Bildung in der Coronakrise: Schule schon wieder rum
Im Berchtesgadener Land sind Schulschließungen bereits Realität. Die Kultusministerien wollen das großflächig jedoch verhindern. Klappt das?
Die Antwort der zuständigen Kultusministerien in den Ländern ist klar: Schulschließungen sollen umgangen werden und zwar so lange wie möglich. Das betont die Kultusministerkonferenz (KMK) vehement. Es wird darauf hingewiesen, dass Schulen vergleichsweise selten zu den Infektionsherden gehörten. Deshalb erarbeitete die KMK einen länderǘbergreifenden Beschluss, welche Präventionsmaßnahmen wann sinnvoll sind. Welche Maßnahmen konkret ergriffen werden, entscheiden dann vor allem die lokalen Gesundheitsämter mit Blick auf das Infektionsgeschehen.
So richtig sicher, dass es gelingen wird, die Schulen flächendeckend offenzuhalten, scheinen die Kultusministerien auf Nachfrage nicht: „Wir tun alles, um die Schließungen zu vermeiden – aber zum jetzigen Zeitpunkt kann das nicht ganz ausgeschlossen werden“, sagt etwa Martin Klesmann, Pressesprecher der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.
Stattdessen soll versucht werden, den Stufenplan – Maßnahmen, die sich an den veränderten Infektionswerten orientieren – solange wie möglich einzuhalten. Statt sofort Schulen zu schließen sollen zuerst weniger drastische Schritte eingeleitet werden und die Regeln bei Bedarf Schritt für Schritt verschärft werden.
Von der ersten Welle gelernt?
Die aktuellen Zahlen seien ein Warnschuss, sagt Birgit Hilmer. Sie ist Teil von „Familien in der Krise“, einem bundesweiten Zusammenschluss von Eltern. „Seit Monaten ist klar, dass Herbst und Winter in Coronazeiten für Kinder und Jugendliche schwierig werden. Die Kultusministerkonferenz hat sich zu wenig damit auseinandergesetzt, sinnvolle Maßnahmen für Schulen zu entwickeln“, sagt sie. Probleme sieht Hilmer etwa beim digitalen Lernen: „Die Schüler:innen müssen in den Schulen den Umgang mit Tablets lernen, sonst ist der Betreuungsaufwand zu Hause zu hoch“.
Klesmann von der Berliner Senatsverwaltung weist solche Kritik zurück. Er betont, dass die Schulen deutlich besser vorbereitet seien, Unterricht zu Hause zu gestalten. „Wir haben viel aus den ersten Schulschließungen gelernt“, sagt er. In Berlin seien 9500 Tablets für Schüler:innen aus bedürftigen Familien gekauft worden, damit der Unterricht im Falle einer Schulschließung weiterlaufen könne. Zudem seien zusätzliche IT-Kräfte angestellt worden, die sich um die reibungslose Betreuung der digitalen Schule kümmern sollen. „Insgesamt sehen wir die Krise als Chance, denn alle haben ihr möglichstes gegeben, um daraus zu lernen“, ist sich Klesmann sicher.
Neben den Maßnahmen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während der gesamten Unterrichtszeit oder dem permanenten Lüften hebt Günther Schuster, Pressesprecher des bayerischen Kultusministeriums, besonders die Stärken des Wechselunterrichts mit halbierten Klassenstärken hervor. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme, mit der Gesundheitsämter und Schulen auf steigende Infektionszahlen reagieren können, ohne gleich alle Schüler:innen nach Hause schicken zu müssen. Stattdessen ist meist im wöchentlichen Wechsel die Hälfte einer Klasse in der Schule präsent, während die anderen Schüler:innen parallel digital zu Hause unterrichtet werden.
Das Konzept des Wechselunterrichts in seiner derzeitigen Form findet Hilmer von „Familien in der Krise“ dagegen verbesserungswürdig: „Eltern werden alle zwei Wochen vor ein Betreuungsproblem gestellt, wenn die Kinder dann zu Hause unterrichtet werden.“ Eine Alternative dazu? „Man könnte zum Beispiel die eine Hälfte der Klasse vormittags und die andere nachmittags beschulen.“ Hilmer räumt aber ein: „Dann müssten allerdings die Lehrkräfte noch deutlicher entlastet werden.“ Sie kritisiert, dass über Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft politisch mehr verhandelt werde, als über Möglichkeiten, wie Schüler:innen für den Unterricht angemessen ausgestattet werden können.
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