu fahren. „Das führt zu unnötig mehr Lärm auf der Schiene und zu einem Wettbewerbsnachteil für die Halter, die ihre Flotten gesetzeskonform zum diesjährigen Fahrplanwechsel umgerüstet haben“, sagte Lawrenz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Man kann gegen alles irgendwelche Bestimmungen aufstellen wenn man sonst nichts zu tun hat.

  • Ist Ruhe wirklich immer noch wichtiger als Klimafreundlichkeit?

  • Das wäre ja zuviel verlangt vom Bundesverkehrsministerium. Herr Scheuer ist doch noch mit seinen anderen Baustellen und Fehlern beschäftigt.

  • Schön. Wann sind die Motorräder dran? Wann die Autos?

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      den allgegenwärtigen grundgeräuschpegel lernt genauer kennen, wer versucht mit einem fieldrecorder naturgeräusche aufzunehmen.



      selbst mitten im wald gibt es zusätzlich zum piepsen und plätschern aus der ferne einen easy rider oder chiptuner zu hören, selbst wenn das allgegenwärtige grundgeräusch durch reifen, flugzeuge, eisenbahn etc. gering ist.



      ein fortschritt, wenn dies als problem erkannt und behandelt wird.



      kopfsteinpflaster gefällt auch nur den denkmalpflegern, als anwohner sehnt man sich nach verkehrsberuhigung oder asphalt, egal, was zuerst eintritt :)