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Wer shart, soll zahlen

Ein Gesetzentwurf der Verkehrsverwaltung sieht vor, die Anbieter von Sharing-Diensten zur Kasse zu bitten – um das Überangebot an Autos, Rädern und Rollern zu reduzieren

Sollen nicht mehr dumm rumstehen Foto: Karl-Heinz Spremberg/Chromorange/imago

Von Claudius Prößer

Sind sie ein Beitrag zur dringend benötigten Verkehrswende oder behindern sie diese gar? Die Rolle von Sharing-Fahrzeugen – Autos, Fahrräder, große E-Roller oder kleine E-Scooter – ist umstritten. Jetzt hat sich die Senatsverkehrsverwaltung positioniert: Durch eine Änderung des Straßengesetzes will Senatorin Regine Günther (Grüne) die Angebote deutlich stärker regulieren. Ob sich dadurch erreichen lässt, dass diese sich stärker auf Außenbezirke ausgedehnen, bleibt dabei offen.

Das „Gesetz zur Anpassung straßenrechtlicher Bestimmungen insbesondere in Hinblick auf das gewerbliche Anbieten von Mietfahrzeugen“, so der sperrige Titel des Referentenentwurfs, der der taz vorliegt, sieht vor, die Anbieter von Sharingdiensten für die Nutzung öffentlichen Raums zur Kasse zu bitten. Das ist bislang nicht der Fall: Pkws wie die des Großanbieters ShareNow können wie jedes andere Auto am Straßenrand abgestellt werden. Wo eine Gebühr fällig wird, übernehmen die Anbieter diese.

Das führt laut Verkehrsverwaltung dazu, dass mittlerweile rund 6.000 Sharing-Autos (Stand Anfang 2020) Parkraum belegen – im Bezirk Mitte sogar 15 Prozent der bewirtschafteten Flächen. Auf der anderen Seite hat sich kein nachweisbarer Effekt einer Reduzierung privater Pkws eingestellt: Es steht und fährt einfach noch mehr Blech herum.

Mit dem neuen Gesetz könnten einem einzelnen oder mehreren Anbietern im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens Flächen für „Abhol- und Rückgabestationen“ zugewiesen werden. Nach derzeitigem Stand wäre eine solche kostenpflichtige Genehmigung der „Sondernutzung von Straßenland“ auf maximal acht Jahre begrenzt. Für Fahrräder (zurzeit 16.000 Stück), „Elektrokleinstfahrzeuge“ oder „E-Scooter“ (14.000) und elektrische „Mopeds“ (800) könnten andere Zeiträume gelten. In der Vorlage heißt es zur Begründung, die „gewerblichen Angebote von Mietfahrzeugflotten“ hätten so stark zugenommen, „dass dies zu Nutzungskonflikten im öffentlichen Straßenraum, der Einschränkung des Gemeingebrauchs, [...] Mehrverkehren und unerwünschten Verkehrsverlagerungen“ führe. Bei E-Scootern und Fahrrädern hagelt es seit Jahren Kritik, dass diese FußgängerInnen behindern und für Chaos auf Gehwegen sorgen. Von der Möglichkeit, feste Abholplätze einzurichten, hat bisher kaum ein Bezirksamt Gebrauch gemacht.

„Konflikte vermeiden und die Schwächsten schützen“

Regine Günther, Grüne

Die Unternehmen reagieren gereizt: „Berlin ist auf dem Weg, Innovationen zu verhindern und Anbieter zu verprellen“, zitiert der Tagesspiegel den Geschäftsführer von Lime, Jashar Seyfi. Dagegen sagte Senatorin Günther der taz, eine rechtssichere Genehmigungspflicht könne „Konflikte vermeiden und die schwächsten Verkehrsteilnehmenden besser schützen“. Der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion, Kristian Ronneburg, begrüßte den Entwurf und stellte eine weiterführende Forderung auf: „Wir wollen künftige Verfahren so gestalten, dass Fahrzeugflotten gleichmäßig über die ganze Stadt verteilt und Sharing-Angebote über den S-Bahn-Innenring hinaus gebracht werden.“ Tatsächlich ist es nach Ansicht von ExpertInnen kaum möglich, die Unternehmen zu dezentralen Angeboten zu verpflichten.

Der stellvertretende Landesvorsitzende des VCD (Verkehrsclub Deutschland), Heiner von Marschall, findet: Sharing-Angebote sind in Ordnung, wenn sie zum Rückgang von Kfz in einer Stadt führen. „Das tun sie aber nicht von allein.“ Die Vorlage gehe deswegen auch „in die richtige Richtung“, findet von Marschall, der für seinen Verband bereits an der Erarbeitung von Eckpunkten der Regulierung „neuer Mobilitätsformen“ beteiligt war.

Eine messbare Abnahme der Gesamtzahl an Fahrzeugen sei nicht eingetreten. Dass diese „Koppelungslogik“ verfehlt werde und keine zentrumsfernen Angebote entstünden, sei „im Grunde Marktversagen“. Der Weg über die Sondernutzung von Straßenland sei allerdings nur eine „Krücke“, so von Marschall: Man warte auf die geplante Novelle des Personenbeförderungsgesetzes auf Bundesebene. Dieser erleichtere es Kommunen deutlich, neue Mobilitätsleistungen je nach Bedarf zu konzessionieren.

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