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das portraitIm Hungerstreik: die inhaftierte saudische Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul

Foto: reuters

Sie ist derzeit wohl so etwas wie der größte Dorn im Auge Saudi-Arabiens – jedenfalls was das internationale Ansehen des Königreichs betrifft. Und anders als der ermordete saudische Dissident Jamal Khashoggi lebt die Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul seit über zwei Jahren im Gefängnis. Nun hat sie sich von dort zu Wort gemeldet und angekündigt, in einen Hungerstreik zu treten. Denn weil sie sich in Isolationshaft befindet, möchte sie eine bessere Kommunikation mit ihrer Familie und bessere Haftbedingungen erreichen.


Al-Hathloul ist die Frau, die der als Reformer auftretende saudische Kronprinz Mohammed bin Salman am liebsten schnell vergessen machen würde. Ließ er sich international doch dafür feiern, dass er den saudischen Frauen im Juni 2018 das Recht, selbst hinterm Lenkrad zu sitzen, gewährt hatte. Ausgiebig zelebrieren die Herrschenden Saudi-Arabiens neue Rechte für das Volk. Werden sie dagegen „von unten“ erkämpft, werden sie brutal unterdrückt.

So hatte bin Salman kurz vor der Einführung des Frauenfahrrechts eine Reihe von Frauenrechtlerinnen verhaften lassen, die seit Jahren darum kämpften, selbst Auto zu fahren, darunter auch al-Hathloul.
Sie war eine der Lautesten, setzte sich auch dafür ein, dass Frauen auf saudischen
Ämtern nicht mehr von ihren Vätern, Brüdern und Ehemännern vertreten werden müssen, sondern ihre eignen Unterschriften leisten können. Sie traute sich auch, auf internationalen Konferenzen zu sprechen. Kurz vor ihrer Verhaftung sprach sie bei den Vereinten Nationen in Genf und prangerte das Versagen ihres Staates an, internationale Abkommen für Frauenrechte nicht zu respektieren.



Es ist nicht nur ihre Haft, es sind auch ihre Haftbedingungen, die die Öffentlichkeit immer wieder aufhorchen lassen. Laut ihrer Schwester Lina, die in Brüssel lebt, wurde Loujain al-Hathloul in Haft gefoltert. Lina berichtete von Schlägen, Elektroschocks und Waterbording, die als Techniken gegen ihre Schwester angewendet worden sein sollen. Für welche Tat sie im Gefängnis sitzt, bleibt indes unklar. Am 1. März 2019 hatte Saudi-Arabiens oberster Staatsanwalt verkündet, dass ihr wie auch anderen Aktivisten und Aktivistinnen vorgeworfen werde, die saudische Staatssicherheit zu gefährden. Der Prozess, der zwei Wochen später begann, wurde seitdem immer wieder verschoben, zuletzt wegen der Coronapandemie.



Vor allem ihre Schwester Lina setzt nun mit ihrer Kritik an der Haft al-Hathlouls dort an, wo es den saudischen Herrschern besonders wehtut. Ende November wird Saudi-Arabien der Gastgeber des G20-Gipfels sein. Im Vorfeld fand letzte Woche in Riad der W20-Frauengipfel statt. „Einige der mächtigsten Frauen der Welt kommen zu diesem virtuellen Gipfel zusammen, aber wer ist nicht dabei? Meine Schwester Loujain al-Hathloul“, schrieb Lina in der Washington Post vergangene Woche. „Wenn sie und andere Aktivisten und Aktivistinnen nicht freigelassen werden, ist diese Konferenz nicht viel mehr als ein weiteres Symbol saudischer und internationaler Heuchelei in Sachen Frauen und Gleichheit“. Karim El-Gawhary, Kairo

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