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das portraitEmily Gorcenskideckt auf, was weiße Rassisten in den USA treiben

Foto: Marzena Skubatz/laif

Der 12. August 2017 änderte alles für Emily Gorcenski. Die 38-jährige Datenwissenschaftlerin lebte in der US-amerikanischen Universitätsstadt Charlottesville und beteiligte sich damals an den Protesten gegen Rechtsextreme, die unter dem Motto „Unite the Right“ in ihrer Heimatstadt aufmarschierten und am Abend mit Fackeln über den Universitätscampus zogen. Auch einige der rechten und antifeministischen „Proud Boys“ waren an dem rechten Protest beteiligt, an dessen Ende am folgenden Tag ein Neonazi mit einem Auto in eine Gegendemonstration fuhr und dabei die 32-jährige Heather Heyer tötete.

Über Donald Trump, der damals davon sprach, es habe auf beiden Seiten „sehr gute Leute“ gegeben, und der sich kürzlich bei einer Wahlkampfdebatte weigerte, die „Proud Boys“ öffentlich zu verurteilen, sagte Gorcenski kürzlich im Interview mit The Guardian: „Dies ist die ausdrückliche Zustimmung zum gewalttätigen weißen Nationalismus aus den höchsten Bereichen der Regierung.“

Als Aktivistin, die den rassistischen Aufmarsch von Charlottesville direkt miterlebt hatte, entschloss sich Gorcenski dazu, die Online-Datenbank „First Vigil“ einzurichten, die Prozesse gegen Neonazis in den USA dokumentiert. Als Grundlage dafür nutzt Gorcenski Gerichtsdokumente und öffentliche Protokolle. Seitdem wird sie online angefeindet. Gorcenski, eine trans Frau, entschloss sich, die USA zu verlassen, und lebt und arbeitet nun in Berlin.

Sie studierte ursprünglich Luftfahrttechnik und Mathematik am Rensselaer Polytechnic Institute im Bundesstaat New York. Ihren Schwerpunkt legte sie dabei auf die Mathematik. Nach dem Studium forschte sie zu Luft- und Raumfahrtkontrollsystemen, arbeitete an der Entwicklung von Videospielen und Ergotherapien für die Rehabilitation, erst spät kam sie zur Datenwissenschaft.

Aufgrund ihrer aktivistischen Arbeit wurde sie 2018 vom Bitch Magazin als eine der 50 einflussreichsten Frauen aufgeführt. Ihr Engagement begründete sie im Gespräch mit Vice damit, „weiße Rassisten auf ihrem Weg durch das Gerichtssystem zu verfolgen, da aus diesen Verfahren viele wirklich nützliche Informationen hervorgehen, die Sie nicht unbedingt anders finden“, sagte sie. Ihre Forschungen zum Extremismus flossen in den Dokumentarfilm „Documenting Hate“ ein, der 2019 einen Emmy gewann.

Auf ihrer Webseite schreibt sie, dass ihre Erfahrungen mit dem rechtsextremistischen Aufmarsch in Charlottesville sie motiviert hätten, rechte Gewalt in den USA genauer zu analysieren. Sie berät dabei zwei Forschungsprojekte an Universitäten in Miami und Suffolk. Sie schreibt: „Es gibt ein Problem. Es ist kein Verbrechen, darauf hinzuweisen, dass Neonazis, weiße Rassisten und andere Rechtsextremisten die überwiegende Mehrheit der extremistischen Verbrechen in den Vereinigten Staaten begehen.“ Jordi Ziour

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