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RKI und Spahn zeigen sich besorgtÜber 4.000 neue Corona-Infektionen

Deutschland nähert sich rasant Fallzahlen, wie es sie zuletzt im April gegeben hat. RKI und Jens Spahn warnen deshalb vor einer unkontrollierten Verbreitung des Virus.

Ab ins Labor damit: Auch der Anteil der positiven Tests steigt in Deutschland Foto: dpa

Berlin dpa/rtr/afp | In Deutschland ist die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus auf über 4.000 geschnellt. Binnen 24 Stunden seien 4.058 Ansteckungsfälle von den Gesundheitsämtern gemeldet worden, teilte das Robert-Koch-Institut (RKI) am Donnerstag auf seiner Website mit. Das sind über 1.200 mehr als am Mittwoch, als mit 2.828 Neuinfektionen ein neuer Höchstwert seit April gemeldet worden war. Ein höherer als der nun gemeldete Wert war zuletzt in der ersten Aprilwoche erreicht worden.

Die Rate der positiven Tests stieg stark an und lag in der 40. Kalenderwoche (28.9.–2.10.) bei 1,64 Prozent. In der Woche zuvor waren es 1,22 und davor 1,16 Prozent gewesen.

Angesichts der hohen Neuinfektionsrate hat das Robert-Koch-Institut (RKI) vor einer unkontrollierten Verbreitung des Coronavirus in Deutschland gewarnt. Es sei „möglich, dass wir mehr als 10.000 neue Fälle pro Tag sehen und dass sich das Virus unkontrolliert verbreitet“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Donnerstag in Berlin.

„Die aktuelle Situation beunruhigt mich sehr“, sagte Wieler. Derzeit sei unklar, „wie sich die Lage in Deutschland in den nächsten Wochen entwickeln wird“. Er hoffe aber, „dass wir es schaffen, die Infektionen auf einem Level zu halten, mit dem wir umgehen können“.

Angesichts der steigenden Coronazahlen rief Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eindringlich zur Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln auf. „Diese Pandemie ist auch ein Charaktertest für uns als Gesellschaft“, sagte Spahn auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Wieler in Berlin. „Wenn 80 Millionen mitmachen, sinken die Chancen des Virus gewaltig.“

Den Anstieg der Neuinfektionen bezeichnete Spahn als „besorgniserregend“. Er wies aber zugleich darauf hin, dass die Zahl der Todesfälle und der intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Patienten „bis hierhin noch vergleichsweise niedrig“ seien. „Das Gesundheitssystem kann gut damit umgehen.“

Deutschland sei „bislang gut durch die Krise gekommen“, sagte Spahn. „Wir können durchaus zuversichtlich sein.“ Es gebe „kaum ein Land in Europa, das die Krise bis hierhin so gut hat bewältigen können“. Es liege nun „an uns allen selbst, ob wir es schaffen, das Erreichte zu sichern“, sagte der Minister. Das „Wirksamste“ sei dabei immer noch die Beachtung der Hygiene- und Abstandsregeln. „Die Frage, ob das Feiern und Reisen jetzt unbedingt sein muss, kann jeder für sich selbst beantworten“, sagte Spahn.

Als Reaktion auf die steigenden Fallzahlen hatten die Bundesländer am Mittwoch mehrheitlich beschlossen, dass innerdeutsche Urlauber aus Risikogebieten nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Coronatest vorweisen können. Greifen soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen.

Fünf Länder gaben zu dem Beschluss aber abweichende Erklärungen ab. Thüringen machte deutlich, dass es ein Beherbergungsverbot nicht mittragen wolle, Berlin will zumindest nicht sofort einsteigen. Niedersachsen und Bremen wollen prüfen. Mecklenburg-Vorpommern will bei noch strengeren Quarantäneregeln bleiben.

Bürger aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen müssen sich im Herbst also bei Urlaubsreisen innerhalb Deutschlands auf erhebliche Schwierigkeiten gefasst machen. Doch auch Reisen ins Ausland sind alles andere als einfach. Nach einer Aktualisierung der Liste mit Coronarisikogebieten bleiben unter dem Strich nur noch wenige Länder übrig, für die weder vor Reisen gewarnt noch von ihnen abgeraten wird. Dazu zählen die beliebten Urlaubsländer Italien, Griechenland, Zypern und Malta.

