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Debatte um SchulöffnungenAlle müssen weiter zur Schule

Die Schulen dürfen weiterhin kein regelmäßiges Homeschooling organisieren, stellt die Bildungsverwaltung klar. Die Präsenz bleibt die Regel.

In Berlin gilt seit Mittwoch eine Maskenpflicht für alle SchülerInnen aber der 7. Klasse Foto: picture alliance/Matthias Balk/dpa

Berlin taz | Die Berliner Schulen dürfen weiterhin nicht nach eigenem Ermessen in den „Wechselunterricht“ aus digital gestütztem Homeschooling und Präsenzunterricht schalten: „Die Präsenz ist die Regel“, sagte ein Sprecher von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Mittwoch. Die taz und andere Medien hatten zuvor berichtet, die Schulen dürften „als Modellprojekt für einige Tage in den Wechselbetrieb“ gehen, wenn sie das angesichts der wachsenden Infektionszahlen auch in den Schulen für nötig erachten und sich technisch entsprechend gut ausgerüstet sehen. „Eine Testphase von ein, zwei oder drei Tagen die Woche untersagen wir keineswegs“, hatte Scheeres am Mittwoch auch nochmal der dpa gesagt.

Allerdings solle diese „Testphase“ keinesfalls über mehrere Woche gehen, betont Scheeres' Sprecher. Man denke da eher „an eine Woche Testbetrieb“, damit Schulen ihre im Frühjahr teilweise erfolgreich erprobten digitalen Unterrichtsmodelle weiter entwickeln könnten.

Im Klartext heißt das: Man will den Schulen kein Schlupfloch bieten, eigenständig in den Wechselbetrieb mit halbierten Klassen und Abstandsregeln zu schalten. Das dürfen sie nachwievor erst, wenn die Corona-Ampel für die jeweilige Schule „rot“ zeigt, wenn also Gesundheitsamt und Schulaufsicht gemeinsam beschlossen haben, dass Präsenzunterricht mit voll besetzten Klassen angesichts der Infektionslagen sowohl im Bezirk als auch in der Schule nicht mehr zu verantworten wäre.

Sowohl die Lehrer-Gewerkschaft GEW als auch die Schulleitungen lässt diese „Ermunterung“ von Scheeres an die Schulen, hybride Unterrichtsmodelle weiter „auszuprobieren“ am Mittwoch einigermaßen ratlos zurück. „So eine Äußerung ist bei den Schulen bisher nicht angekommen“, sagt Ralf Treptow, Vorsitzender des Verbands der Berliner Oberstudiendirektoren und Schulleiter am Rosa-Luxemburg-Gymnasium in Pankow. Wenn es sich wirklich nur um eine Art Projektwoche für digitales Lernen handele, dann sei das „nichts Neues, das durften die Schulen schon immer.“

Schulen wollen Eigenverantwortlichkeit

„Besser wäre es, jetzt eine klare Entscheidung zu treffen und den Schulen zu erlauben, selbständig in den Wechselbetrieb zu gehen“, heißt es vom Berliner GEW-Landesvorsitzenden Tom Erdmann. Dafür plädiert auch Schulleiter Treptow, die Schulen müssten in der Krise endlich „eigenverantwortlich handeln dürfen“.

Bisher sind laut den letzten Zahlen der Bildungsverwaltung vom Freitag nur zwei Berufsschulen offiziell im Wechselbetrieb. Seit Mittwoch greift für alle SchülerInnen ab der 7. Klasse eine Maskenpflicht, auch im Unterricht.

Kommenden Montag wollen die MinisterpräsidentInnen erneut mit der Kanzlerin über das weitere Vorgehen beraten. Erwartet wird, dass für die Schulen die Auflagen verschärft werden. Die Länder, darunter Berlin, plädieren bisher für Präsenzunterricht unter strengeren Hygieneauflagen, weil man fürchtet, dass Kinder mit weniger Unterstützung und Ressourcen benachteiligt sind. Gewerkschaften und Lehrerverbände wollen zu Homeschooling plus Präsenzunterricht wechseln.

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3 Kommentare

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  • Berlin ist das Bundesland mit den höchsten Infektionszahlen und das einzige Land, in dem die Zahlen auch weiterhin stark steigen.

    Wenn Regierender, Bildungs- und Wirtschaftssenatorin sich dennoch weigern, nunmehr zwingend nötige Maßnahmen zu treffen, haben wir alle die Konsequenzen zu tragen :(

  • Das Virus soll also Anstand zeigen und um Schulklassen und Schulbusse einen Bogen machen. Weil das für die Wirtschaft so wichtig ist, dass die Eltern ungehindert arbeiten können. Und für die Bildung natürlich, wenn man gute Argumente findet, warum diese nicht auch digital vermittelbar ist.







    Blöd ist nur, dass das Virus nicht mitmacht.



    Die weiter steigenden Infektionsraten zeigen das deutlich genug. Ganz unideologisch.

  • Leider können Lehrkräfte die eher schwere Verläufe haben können als Kinder und Jugendliche auch im Wechselmodell nicht besser geschützt werden. Wenn eine Lehrkraft im Wechsel Gruppe A und Gruppe B unterrichtet hat sie zu genausovielen Personen Kontakt von denen die eine oder andere unerkannt infiziert sein kann. Das Wechselmodell reduziert aber die Kontakte der Schüler:innem und schützt somit auch deren Familien. Sollte in Hotspots gemacht werden! Täglicher Wechsel ist dabei für Kinder aus gestressten Familien am besten um jeden Tag wenigstens Stundenweise einen geschützten Lern und Sozialraum zu haben.