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7 Kommentare

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  • Das Virus ist schon längst flächendeckend in D. verbreitet. Die viel umfangreicheren Tests als z.B. noch vor einem Monat, bestätigen dies nur. Das Virus ist dadurch nicht gefährlicher geworden und rechtferigt schon gar nicht die unmenschlichen und oft völlig sinnlosen Repressalien machtgeiler Profilneurotiker.

  • Es gebe „kaum ein Land in Europa, das die Krise bis hierhin so gut hat bewältigen können“

    Man braucht gar nicht groß zu suchen, wo das Problem liegt: nicht allein, aber zu einem gehörigen Teil liegt es bei einem gelernten Bankkaufmann, dessen Europakarte an der Schlei, am Bug und im Erzgebirge abrupt endet.

  • Da jeden Tag soviele Menschen daran sterben müssen wir uns schützen.

  • Jetzt wo das Virus bereits flächendeckend in D vorhanden ist, werden Reisebeschränkungen nicht mehr viel ändern können. Die Zeit dafür wäre der Sommer gewesen.



    Jetzt kann es nur noch darum gehen den Anstieg zu bremsen, sprich weniger Kontakte, keine größeren Versammlungen etc.



    Weg kriegen wir es dadurch allerdings auch nicht mehr, dafür ist es leider zu spät, nur noch eingedämmt.

    Und die Prognose, das selbst mit einer Impfung eine Immunität in der Bevölkerung erst in anderthalb bis zwei Jahren erreicht sein wird, lässt mich etwas ratlos zurück.

    Im Frühjahr haben wir es versäumt den Brand gänzlich auszutreten (ob das überhaupt möglich gewesen wäre, ist eine andere Sache) im Sommer wurde versäumt die unterschwellige Verbreitung im ganzen Land zu verhindern (auch hier weiß ich nicht, ob das umsetzbar gewesen wäre) und nun bestätigen sich die Prognosen, die direkt nach der ersten Welle gestellt wurden, die genau vor diesem Ablauf und vor einer 2ten Welle im Herbst gewarnt haben.

    Mir stellt sich die Frage, was jetzt noch ein gangbarer Weg wäre.



    Was wäre ein erreichbares Ziel? Ausrottung durch Kontaktbeschränkung, zu spät. Warten auf eine, noch immer hypothetische Impfung, unbestimmte Dauer und nicht sicher planbar.

    Mir widerstrebt es zu sagen, das die Prognosen, der Skeptiker aus dem Frühjahr ( wir müssen da durch. es lässt sich nicht verhindern etc.) leider genau durch ein zu spätes und lavierendes Eingreifen möglicherweise das einzig sicher planbare Szenario darstellen, das ein Ende der Pandemie verspricht.

    Ich hoffe und wünsche mir andere Wege. Lapidar, ich will nicht nach Schweden.

    Ideen?

    • @nutzer:

      "das ein Ende der Pandemie"



      Es wird kein Ende geben, so lange der Virus überlebt.

      Laufen lassen würde die Friedhöfe füllen und die Wirtschaft total zusammenbrechen (wer anderes glaubt ist ein Schwachkopf).

  • Erkenntnis? hätte man vor 3 Wochen auf den gesunden Menschenverstand (und Karl Lauterbach) gehört und einen härteren Kurs gefahren wäre man jetzt auf der exponentiellen Kurve nicht in einem Bereich erhöhter Steigung...

    • @danny schneider:

      Vor 6 Wochen erklärte dass Bundesverfassungsgericht das Menschenrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit für nachrangig dem Bürgerrecht, sich zur Verbeitung von Lügen und Viren öffentlich zu zehntausenden zu versammeln.

      Bürgerrecht bricht Menschenrecht, und exakt eine Inkubationszeit + Test- und Meldeverzögerung später begann vor allem im Ruhrgebiet, in Sachsen, Berlin und Bayern der Anstieg der Neudiagnosen, der uns jetzt um die Ohren fliegt.